1. Personenrecht
Vor einigen Jahren hatten verschiedene Medien während mehrerer Wochen im Zusammenhang mit einem Vorfall in einer Bar und der anschliessenden Verhaftung über einen Zürcher Gastrounternehmer berichtet. Der Betroffene klagte wegen Persönlichkeitsverletzung und verlangte unter anderem auch die Gewinnherausgabe von den Medienunternehmen. Die kantonalen Instanzen hatten die widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung verneint, wogegen der Betroffene über mehrere Stufen mit Erfolg ans Bundesgericht gelangte. Das Bundesgericht hielt im ausführlichen, aber derart anonymisierten Entscheid, dass der Sachverhalt nur noch vermutet werden kann, fest, dass die Beteiligung an einer eigentlichen Medienkampagne als übermässige Einmischung in die Individualität des Betroffenen eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung darstellen kann.1
Auch die wahre Berichterstattung ist der Verhältnismässigkeit verpflichtet.2 Mit der eigentlichen Medienkampagne verletzten die Zeitungen das private Herrschaftsrecht des Betroffenen, selbst darüber zu bestimmen, von welchen Informationen über sich und sein Leben die Öffentlichkeit erfahren soll.3 Das ist eine Persönlichkeitsverletzung, auch wenn die Information grundsätzlich richtig war. Das Bundesgericht prüfte sodann, ob überwiegende private oder öffentliche Interessen vorliegen. Dabei schloss es die privaten wirtschaftlichen Interessen der Medien als Rechtfertigungsgrund nicht aus, betrachtete sie aber als nicht genügend gewichtig.4 Es verneinte auch ein überwiegendes öffentliches Interesse. Nicht alles, was die Öffentlichkeit interessiert, ist von öffentlichem Interesse. Zwar kann die kollektive Klatschsucht im Sinne eines Bedürfnisses nach Unterhaltung im öffentlichen Interesse sein. Als Rechtfertigungsgrund für eine Persönlichkeitsverletzung kann dies aber nur in beschränktem Umfang dienen und reichte mit Blick auf das Ausmass der Medienkampagne im konkreten Fall nicht aus.5
Bezüglich des Anspruchs auf Gewinnherausgabe nach Art. 423 Abs. 1 OR ist eine genaue Berechnung aufgrund der Natur der Sache nicht möglich und das Gericht muss deshalb den Anspruch nach Art. 42 Abs. 2 OR schätzen. Die Beweiserleichterung bezieht sich sowohl auf das Vorhandensein als auch auf die Höhe des Gewinns.6 Eine genaue Substanziierung darf entsprechend nicht verlangt werden.7 Die Schätzung gehört zum Tatbestandsermessen und damit zur Sachverhaltsfeststellung.8
Liegt die Persönlichkeitsverletzung in einer eigentlichen Pressekampagne, ist es nicht erforderlich nachzuweisen, welche Folgeartikel nun kausal für die Verletzung waren. Entscheidend ist, inwieweit die verletzende Berichterstattung zur Absatzförderung bzw. zum Generieren und Halten der Auflage geeignet war.9 Das Bundesgericht anerkennt einen selbständigen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen, welche die Abschätzung des Gewinnanspruches möglich machen. Ob sich dieser aus der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach Art. 400 OR ableiten lasse oder in der Natur der Sache bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag liege, lässt das Bundesgericht offen. Entscheidend ist, dass der Anspruch dem Geschäftsherrn Informationen über erfolgte Eingriffe und deren Folgen verschaffen soll, von denen er noch keine Kenntnisse hat.10 Entsprechend wies das Bundesgericht die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.
Teil des Persönlichkeitsrechts ist auch der Name und damit die Namensänderung. Geändert werden kann nur, was überhaupt Gegenstand des Zivilstandsregisters ist. Das Gesetz konkretisiert allerdings nicht, was unter «Namen» zu verstehen ist.11 Der Bundesrat kann auf Verordnungsstufe den Begriff konkretisieren.12 Das hat er in der Zivilstandsverordnung getan und hält dort fest, dass als Namen der Familienname, der Ledigname, die Vornamen und andere amtliche Namen gelten.13
Eine Frau wollte, dass die Reihenfolge ihrer Vornamen im Register geändert werde. Wohl sei sie auf die Namen «B. A.» getauft worden, dabei hätten ihre Eltern aber den Namen «A.» als Rufnamen unterstrichen, was nachher offenbar verloren gegangen sei. Die kantonalen Instanzen sahen darin ein Begehren um Berichtigung des Zivilstandsregisters und wiesen dieses ab, weil kein offensichtliches Versehen oder ein Irrtum vorliege. Das Bundesgericht hat entschieden, dass es sich beim «Rufnamen» nicht um einen amtlichen Namen handle, der als solcher in das Register eingetragen werde. Hat jemand mehrere Vornamen, kann er folglich frei bestimmen, was sein Rufname sein soll. Dabei kommt es nicht auf die Reihenfolge an, in der die Namen im Register eingetragen sind. Entsprechend ist es nicht möglich, die Änderung der Reihenfolge im Register zu verlangen.14
2. Familienrecht
2.1 Allgemeine Wirkungen der Ehe
Gemäss Art. 170 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen. Gilt diese Norm auch in einem Verfahren auf Abänderung einer nachehelichen Unterhaltsrente? Wirkt diese Bestimmung auch über die Auflösung der Ehe hinaus? Vor einiger Zeit hatte das Bundesgericht festgehalten, dass sich die Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes nicht auf diese Bestimmung stützen kann, wenn sie Auskunft über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verstorbenen haben will.15 Eine gewisse Nachwirkung ist hingegen anzunehmen, wenn es darum geht, dass die Auflösung bereits durch Tod oder Scheidung eingetreten ist, deren wirtschaftliche Folgen aber noch nicht geklärt sind.16 In einem obiter dictum ging das Bundesgericht in einem früheren Entscheid allerdings weiter und erwog die Anwendbarkeit von Art. 170 ZGB auch in einem Abänderungsprozess.17
Das Bundesgericht hielt nun fest, dass eine solche Nachwirkung nicht angenommen werden kann. Art. 170 ZGB ist auf Ehegatten und nicht auf geschiedene Personen anwendbar. Die Auskunftspflicht besteht grundsätzlich nur während der Ehe und darüber hinaus, soweit es darum geht, die Folgen der Auflösung korrekt abzuwickeln. Das führt zu einer Nachwirkung bei der Unterhaltsregelung, wenn durch Teilrechtskraft eines erstinstanzlichen Urteils der Scheidungspunkt bereits in Rechtskraft erwachsen ist und sich das Verfahren vor einer höheren Instanz nur noch um die wirtschaftlichen Folgen dreht oder gar das Güterrecht oder der Vorsorgeausgleich in ein separates Verfahren verwiesen worden sind. Das Abänderungsverfahren ist demgegenüber ein selbständiges Verfahren, bei dem es nicht um die Abwicklung der ehelichen Vermögensverhältnisse geht.18
2.2 Vorsorgeausgleich
Mit der 2017 in Kraft getretenen Revision hat der Gesetzgeber den Vorsorgeausgleich neu gestaltet. Nicht grundsätzlich verändert hat sich die Teilung der Austrittsleistungen, wenn bei beiden Ehegatten noch kein Vorsorgefall eingetreten ist. Allerdings wird nicht mehr die ganze während der Ehe erworbene Austrittsleistung geteilt. Es ist nur noch die bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbene Austrittsleistung zu teilen.19 Das hälftig zu teilende Guthaben berechnet sich, indem von der im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens bestehenden die auf diesen Zeitpunkt aufgezinste Austrittsleistung im Zeitpunkt der Heirat abgezogen wird.20 Keinerlei materielle Änderung hat dabei die Bestimmung zur Berechnung der Austrittsleistung im Zeitpunkt der Heirat für Ehegatten erfahren, die vor 1995 geheiratet haben.21 Damit ist die Rechtsprechung zur alten Bestimmung weiterhin massgeblich.
Ehegatten hatten 1993 und damit vor Inkrafttreten des FZG geheiratet. 2004 hatte der Ehemann eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen und sich sein Vorsorgeguthaben vollständig auszahlen lassen. 2007 hat er diese Tätigkeit wieder aufgegeben und eine Anstellung angenommen. 2013 wurde die Ehe geschieden. Der Ehemann verfügte im Zeitpunkt der Scheidung bei der Pensionskasse seines Arbeitgebers über eine Austrittsleistung von rund 84 000 Franken. Die Ehefrau machte geltend, dieses Altersguthaben sei – was grundsätzlich unbestritten war – durch Beiträge seit der Wiederaufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, d.h. während der Ehe aufgebaut worden und folglich vollständig zu teilen. Die kantonalen Instanzen und ihnen folgend das Bundesgericht haben demgegenüber entschieden, dass zuerst aufgrund der Tabelle nach alt Art. 22a FZG berechnet werden müsse, wie gross die Austrittsleistung im Zeitpunkt der Heirat war, und diese dann aufgezinst von der Austrittsleistung im Zeitpunkt der Scheidung abgezogen werden müsse. Damit waren nur noch rund 56 000 Franken zu teilen.22
Dem in Dreierzirkulation ergangenen Bundesgerichtsentscheid kann nicht gefolgt werden. Er verkennt wesentliche Grundsätze des Vorsorgeausgleichs und der Personalvorsorge. Letztere ist eine nur unter bestimmten Voraussetzungen und damit auch nicht für das ganze Berufsleben in gleicher Weise einheitliche Sozialversicherung und im scheidungsrechtlichen Vorsorgeausgleich geht es nicht um die Teilung der ganzen Altersvorsorge, sondern nur eines bestimmten Teils, nämlich die zweite Säule. Demgegenüber wird vom Vorsorgeausgleich weder die erste Säule noch die dritte Säule erfasst, sei diese nun gebunden oder ungebunden. Art. 22a FZG in der bisherigen wie auch Art. 22b FZG in der revidierten Fassung regeln die Frage, wie die Teilung der beruflichen Vorsorge eines Ehegatten zu berechnen ist, deren Aufbau bereits vor 1995 begonnen hat.
Im vorliegenden Fall ging es aber gar nicht um die Teilung einer vor diesem Zeitpunkt aufgebauten Altersvorsorge. Diese wurde vielmehr erst ab 2007 aufgebaut. Wohl hatte der Ehegatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine berufliche Vorsorge. Diese wurde aber beendet und ausgezahlt. Die in den Vorsorgeausgleich einzubeziehende Austrittsleistung hatte mit dieser früheren Vorsorge keinerlei Zusammenhang und war vollständig während der Ehe und erst nach 1995 aufgebaut worden.
Wie hätte richtigerweise vorgegangen werden müssen? Nach dem alten Recht konnte immer nur entweder alt Art. 122 oder alt Art. 124 ZGB in ein und derselben Scheidung zur Anwendung gelangen, denn es ging ja um die Teilung zwischen den Ehegatten.23 Weil bereits einmal eine Barauszahlung erfolgt war, nämlich als sich der Ehemann selbständig machte, wäre ausschliesslich Art. 124 ZGB anwendbar gewesen.24 Es wäre damit eine angemessene Entschädigung festzusetzen gewesen.25 Zur Bemessung hätten einerseits das Pensionskassenguthaben der Ehefrau und andererseits das ganze Guthaben des Ehemannes berücksichtigt werden müssen. Zudem wäre auf Seiten des Mannes zu beachten gewesen, dass er bereits aus seinem Altersguthaben eine Barauszahlung erhalten hat. Das hätte den Anspruch der Ehefrau erhöht. Als angemessene Entschädigung wäre somit die Übertragung einer Freizügigkeitsleistung von der Pensionskasse des Mannes zur Pensionskasse der Frau erfolgt, die etwas höher gewesen wäre als der blosse Ausgleich der beiden Pensionskassenguthaben. Die Ehefrau ist bei dieser Teilung gegenüber dem Gesetz folglich doppelt zu kurz gekommen.
Das neue Recht sieht nicht mehr eine für die einzelne Scheidung einheitliche Regel für den Vorsorgeausgleich vor. Es enthält zwar den allgemeinen Grundsatz, dass die während der Ehe bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge auszugleichen sind.26 Es enthält dann aber für die einzelnen Arten von Ansprüchen der zweiten Säule unterschiedliche Regeln. Da in einer Scheidung die Ehegatten über unterschiedliche Arten von Guthaben der beruflichen Vorsorge verfügen können, sind auf diese einzelnen Guthaben neu unterschiedliche Teilungsregeln anwendbar. Im vorliegenden Fall wären auf die beiden Austrittsleistungen von Frau und Mann die Art. 123 ZGB und Art. 22a ff. FZG anwendbar gewesen. Bezüglich der Berechnung der zu teilenden Beträge bestehen mit Ausnahme des Stichtages keine Unterschiede zum alten Recht. Der Betrag wäre somit nur wegen der Verschiebung des Stichtages etwas kleiner ausgefallen, wohl zuungunsten der Ehefrau.
Da der Betrag, der dem Ehemann 2004 aus der Pensionskasse bar ausgezahlt worden ist, nicht mehr für die Altersvorsorge gebunden ist, kann diesbezüglich auch nichts mehr geteilt werden. Es gibt keine angemessene Entschädigung mehr. Fragen könnte man sich allerdings, ob diese Barauszahlung einen wichtigen Grund nach Art. 124b Abs. 2 ZGB darstellt, sodass von der hälftigen Teilung der Austrittsleistung der Frau bei ihrer Pensionskasse nach unten abgewichen werden könnte. Dann gelangte man in etwa zum gleichen Ergebnis wie im alten Recht.
2.3 Unterhalt
Die familienrechtlichen Unterhaltsansprüche berechnen sich aufgrund des tatsächlich erzielten Einkommens. Reicht dieses zur Deckung des Lebensbedarfs nicht aus, ist bei der Festsetzung des Unterhalts dem Schuldner sein Existenzminimum zu belassen.27 Demgegenüber kann bei der Durchsetzung des festgelegten Unterhaltsanspruchs in das Existenzminimum eingegriffen werden.28 Reicht das tatsächliche Einkommen nicht aus, kann ein hypothetisches Einkommen angerechnet werden, sofern dieses zu erreichen zumutbar und möglich ist.29 Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, wobei es sich bei der Zumutbarkeit in erster Linie um eine Rechtsfrage und bei der Möglichkeit um eine Tatfrage handelt.30
Bis anhin hat das Bundesgericht das Erfordernis der Möglichkeit streng angewandt. Es verweigerte den Unterhalt, soweit der Schuldner die dafür notwendigen Mittel nicht aufbringen konnte, selbst wenn er die Unmöglichkeit rechtsmissbräuchlich verschuldet hatte. Davon ist das Bundesgericht nun abgewichen und hat in einem Eheschutzverfahren einen Ehegatten, der rechtsmissbräuchlich seine Arbeitslosigkeit ohne Aussicht auf eine neue Stelle mit entsprechendem Verdienst verursacht hatte, zur Zahlung von Unterhalt aufgrund eines hypothetischen Einkommens verpflichtet.31
Das ist ein gefährlicher Pfad. Ein hypothetisches Einkommen kann nicht gepfändet werden. Bei der Durchsetzung ist auf die tatsächlich vorhandenen Mittel zurückzugreifen. Der Eingriff in das Existenzminimum ist möglich. Er ist aber nur proportional zum Existenzminimum des Gläubigers und damit nur beschränkt möglich. Dann führt die Unterhaltsregelung ausschliesslich zur Anhäufung von Schulden. Strafrechtlich kann der Gläubiger wegen der Nichtbezahlung der Unterhaltsforderungen nicht belangt werden, da er nachweislich nicht «über die Mittel dazu verfügt oder verfügen könnte», was aber Tatbestandsvoraussetzung ist.32 Der Schuldner kommt aus der Betreibung nicht heraus, weil dauernd neue Forderungen entstehen und damit alle sich bei anderen Schulden ergebenden Vollstreckungsbeschränkungen – Befristung der Pfändung auf ein Jahr, Privatkonkurs – nicht gegeben sind. Es wird sich weisen, ob diese Rechtsprechung ausschliesslich im Rahmen des Eheschutzes und damit einer noch relativ einfach abänderbaren Regelung gilt oder auch für den nachehelichen, u.U. lebenslangen Unterhalt gelten soll.
Unterhaltsregelungen müssen dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die Verhältnisse bei einem Dauerschuldverhältnis ändern können. Entsprechend geniessen solche Entscheidungen immer nur eine beschränkte materielle Rechtskraft. Unterhaltsregelungen unterliegen im Gegensatz zur güterrechtlichen Auseinandersetzung und dem Vorsorgeausgleich immer dem Abänderungsvorbehalt.33 Da aber schon die Verfahren zur erstmaligen Festsetzung lange dauern können, muss abgegrenzt werden, welche Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen noch im hängigen Festsetzungsverfahren zu berücksichtigen sind und welche eine spätere Abänderung rechtfertigen.
Die Antwort liegt im Zusammenspiel zwischen materiellem und Prozessrecht. Neue Vorbringen, mit denen in einem Unterhaltsprozess geänderte Verhältnisse behauptet und belegt werden, dürfen nicht einfach in ein Abänderungsverfahren verwiesen werden. Sie sind im Scheidungsverfahren zu berücksichtigen, sofern sie nach den Regeln über das Novenrecht34 noch rechtsgültig vorgebracht werden können.35 Entsprechend können veränderte Verhältnisse im Abänderungsprozess nicht geltend gemacht werden, soweit sie bereits im Prozess zur Festsetzung des Unterhalts hätten geltend gemacht werden können.36
Geht es um eine Veränderung, die zwar vor dem Urteil eingetreten, aber erst nachher bekannt geworden ist, kann sie nur im Rahmen einer Revision nach Art. 328 Abs. 1 lit. a ZPO geltend gemacht werden. Damit ist aber auch in der Revision die Geltendmachung von Tatsachen und Beweismitteln ausgeschlossen, die erst nach Beginn der oberinstanzlichen Beratung entstehen. Die in Art. 328 Abs. 1 lit. a Satz 2 ZPO enthaltene Formulierung, wonach Tatsachen und Beweismittel, «die erst nach dem Entscheid entstanden sind», als Revisionsgrund ausgeschlossen sind, bezieht sich nur auf Tatsachen, die nach dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem sie nach den anwendbaren Verfahrensregeln im früheren Verfahren zum letzten Mal vorgebracht werden konnten, im Berufungsverfahren also nach Beginn der Beratungsphase.37 Die Grenze ist zwischen Tatsachen zu ziehen, welche im ersten Verfahren selber oder mit einer Revision dieses Verfahrens hätten vorgebracht werden können, und solchen die das nicht konnten.38 Umgekehrt heisst das aber auch, dass die anderen Veränderungen im ursprünglichen Verfahren, gegebenenfalls mit einer Berufung bzw. mit einem Revisionsbegehren vorgebracht werden müssen und vom Gericht nicht in einen Abänderungsprozess verwiesen werden dürfen.39
2.4 Kindesrecht
Der Gesetzgeber wollte in mehreren Revisionsetappen den Eltern mehr Freiraum für die Gestaltung der Kinderbelange geben und namentlich die Rechtsstellung der Väter im Sinne einer Gleichstellung mit den Müttern verbessern. Die Revision des Sorgerechts hatte zum Zweck, die gemeinsame elterliche Sorge unabhängig vom Zivilstand als Regelfall vorzusehen. Die alleinige elterliche Sorge bleibt allerdings zum Wohl des Kindes und ohne konkrete Gefährdung des Kindeswohls möglich. Sie soll aber die eng begrenzte Ausnahme sein.40
In einem Scheidungsverfahren hatten die Parteien noch unter dem alten Recht in einer Scheidungskonvention die Alleinsorge der Mutter vereinbart. Nach Inkrafttreten des neuen Rechts hatte der Ehemann diese Regelung vor der ersten Instanz bestätigt. Vor zweiter Instanz verlangte er nun – allerdings ohne Erfolg – die gemeinsame elterliche Sorge.41 Zu Recht hat das Bundesgericht festgehalten, dass für die Regelung der Sorge noch immer das Kindeswohl oberste Leitlinie ist 42 und dass vom Grundsatz der gemeinsamen Sorge abgewichen werden kann, auch wenn die Voraussetzungen für eine Kindesschutzmassnahme nach Art. 311 f. ZGB nicht gegeben sind.43 Das Gericht entscheidet bezüglich der Kinderbelange ohne Bindung an die Parteianträge, aber unter deren Berücksichtigung.44 Eine Einigung der Eheleute bindet das Gericht nicht, sondern stellt bloss einen gemeinsamen Antrag dar,45 den das Scheidungsgericht «zu berücksichtigen» hat.46 Von den Parteien getragene Lösungen versprechen mehr Erfolg als aufgezwungene. Das Gericht darf sich deshalb nicht ohne ernsthaften Grund über die gemeinsamen Anträge der Parteien hinwegsetzen.47 Das hatte nun zur Folge, dass sich der Vater entgegenhalten lassen musste, dass er vor erster Instanz mit der Alleinsorge der Mutter einverstanden gewesen war und objektiv das Kinderinteresse nicht gegen diese Lösung sprach.48 Der Entscheid weist allerdings einen argumentativen Fehler auf: Ist den gemeinsamen Parteianträgen grundsätzlich zu folgen, weil die einvernehmliche Lösung erfolgversprechender ist, muss die einmal von den Parteien gewählte Lösung von diesen auch noch getragen werden, wenn sie umsetzbar sein soll. Das war offensichtlich vorliegend nicht mehr der Fall.
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Kindesunterhalt dem Kind zusteht. Über die Verwendung der Geldbeträge bestimmt aber, wer sich um das Kind kümmert. Entsprechend hält Art. 289 Abs. 1 ZGB fest, dass der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge dem Kind zusteht und, solange es minderjährig ist, grundsätzlich durch Leistung an seinen gesetzlichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt wird. Obgleich sich die Bevorschussung der Alimente nach kantonalem Recht richtet, besteht diesfalls eine bundesrechtliche Legalzession zugunsten des Gemeinwesens im Umfang der bevorschussten Beträge.49 Diese Ansprüche bleiben aber weiterhin privatrechtlicher Natur.50 Von der Legalzession erfasst werden nicht nur die bereits bezahlten, sondern auch künftige Unterhaltsbeiträge, sofern bereits feststeht, dass sie zu bevorschussen sind.51
Will der Pflichtige eine Abänderung der Unterhaltsregelung, kann er nicht nur gegen das Kind bzw. den geschiedenen Elternteil klagen, wenn er die Beiträge vom Zeitpunkt der Klageeinreichung an herabgesetzt haben will. Weil davon auch Unterhaltsleistungen betroffen sind, bei denen der Anspruch bereits durch Legalzession auf das Gemeinwesen übergegangen ist, muss auch das Gemeinwesen miteingeklagt werden.52 Eine Ausnahme ist wohl dann geboten, wenn der Schuldner von der Bevorschussung noch nichts erfahren hat.
Nicht um die Frage der Parteistellung,53 sondern um den Anspruch auf rechtliches Gehör ging es in einem Fall, in dem das Kind bei Pflegeeltern platziert war und nun die Kesb den Beistand einverständlich mit den leiblichen Eltern und dem Beistand selbst auswechselte. Die Pflegeeltern beschwerten sich – ohne Erfolg –, ihr Gehörsanspruch sei verletzt worden, weil sie vor dem Entscheid nicht angehört worden seien.54 Das Bundesgericht hielt fest, dass zwar der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht nur den Parteien im verfahrensrechtlichen Sinne zustehe, sondern auch allen Dritten, deren Rechte berührt seien.55 Weil die Pflegeeltern die Eltern in der Ausübung der elterlichen Sorge vertreten, soweit dies zur gehörigen Erfüllung ihrer Aufgabe angezeigt ist,56 und ihnen in diesem Rahmen auch die Vertretung des Kindes gegenüber Dritten zusteht,57 können sie sehr wohl in das Pflegekind betreffenden Verfahren Partei im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV sein.58 Bezüglich der Pflegeeltern hat dieser Anspruch aber in Art. 300 Abs. 2 ZGB eine Konkretisierung erfahren, nach der die Pflegeeltern «vor wichtigen Entscheidungen» angehört werden sollen. Während der Entwurf des Bundesrates nur das Vertretungsrecht regelte,59 ergänzte der Nationalrat die Bestimmung mit dem Anhörungsrecht in wichtigen Angelegenheiten. Dadurch erfolgte eine Erweiterung des rechtlichen Gehörs, weil die Pflegeeltern nicht nur vor einem Behördenentscheid, sondern auch vor einem Entscheid der leiblichen Eltern anzuhören sind. Bei Behördenentscheiden schränkt das Gesetz das rechtliche Gehör aber auf wichtige Entscheidungen ein. Als «wichtig» in diesem Sinne sah das Bundesgericht den Beistandswechsel im konkreten Fall nicht an und die Kesb durfte den Beistandswechsel ohne Anhörung der Pflegeeltern vornehmen.6
Die internationale Zuständigkeit für den Kindesschutz ist durch das Haager Kindesschutzübereinkommen von 1996 geregelt.61 Verlässt ein Kind die Schweiz und begründet es in einem anderen Vertragsstaat einen gewöhnlichen Aufenthalt, so entfällt die Zuständigkeit der schweizerischen Behörden und es sind jene des neuen Aufenthaltsortes zuständig, soweit das Kind nicht widerrechtlich im Sinn von Art. 7 ins Ausland verbracht worden ist. Das Übereinkommen durchbricht den Grundsatz der perpetuatio fori.62 Entsprechend entfällt die schweizerische Zuständigkeit in einem Rechtsmittelverfahren. Bewilligt die Kesb den Wegzug eines Kindes mit dem einen sorgeberechtigten Elternteil ins Ausland,63 hat der andere Elternteil kein Rechtsmittel mehr, wenn der Umzug tatsächlich erfolgt ist.64 Die Kesb muss deshalb rechtzeitig vor dem Umzug den Entscheid fällen. Unbefriedigend ist allerdings, dass es der umzugswillige Elternteil in der Hand hat, durch Zuwarten Dringlichkeit zu bewirken und die Rechtsmittel zu vereiteln.
Anders verhält es sich, wenn der Wegzug in einen Nichtvertragsstaat des Haager Erwachsenenschutzabkommens erfolgt.65 Hier gilt der Grundsatz der perpetuatio fori und die schweizerischen Gerichte bleiben zuständig.66 Die unterschiedliche Behandlung von Vertrags- und Nichtvertragsstaaten ist allerdings keine Selbstverständlichkeit. Für die Zuständigkeit im Erwachsenenschutz verweist Art. 85 Abs. 2 IPRG auf das Haager Erwachsenenschutzübereinkommen. Damit wird der Anwendungsbereich erga omnes ausgedehnt. Diese Ausdehnung muss aber dem Umstand Rechnung tragen, dass der ausländische Nichtvertragsstaat im Gegensatz zum Vertragsstaat nicht die gleichen IPR-Regeln anwendet. Von den Regeln des Abkommens ist folglich abzuweichen, wenn die fehlende Koordination mit dem Nichtvertragsstaat zu einer Schutzlücke führen würde.
Allerdings entfällt die schweizerische Zuständigkeit auch zu einem Vertragsstaat nicht schon, wenn sich jemand bei der Einwohnerkontrolle in der Schweiz abmeldet und in einem ausländischen Vertragsstaat Fuss fassen will. Solange er dort nicht einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat, bleibt die schweizerische Zuständigkeit auch nach dem Abkommen erhalten.67
2.5 Erwachsenenschutzrecht
Erhält das Kind im Scheidungsverfahren eine Vertretung,68 muss diese bezahlt werden. Es handelt sich nach Art. 95 Abs. 2 lit. e ZPO um Gerichtskosten.69 Sie sind nach den für die Gerichtskosten geltenden Regeln zu verteilen. Allerdings dürfen dem Kind keine Kosten auferlegt werden.70 Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach dem kantonalen Recht. Sie muss aber die notwendigen Aufwendungen abdecken und richtet sich nach dem Anwaltstarif, wenn ein Anwalt als Prozessbeistand ernannt wird.71 Der vom Gericht festgesetzte Betrag ist verbindlich. Der Vertreter kann nicht ungedeckt gebliebene Kosten beim Kind oder den Eltern einfordern.72 Deshalb hat sich die Entschädigung grundsätzlich nach dem Aufwand zu bemessen.
Demgegenüber unterstehen die Kosten der Vertretung im Erwachsenenschutzverfahren den für die Beistandschaft geltenden Bestimmungen. In erster Linie ist die betroffene Person kostenpflichtig. Das gilt auch für die gemäss Art. 449a ZGB von der Erwachsenenschutzbehörde für die betroffene Person angeordnete Vertretung. Diese Bestimmung findet auch im gerichtlichen Beschwerdeverfahren Anwendung.73 Der Betroffene kann die Kosten allerdings nach Massgabe des kantonalen Rechts als Parteikosten im Verfahren geltend machen, soweit die Führung dieses Prozesses zur Aufgabe des Beistandes gehört.74 Andernfalls wäre die Person, die in einem Verfahren vor Kesb bzw. dem anschliessenden Beschwerdeverfahren einen Beistand nach Art. 449a ZGB bestellt bekommt, wirtschaftlich schlechter gestellt als jene, die selber eine Prozessvertretung mandatiert.75 Demgegenüber verweigerte das Bundesgericht jedenfalls im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht dem durch seinen Beistand im Vaterschaftsprozess vertretenen Kind die Parteientschädigung, weil der Beistand selber über genügende Rechtskenntnisse verfüge.76
Ordnet ein Arzt eine fürsorgerische Unterbringung an, kann die betroffene Person das Gericht anrufen. Das Bundesrecht regelt allerdings weder die sachliche Zuständigkeit noch das Verfahren. Das Verfahren richtet sich gemäss Art. 439 Abs. 3 ZGB sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz.77 Damit fragt sich, ob die gerichtliche Beschwerdeinstanz auch bei einer ärztlichen Einweisung nur gestützt auf ein ärztliches Gutachten entscheiden kann.78 Entsprechend ist auch in diesen Fällen ein (unabhängiges) Gutachten notwendig.79
Das Gutachten hat in erster Linie auszuführen, ob ein Bedarf an der Behandlung einer festgestellten psychischen Erkrankung bzw. an Betreuung der betroffenen Person besteht.80 Bejahendenfalls ist festzuhalten, mit welcher konkreten Gefahr für die Gesundheit oder das Leben der betroffenen Person bzw. von Dritten zu rechnen ist, wenn die Massnahme unterbleibt.81 Der Gutachter hat zu folgern, ob eine stationäre Behandlung bzw. Betreuung unerlässlich ist. Wichtig ist diesbezüglich die Krankheitseinsicht des Patienten. Schliesslich hat sich das Gutachten zur Eignung der für die Unterbringung vorgesehenen Einrichtung zu äussern.82 Damit umschreibt das Bundesgericht die Anforderungen an das Gutachten sicher zutreffend. Zu beachten ist aber, dass die ärztliche Unterbringung nur für maximal sechs Wochen erfolgen kann.83 Soll die gerichtliche Überprüfung der Einweisung einen effizienten Rechtsschutz bieten, muss der Gutachter rasch arbeiten. Von daher sind die Anforderungen an die Gründlichkeit des Gutachtens erheblich einzuschränken.
Nach Art. 434 ZGB kann die Klinikleitung die Behandlung einer nach den Art. 426 ff. ZGB eingewiesenen Person ohne deren Zustimmung anordnen. Es war nun streitig, ob eine solche Anordnung überhaupt erfolgt war. Eine Oberärztin hatte eine Verfügung unterzeichnet, wonach die Behandlung ohne Zustimmung der Betroffenen erfolgen dürfe. Der Verfügung liess sich weder entnehmen, welche Behandlung erfolgen, noch wie lange diese dauern soll. Auf ein Gesuch um gerichtliche Beurteilung waren die kantonalen Instanzen mit dem Argument nicht eingetreten, es sei gar keine Zwangsbehandlung angeordnet. Das Bundesgericht hiess die dagegen gerichtete Beschwerde gut.84 Die Oberärztin könne stellvertretend für die Klinikleitung eine Zwangsbehandlung nach Art. 343 ZGB anordnen. Die Anordnung sei im Zusammenhang mit dem Behandlungsplan zu lesen, aus dem sich der Einsatz bestimmter Psychopharmaka ergebe. Dass die Patientin angeblich inzwischen die Medikamente freiwillig einnehme, stehe dem Vorliegen einer Zwangsbehandlung nicht entgegen.
3. Erbrecht
Ein Ägypter muslimischen Glaubens war mit einer Christin verheiratet und in Paris gestorben. Seine Geschwister präsentierten in Genf einen von einem ägyptischen Gericht ausgestellten «acte d’hoirie», in dem sie mangels Eltern und Nachkommen als einzige Erben bezeichnet wurden. Die Ehefrau war nach ägyptischem Recht von der Erbschaft ausgeschlossen, weil sie als Christin nicht einen Muslim beerben könne. Die kantonalen Gerichte verweigerten die Anerkennung der Urkunde wegen Verstosses gegen den materiellen Ordre Public,85 was das Bundesgericht schützte.86 Wohl sei bei der Verweigerung der Anerkennung von vorsorglichen Verfügungen wegen Verstosses gegen den materiellen Ordre Public Zurückhaltung angebracht.87 Dass die Geschwister mit dem Akt aber Zugang zum Vermögen des Verstorbenen auf einer Schweizer Bank in Genf wollen, stelle jedoch eine genügende Binnenbeziehung dar.88 Das Diskriminierungsverbot bezüglich Geschlecht, Rasse und Glaube sei so fundamental, dass sich die Verweigerung der Anerkennung rechtfertige.89
Die Witwe scheint am ganzen Verfahren nicht beteiligt gewesen zu sein. Die Argumentation mit dem Ordre Public muss konsequenterweise unabhängig von der Stellungnahme der Witwe zur Verweigerung der Anerkennung der Urkunde führen. Dann ist aber wohl auch ein Testament Ordre-Public-widrig und ungültig, wenn der Erblasser einen Erben ausschliesst, weil er aus der Kirche ausgetreten oder den Glauben gewechselt hat. Das greift aber sehr stark in die Testierfreiheit ein. Auch eine Rechtsordnung, welche den eingetragenen Partner vom Erbrecht ausschliesst, weil sie die eingetragene Partnerschaft nicht kennt, wird folglich dem Schweizerischen Ordre Public widersprechen. Der Entscheid lässt zudem offen, was nun geschieht: Die Geschwister können ihre Erbberechtigung nicht nachweisen und nicht auf die Guthaben in der Schweiz greifen. Die Witwe kann dies aber auch nicht. Damit entsteht ein nachrichtenloses Vermögen, was kaum sinnvoll ist. Bei der Anwendung des Ordre Public wäre eine stärkere Ausrichtung am Ergebnis sinnvoller.
Gemäss Art. 580 Abs. 1 ZGB kann jeder Erbe, der die Befugnis hat, die Erbschaft auszuschlagen, ein öffentliches Inventar verlangen. Das Bundesgericht hat festgehalten, dass hier mit Erbe nur der tatsächlich berufene und nicht auch der von der Erbschaft durch Testament vollständig Ausgeschlossene gemeint ist, auch wenn dieser Pflichtteilsschutz geniesst.90 Es ist dem Pflichtteilserben zuzumuten, zuerst seine Enterbung anzufechten. Die Herabsetzungsklage setze nicht voraus, dass das genaue Ausmass der Pflichtteilsverletzung feststehe. Es genüge vielmehr die Kenntnis der ungefähren Nachlasshöhe,91 welche die Beschwerdeführerin im konkreten Fall bereits hatte. Eine Verfügung von Todes wegen sei so lange wirksam, wie sie nicht auf Klage hin gerichtlich für ungültig erklärt oder herabgesetzt werde.92 Deshalb ist zwischen den Rechten des bloss virtuellen und des tatsächlich berufenen Erben sehr wohl zu unterscheiden.93 Anders sieht es beim Inventar nach Art. 553 ZGB aus, welches auch der durch Testament als Erbe ausgeschlossene Pflichtteilserbe verlangen kann.94 Die unterschiedliche Behandlung der beiden Inventare ist nicht ganz nachvollziehbar. Das Bundesgericht begründet dies auch nicht.95
Zwei Erben stritten sich um die Aufteilung des Nachlasses. Das Kantonsgericht hatte aufgrund der feststehenden (nicht vollständig gleichen) Erbteile bestimmte Erbschaftsgegenstände direkt zugeteilt und eine Ausgleichszahlung angeordnet. Eine Partei gelangte mit Erfolg ans Bundesgericht.96 Es legt in epischer Breite die gesetzlichen Teilungsvorschriften, seine eigene Rechtsprechung und jene der Lehre dazu dar und hält fest, dass die Erben grundsätzlich die Teilung frei vereinbaren können97 und dass, wenn sie sich nicht einigen und der Erblasser keine Teilungsvorschriften aufgestellt hat, die gesetzlichen Teilungsregeln Anwendung finden.98
Ist ein Teilungsprozess vor Gericht hängig, kommen diesem alle Kompetenzen zu, welche das ZGB der Teilungsbehörde zuweist.99 Das Gericht hat gemäss Art. 611 Abs. 1 ZGB so viele Lose zu bilden, wie es Erben gibt. Die Verteilung der Lose erfolgt nach Vereinbarung der Erben oder durch Losziehung.100 Demgegenüber ist eine gerichtliche Zuweisung der Lose ausgeschlossen.101 Können nicht alle Lose genau die gleiche Grösse haben, kann das Gericht in beschränktem Umfang Ausgleichszahlungen anordnen.102 Ist dies nicht möglich, sind die Gegenstände zu veräussern und die Erlöse zu teilen. Entsprechend erwies sich die Zuweisung einzelner Gegenstände im angefochtenen Urteil als bundesrechtswidrig und das Bundesgericht wies die Sache an die Vorinstanz zurück, um zu prüfen, ob eine Losbildung mit anschliessender Losziehung möglich ist oder ob das zu grosse Ausgleichszahlungen erforderte, sodass eine Veräusserung einzelner Nachlassaktiva nötig würde.103
BGE 143 III 297 ff.
BGE 14 3 III 314, E. 6.7.2.
BGE 143 III 311.
BGE 143 III 316, E. 6.7.4.
BGE 143 III 315, E. 6.7.3.
BGE 143 III 322, E. 8.2.5.2;
BGE 133 III 162, E. 3.3.
Vgl. BGE 77 II 187, E. 10.
BGE 128 III 277, E. 2b/aa.
BGE 133 III 164 f., E. 3.5;
BGE 143 III 323.
BGE 143 III 329, E. 8.2.5.5.
Art. 39 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB.
Art. 48 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB.
Art. 8 lit. c Zivilstandsverordnung (ZStV).
BGE 143 III 3 ff.
BGer 5C.276/2005
vom 14.2.2006, E. 2.
Heinz Hausheer / Ruth Reusser / Thomas Geiser, Berner
Kommentar 1999, Bern 1999,
N. 6 zu Art. 170 ZGB.
BGer 5A_562/2011
vom 21.2.2012, E. 7.4.1;
BGer 5A_81/2011
vom 23.9.2011, E. 6.1.3.
BGE 143 III 117 f., E. 3.5.
Art. 122 ZGB.
Art. 22a FZG.
Alt Art. 22a FZG,
neu Art. 22b FZG.
BGer 9C_350/2016
vom 4.5.2017.
Thomas Geiser / Christoph Senti, N. 9 zu Art. 22 FZG, in: Jacques-André Schneider / Thomas Geiser / Thomas Gächter (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar, BVG und FZG, Bern 2010 (fortan: Stämpflis Handkommentar); Jacques-André Schneider / Christian Bruchez,
«La prévoyance professionnelle et le divorce», in: SVZ 68/2000, S. 255; Ueli Kieser, «Ehescheidung und Eintritt des Vorsorgefalles der beruflichen Vorsorge – Hinweise für die Praxis», in: AJP 2001, S. 159; Katharina Baumann / Margaretha Lauterburg, N. 57 ff. zu Art. 124 ZGB, in: Ingeborg Schwenzer (Hrsg.), Praxiskommentar Scheidungsrecht, Basel 2000.
Geiser / Senti, N. 9 zu Art. 22 FZG, in: Stämpflis Handkommentar; BGE 129 V 252; BGE 127 III 433 ff.
BGE 127 III 438 f.; BGE 128 V 45; Hausheer / Reusser / Geiser, a.a.O., N. 33 zu Art. 207 ZGB; Marta Trigo Trindade, «Prévoyance professionelle, divorce et succession», in: SJ II 2000, S. 489; Katharina Baumann / Margaretha Lauterburg, «Darfs ein bisschen weniger sein? Grundsätzliches und Streitiges beim Vorsorgeausgleich», in: FamPra 2000, S. 213; Rolf Vetterli / Alex Keel, «Die Aufteilung der beruflichen Vorsorge in der Scheidung», in: AJP 1999, S. 1616; anderer Meinung Schneider / Bruchez, a.a.O., S. 255 Fn. 159.
Art. 122 ZGB.
BGE 135 III 66; BGE 141 III 403, E. 4.1.; Heinz Hausheer / Thomas Geiser / Regina E. Aebi-Müller,
Das Familienrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bern 2014, Rz. 10.100.
BGE 106 III 18 ff.,
BGE 111 III 15, E. 5;
BGE 116 III 12;
BGE 137 III 204, E. 3.9.;
BGE 137 III 149 f., E. 3.4.3.
BGE 137 III 118, E. 2.3.
BGE 143 III 235, E. 3.2.;
BGE 137 III 118, E. 2.3.
BGE 143 III 233 ff.
Art. 217 Abs. 1 StGB.
Vgl. insb. Art. 129, 134 Abs. 2, Art. 179 Abs. 1, Art. 286 und Art. 298d ZGB.; vgl. Annette Spycher / Urs Gloor, N. 11 ff. zu Art. 127 ZGB, in: Heinrich Honsell /
Nedim Peter Vogt / Thomas Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I (Art. 1–456 ZGB), 5. Aufl., Basel 2014 (fortan: Basler Kommentar).
Art. 229 und Art. 317 Abs. 1 ZPO.
Vgl. BGer 5A_121/2016 vom 8.7.2016, E. 4 und 5.
BGE 143 III 44 f., E. 5.3.; BGer 5A_22/2014 vom 13.5.2014, E. 4.3.
BGE 143 III 44, E. 5.1.
BGE 142 III 418 f., E. 2.2.6.
BGE 143 III 44, E. 5.1.
BGE 142 III 1, E. 3.3 S. 5 f.; BGE 142 III 614; vgl. Thomas Geiser, «Zum sogenannten ‹Zügelartikel› (Art. 301a ZGB)», in: ZKE 2/2017, S. 87 ff.
BGE 143 III 361 ff.
BGE 143 III 361 ff., E. 7.3.1.; BGer 5A_46/2015 vom 26.5.2015, E. 4.4.2; BGE 136 I 180 f., E. 5.3.
BGE 141 III 474 ff., E. 4; BGE 143 III 361 ff., E. 7.3.1.
Offizialgrundsatz; Art. 296 Abs. 3 ZPO.
Art. 285 lit. d ZPO; vgl. Botschaft Elterliche Sorge vom 16.11.2011, BBl 2011, S. 9103.
Art. 133 Abs. 2 Satz 2 ZGB.
Peter Breitschmid, N. 23 zu Art. 133 ZGB, in: Basler Kommentar; Andrea Büchler / Sandro Clausen, N. 15 zu Art. 133 ZGB, in: Ingeborg Schwenzer / Roland Fankhauser (Hrsg.),
FamKomm, Scheidung, Bd. I,
Bern 2017; Philippe Meier / Martin Stettler, Droit de la filiation,
Genf 2014, Rz. 512.
BGE 143 III 361 ff.
Art. 289 Abs. 2 ZGB;
BGE 137 III 197, E. 2.1.
BGE 143 III 179, E. 6.3.1.;
BGer 8D_4/2013 vom 19.5.2014, E. 5.3, und BGer 8C_501/2009 vom 23.9.2009, E. 4.
BGE 143 III 178 f., E. 6.3.2.;
BGE 137 III 193, E. 3.6 ff.;
BGer 5A_634/2013
vom 12.3.2014, E. 4.1.
BGE 143 III 177 ff.
Vgl. BGer 5A_88/2017
vom 25.9.2017, zur Publikation bestimmt.
BGE 143 III 65 ff.
BGE 143 III 67, E. 3.2.;
BGE 142 III 123, E. 3.2.
Art. 300 Abs. 1 ZGB.
Vgl. BGE 128 III 10 f., E. 4b.
BGE 143 III 67, E. 3.2.
Vgl. Botschaft vom 5.6.1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Kindesverhältnis), BBl 1974 II, S. 126. Dem folgte auch der Ständerat: AB 1975, S. 133 f.
BGE 143 III 65 ff.
SR 0.211. 231.011.
BGE 132 III 592, E. 2.3.1;
BGer 5A_622/2010
vom 27.6.2011, E. 3 und 4;
BGer 5A_131/2011
vom 31.3.2011, E. 3.3.1.
Art. 301a ZGB.
BGE 143 III 195.
SR 0.211.232.1.
BGE 143 III 237.
BGer 5A_68/2017 vom 21.6.2017.
Art. 299 ZPO.
BGE 143 III 186, E. 4.2.2.
Hausheer / Geiser / Aebi-Müller, a.a.O., Rz. 10.147; Viktor Rüegg / Michael Rüegg, N 14 zu Art. 95 ZPO, in: Karl Spühler / Luca Tenchio / Dominik Infanger (Hrsg.), Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO), 3. Aufl., Basel 2017 (fortan: Basler Kommentar 2017).
BGE 142 III 153 ff.; Rüegg / Rüegg, in: Basler Kommentar 2017, N 15 zu Art. 95 ZPO.
BGE 142 III 155, E. 2.4.
BGer 5A_368/2014
vom 19.11.2014, E. 5.2;
BGer 5A_302/2015 vom 3.7.2015, E. 3.1.3.
BGE 143 III 188, E. 4.2.4.
BGE 143 III 188, E. 4.2.4; Martin H. Sterchi, N. 13 zu Art. 95 ZPO, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, Bern 2012; Rüegg / Rüegg,
in: Basler Kommentar 2017, N. 18 zu Art. 95 ZPO.
BGer 5A_590/2016
vom 12.10.2017.
Art. 450 ff. ZGB
Art. 450e Abs. 3 ZGB.
BGE 143 III 191; Philippe Meier, Droit de la protection de l’adulte, Zürich 2016, Rz. 1352; Thomas Geiser / Mario Etzensberger, N. 48 zu Art. 439 ZGB, in: Basler Kommentar; Oliver Guillod, N. 39 zu Art. 439 ZGB, in: Andrea Büchler / Christoph Häfeli / Audrey Leuba / Martin Stettler (Hrsg.), FamKomm, Erwachsenenschutz, Bern 2013.
BGE 143 III 192 E. 3.3.
Zur konkreten Gefahr: BGer 5A_312/2007 vom 10.7.2007, E. 2.3; BGer 5A_288/2011 vom 19.5.2011, E. 5.3.
BGE 143 III 192, E. 3.3.;
BGE 140 III 102 f., E. 6.2.2.
Art. 429 Abs. 1 ZGB.
BGE 143 III 337 ff.
Art. 27 in Verbindung mit
Art. 31 IPRG.
BGE 143 III 51 ff.
BGE 143 III 53, E. 3.3.2.
BGE 143 III 55, E. 3.3.5.
BGE 143 III 54 f., E. 3.3.5.
BGE 143 III 369 ff.
BGE 138 III 358, E. 5.2.
BGE 86 II 344, E. 5;
vgl. BGE 139 V 5, E. 4.4.
BGE 143 III 371 f.
BGer 5A_610/2013
vom 1.11.2013.
BGE 143 III 371, E. 3.2.
BGE 143 III 425 ff.
Art. 607 Abs. 2 ZGB.
BGE 143 III 428, E. 4.2.;
BGE 137 III 10, E. 2.1;
BGE 112 II 209, E. 2a;
BGer 5C.214/2003
vom 8.12.2003, E. 2.
BGE 143 III 428, E. 4.1.;
BGE 137 III 14, E. 3.4.1.
Art. 611 Abs. 3 ZGB.
BGE 143 III 430 ff.;
BGE 85 II 388, E. 3.
BGE 143 III 430, E. 4.6.
BGE 143 III 432 f., E. 5.