1. Personenrecht
Einige Jungparteien hatten das Konterfei von zwei Regierungsräten für Abstimmungsplakate verwendet. Da die beiden Regierungsräte für die Gegenmeinung einstanden, wollten sie sich dies nicht gefallen lassen und liessen die Plakate superprovisorisch verbieten. Die betroffenen Organisationen beantragten im anschliessenden Verfahren auf vorsorgliche Massnahmen Abweisung. Diesem Antrag folgte das Gericht dann auch, namentlich weil inzwischen die Abstimmung vorbei war und gar kein Interesse mehr bestand. Der Streit drehte sich dann nur noch um Prozessuales und die Kosten bis vor Bundesgericht.1
Der Persönlichkeitsschutz hat seit einigen Jahren auch Bedeutung im privaten, familiären Bereich. Seit 2007 stellt der Gesetzgeber mit Art. 28b ZGB eine Schutznorm gegen häusliche Gewalt zur Verfügung. Entscheidend ist die rasche Durchsetzungsmöglichkeit. Art. 28b Abs. 4 ZGB verpflichtet die Kantone, eine Stelle zu bezeichnen, die im Krisenfall die sofortige Ausweisung der verletzenden Person aus der gemeinsamen Wohnung verfügen kann, und das Verfahren zu regeln. Dabei handelt es sich dann nicht um Massnahmen nach der ZPO, sondern um Polizeimassnahmen, die kantonalen Verfahrensbestimmungen unterliegen.2
Sobald die Massnahme eine gewisse Dauer hat, muss allerdings eine Klage nach Zivilprozessrecht vor dem Zivilgericht erfolgen. Für die Durchsetzung der Anordnung ist einerseits auf die Polizeihilfe zurückzugreifen und andererseits ist die Strafe nach Art. 292 StGB anzudrohen.
Aufgrund von Art. 28b Abs. 1 ZGB kann dem Gericht beantragt werden, der verletzenden Person insbesondere zu verbieten, sich der Betroffenen anzunähern oder sich in einem bestimmten Umkreis ihrer Wohnung oder an bestimmten Orten aufzuhalten sowie mit ihr in Kontakt zu treten oder sie in anderer Weise zu belästigen. Mit solchen Anordnungen wird in grundrechtlich geschützte Positionen der verletzenden Person eingegriffen. Die Anordnung muss deshalb verhältnismässig sein.3
Die angeordneten Massnahmen müssen für die verletzte Person genügend wirksam und für die verletzende Person so wenig einschneidend sein wie möglich.4 Daraus ergibt sich auch, dass die Verbote genügend konkret umschrieben werden müssen, was aber gegeben ist, wenn die Personen, mit denen kein Kontakt aufgenommen werden darf, im Einzelnen genannt werden.5 Demgegenüber ist es nicht notwendig, die Anordnung zeitlich zu befristen.6 Wenn sie ihre Bedeutung verliert, kann der Verpflichtete jederzeit die Aufhebung durch das Gericht verlangen.
Die Persönlichkeit ist im schweizerischen Recht nicht nur gegen Angriffe von aussen geschützt. Art. 27 ZGB schützt die Person vielmehr auch gegenüber sich selber, indem die Rechtsordnung übermässigen Bindungen den Rechtsschutz verweigert. Wobei eine gegen Art. 27 Abs. 2 ZGB verstossende übermässige Bindung nur dann von Amtes wegen festzustellen ist, wenn der höchstpersönliche Kernbereich einer Person betroffen ist. Andernfalls hat der Betroffene eine Art Einrede, wenn von ihm Erfüllung verlangt wird.7
Die Frage, ob eine übermässige Bindung vorliegt, stellt sich im Zusammenhang mit Aktionärsbindungsverträgen immer wieder. Verträge können grundsätzlich nicht auf ewige Zeit abgeschlossen werden.8 Ist keine Kündigungsmöglichkeit vorgesehen, muss im Einzelfall entschieden werden, wann der Zeitpunkt für eine Auflösung der Bindung gekommen ist.9 Geht es nur um die wirtschaftliche Freiheit, ist Zurückhaltung geboten. Eine vertragliche Beschränkung der wirtschaftlichen Freiheit wird nur dann als übermässig angesehen, wenn sie den Verpflichteten der Willkür eines anderen ausliefert, seine wirtschaftliche Freiheit aufhebt oder in einem Masse einschränkt, dass die Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet ist.10
2. Familienrecht
2.1 Unterhalt
Der in einem Eheschutz- oder Scheidungsverfahren festgelegte Unterhalt muss veränderten Verhältnissen angepasst werden können. Auch wenn für den ehelichen und den nachehelichen Unterhalt nicht die gleichen Regeln gelten, sind die Bestimmungen über die Änderung der Verhältnisse bei Scheidung für das Eheschutzverfahren sinngemäss anwendbar.11 Die Abänderung des im Eheschutzverfahren festgesetzten Unterhalts setzt wesentliche Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse seit Rechtskraft des abzuändernden Entscheides voraus. Das ist auch gegeben, wenn sich die tatsächlichen Feststellungen im ursprünglichen Entscheid nachträglich als unrichtig erweisen oder sich anders als angenommen entwickeln. Es genügt auch, dass sich der ursprüngliche Entscheid als nicht gerechtfertigt erweist, weil dem Eheschutzgericht wesentliche Tatsachen nicht bekannt waren.12
Der Ehemann hatte seine gutbezahlte Stellung verloren und sich selbständig gemacht, weil er keine neue Stelle fand. Er verlangte in der Scheidung als vorsorgliche Massnahme die Herabsetzung des in einem Eheschutzverfahren festgesetzten Unterhalts. Weil es bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit schwieriger als bei einem Arbeitsverhältnis ist, das Einkommen festzustellen, ist auf das Durchschnittsnettoeinkommen mehrerer – in der Regel der letzten drei – Jahre abzustellen, wobei auffällig abweichende Abschlüsse ausser Betracht bleiben müssen.13 Entsprechend kann der Selbständigerwerbende in der Regel nur durch mehrere Jahresabschlüsse eine dauerhafte Verschlechterung seines Einkommens nachweisen.14
Das Bundesgericht hält nun fest, dass nach seiner eigenen Rechtsprechung eine mehr als vier Monate dauernde Arbeitslosigkeit als eine Abänderung rechtfertigende «dauerhafte» Veränderung der Verhältnisse gelten könne.15 Aus Gründen der Gleichbehandlung müssen diese Überlegungen auch gelten, wenn jemand auf Arbeitslosengeld verzichtet und sich dafür selbständig macht. Er muss folglich auch nach vier Monaten eine Abänderung verlangen können.16 Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltsschuldner seine Stelle tatsächlich unfreiwillig verloren hat. Die Kündigung durch die Arbeitgeberin beweist dies noch nicht.17 Der Schuldner muss nachweisen, die notwendigen Anstrengungen unternommen zu haben, um eine gleichwertige Stelle zu finden.18
Aufgrund von Zwischenbilanzen und weiteren Unterlagen ist das tatsächliche Einkommen abzuschätzen. Dem Umstand, dass eine selbständige Tätigkeit in aller Regel erst während zwei bis drei Jahren aufgebaut werden muss, kann schliesslich durch besondere Klauseln, wie automatische Erhöhungen bei Einkommenssteigerungen oder nachträglichen Erhöhungsvorbehalten, Rechnung getragen werden. Letztere sind auch bei Herabsetzungen des nachehelichen Unterhalts zulässig.19
Das deutsche Recht lässt es zu, in einem Ehevertrag den nachehelichen Unterhalt verbindlich zu vereinbaren. Wenn Ehegatten aus Deutschland in die Schweiz kommen und hier scheiden, stellt sich die Frage nach der Verbindlichkeit solcher Vereinbarungen. Das Bundesgericht hatte auf Beschwerde hin einen im Rahmen eines Eheschutzverfahrens ergangenen Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen20 geschützt, der eine ehevertragliche Unterhaltsvereinbarung für den Fall des Getrenntlebens wegen Unangemessenheit nicht genehmigte und einen wesentlich höheren Unterhaltsbeitrag festsetzte. Es hielt ausdrücklich fest, dass eine Unterhaltsvereinbarung der gerichtlichen Genehmigung bedürfe, um verbindlich zu sein, und nicht durch die Aufnahme in einen Ehevertag dieser Genehmigung entzogen werden könne.21
Nicht geäussert hat sich das Bundesgericht zur Frage, ob überhaupt eine Scheidungs- oder Trennungsvereinbarung auf Vorrat geschlossen werden könne. M.E. ist dies auszuschliessen. Eine solche Konvention ist immer nur mit Blick auf eine konkrete Trennung oder Scheidung möglich. Wird sie auf Vorrat geschlossen, wenn die Ehe noch gut geht, ist sie für die Parteien auch nicht verbindlich, wenn das Gericht sie als angemessen erachtet. Entspricht sie im Zeitpunkt des Eheschutzverfahrens oder der Scheidung nicht mehr dem Willen einer der Parteien, ist diese nicht mehr daran gebunden. Es liegt keine Vereinbarung vor, welche das Gericht genehmigen könnte.
2.2 Vorsorgeausgleich
2015 hat der Gesetzgeber den Vorsorgeausgleich im Scheidungsrecht neu geregelt. Die Neuerungen sind am 1. Januar 2017 in Kraft getreten.22 Das neue Recht schafft die Möglichkeit, auch bei einer Scheidung im Rentenalter die in der Vorsorge vorhandenen Guthaben zu teilen.23 Mit der Übertragung eines Rententeils erhält der berechtigte Ehegatte eine selbständige Altersvorsorge, die mit dem Tod des anderen nicht endet. Dafür muss aber der zugesprochene Rententeil für die Übertragung auf den anderen Ehegatten auf dessen Leben umgerechnet werden.24 Das wird in den meisten Fällen eine erheblich kleinere Rente ergeben, kann aber auch ausnahmsweise zu einer höheren Rente führen.
Unabhängig davon, ob ein Vorsorgefall bereits eingetreten ist oder nicht, verkürzt das neue Recht die zu teilenden Vorsorgeguthaben erheblich, weil nicht mehr die bis zur Auflösung der Ehe erworbene Austrittsleistung geteilt wird, sondern nur noch die bis zur Einreichung des Scheidungsverfahrens angesparte.25 Was ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens an Vorsorge weiter aufbaut, verbleibt ihm folglich uneingeschränkt.
Die Verschiebung des Stichtags für die Teilung hat zur übergangsrechtlichen Frage geführt, was gelten soll, wenn das Scheidungsverfahren beim Inkrafttreten des neuen Rechts bereits hängig war. Es ist unbestritten, dass auf Scheidungsprozesse, die beim Inkrafttreten des neuen Rechts vor einer kantonalen Instanz hängig waren, das neue Recht Anwendung findet.26 Das Bundesgericht hat einem Teil der Lehre27 folgend entschieden, auch bei Prozessen, welche bereits seit Jahren hängig waren, auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit für die Teilung abzustellen und nicht auf jenen des Inkrafttretens des neuen Rechts.28
Geteilt werden soll nach wie vor nur, was während der Ehe an Austrittsleistung aufgebaut worden ist. Einkäufe, die während der Ehe erfolgten, können entweder vom Versicherten selber oder aber vom Arbeitgeber bzw. der Vorsorgeeinrichtung bezahlt worden sein. Soweit der Arbeitgeber oder die Pensionskasse solche Leistungsverbesserungen finanzieren, ist die damit bewirkte Steigerung der Austrittsleistung in der Scheidung zu teilen,29 dasselbe gilt für Gutschriften der Pensionskasse aus ausserordentlichen Gewinnen.30 Von der Teilung ausdrücklich ausgenommen sind demgegenüber während der Ehe getätigte Einkäufe in die Pensionskasse aus Mitteln, welche unter dem ordentlichen Güterstand zum Eigengut zu rechnen sind.31 Dabei kommt es nicht darauf an, welchem Güterstand die Ehegatten tatsächlich unterstehen. Art. 22a Abs. 2 FZG verweist vielmehr auf die Legaldefinition des Eigenguts im ZGB.32 Entsprechend kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Ehegatten ehevertraglich das Eigengut erweitert haben.33 Solche Leistungen sind zuzüglich Zins von der Austrittsleistung im Zeitpunkt der Scheidung abzuziehen.
Dass Einkäufe, die nach dem für die Berechnung der zu teilenden Austrittsleistung massgeblichen Zeitpunkt erfolgt sind, nicht mehr berücksichtigt werden, steht ausser Zweifel. Fraglich ist nun aber, wie es sich mit Einkäufen verhält, die nach Auflösung des Güterstands, aber vor Einreichung der Scheidungsklage erfolgt sind. Die Frage stellt sich namentlich, wenn der Scheidung die Regelung des Getrenntlebens vorausgeht und im Eheschutzverfahren die Gütertrennung nach Art. 176 Abs. 1 Ziffer 3 ZGB angeordnet worden oder nach Art. 188 ZGB eingetreten ist.
In einem Fall, in dem noch unter altem Recht bei der Regelung des Getrenntlebens die Gütertrennung angeordnet worden ist und das nachfolgende Ehescheidungsverfahren über das Inkrafttreten der Revision hinaus vor kantonalen Instanzen hängig blieb, entschied das Bundesgericht nun, dass der nach Eintritt der Gütertrennung, aber vor Einreichung der Scheidungsklage erfolgte Einkauf wie ein Einkauf aus Eigengut beim Vorsorgeausgleich unberücksichtigt bleiben müsse.34
Der Entscheid ist m.E. falsch. Er vermengt das Güterrecht und den Vorsorgeausgleich. Die Regelung bezüglich der Herkunft der für den Einkauf verwendeten Mittel ist unabhängig vom Güterstand anwendbar, der zwischen den Ehegatten tatsächlich besteht.35 Mit dem Hinweis auf Art. 198 ZGB in Art. 22a Abs. 2 FZG will der Gesetzgeber nur die Vermögenswerte umschreiben, welche zu beachten sind. Die Bestimmung kann selbst bei Ehegatten mit einem ausländischen Güterstand Anwendung finden. Die Ehegatten können die Regelung auch nicht durch einen Ehevertrag ausschliessen. Es kann deshalb auch nicht darauf abgestellt werden, ob die Errungenschaftsbeteiligung aufgelöst worden ist oder nicht. Es ist sehr wohl möglich, dass die Ehegatten von Anfang an der Gütertrennung unterstanden und deshalb, auch wenn der Güterstand im Zeitpunkt des Einkaufs noch bestand, die entsprechenden Werte güterrechtlich gar nicht teilen wollten. Der andere Ehegatte kann güterrechtlich von der Errungenschaft gar nichts erhalten haben, weil diese negativ war.
Richtigerweise wäre die durch den entsprechenden Einkauf erwirkte Erhöhung der Austrittsleistung sehr wohl in die Teilung nach Art. 122 f. ZGB einzubeziehen gewesen. Es wäre dann zu prüfen gewesen, ob mit Blick auf das Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung nach Art. 124b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB dem Ehegatten weniger als die Hälfte der massgeblichen Austrittsleistung hätte zugesprochen werden müssen.
2.3 Scheidungsverfahren
Art. 283 Abs. 1 ZPO stipuliert den Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils. Über die Scheidung selber und deren Folgen ist im gleichen Verfahren zu entscheiden. Der Grundsatz hat verschiedene Einschränkungen erfahren. Die ZPO kennt die Teilrechtskraft, wenn nur einzelne Dispositivziffern eines Urteils mit einem Rechtsmittel weitergezogen werden. Zudem prüft das Bundesgericht den Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils nicht von Amtes wegen und akzeptiert Teilentscheide, welche nur den Scheidungspunkt betreffen.36 Grundsätzlich hält es aber daran fest, dass das Scheidungsverfahren erst beendet ist, wenn über alle Nebenfolgen entschieden ist. Ausgenommen vom Grundsatz der Einheit des Scheidungsurteils ist – neben dem Scheidungspunkt selber – nur die güterrechtliche Auseinandersetzung, die aus wichtigen Gründen in ein separates Verfahren verwiesen werden kann.37 Ebenfalls vom Grundsatz ausgenommen ist der Vorsorgeausgleich, der sogar in ein separates Verfahren vor Sozialversicherungsgericht verwiesen wird.38
Das Auseinanderfallen der Rechtskraft im Scheidungspunkt und der Regelung der Scheidungsfolgen ist insofern weniger problematisch als früher, als die Wirkungen der meisten Scheidungsfolgen auf den Zeitpunkt des Verfahrensbeginns zurückbezogen wurden. Das gilt nicht nur für das Güterrecht, auch für den Vorsorgeausgleich ist dieser Zeitpunkt nunmehr massgebend.39 Die Auskunftspflicht nach Art. 170 ZGB überdauert die Rechtskraft im Scheidungspunkt und besteht bis zum Abschluss des Verfahrens über die Scheidungsfolgen.40 Auch vorsorgliche Massnahmen bestehen bis zu diesem Zeitpunkt.41 Allerdings bleibt der Tag der Rechtskraft im Scheidungspunkt für das Splitting in der AHV/IV entscheidend42 und auch die Umrechnung und Aufteilung einer Altersrente in der zweiten Säule erfolgt auf diesen Zeitpunkt.43
Das Erbrecht besteht bis zu diesem Tag und nicht bis zum Abschluss des Verfahrens über die Nebenfolgen. Sowohl in der ersten wie auch in der zweiten Säule ist wohl für die Hinterbliebenenleistungen entscheidend, ob die Ehe durch Rechtskraft des Scheidungsurteils im Scheidungspunkt oder durch Tod aufgelöst worden ist. Zudem kann die Motivation der scheidungs- und wieder heiratswilligen Partei, nach Eintritt der Rechtskraft im Scheidungspunkt das Verfahren über die Scheidungsfolgen zügig zum Abschluss zu bringen, sinken.44
Wesentlich problematischer als die Teilrechtskraft bezüglich des Scheidungspunktes ist allerdings die Aufteilung der Scheidungsfolgen in mehrere Verfahren. Auch wenn in der Theorie der Vorsorgeausgleich, das Güterrecht, der nacheheliche Unterhalt und die Kinderbelange grundsätzlich zu trennen sind, bestehen zwischen ihnen unweigerlich Interdependenzen. Das zeigt sich schon bloss darin, dass von der hälftigen Teilung der beruflichen Vorsorge aufgrund der Ergebnisse der güterrechtlichen Auseinandersetzung abgewichen werden kann.45 Dass für die Festsetzung eines nachehelichen Unterhalts sowohl das Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung wie auch des Vorsorgeausgleichs entscheidend ist und überdies die Regelung der Kinderbelange die Erwerbsmöglichkeiten entscheidend beeinflusst, versteht sich von selber. Es geht immer um ein Gesamtpaket. Freilich sind in einem konkreten Fall unter Umständen gewisse Fragen ohne Bedeutung, wenn beispielsweise gar nichts vorhanden ist, das güterrechtlich geteilt werden könnte, oder beide Ehegatten sehr vermögend sind. Dass aber unter diesen Bereichen gar keine Verflechtung besteht, dürfte sehr selten sein.
Das Bundesgericht hat nun entschieden, dass die Partei, die sich wieder verheiraten will, sehr wohl einen Anspruch auf ein Urteil mit Teilrechtskraft im Scheidungspunkt hat. Allerdings muss im Einzelfall eine Interessenabwägung erfolgen, bei der zu prüfen ist, ob der andere Ehegatte ein schützenswertes Interesse an einer Gesamtbeurteilung hat.46
Die Teilrechtskraft kann auch im internationalen Verhältnis Bedeutung haben. Auf den ehelichen Unterhalt ist nach Art. 4 HUÜ47 das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht anwendbar. Der nacheheliche Unterhalt richtet sich nach dem auf die Ehescheidung angewandten Recht.48 In der Schweiz lebende tschechische Ehegatten wurden in Tschechien geschieden. Weil das tschechische Urteil aber nur die Scheidung, nicht auch die Scheidungsfolgen regelte, begehrte die nunmehr geschiedene Frau in der Schweiz in Ergänzung des Scheidungsurteils nachehelichen Unterhalt. Das Bundesgericht hielt nun fest, dass sich auch der in diesem Ergänzungsverfahren als vorsorgliche Massnahme verlangte Unterhalt nach dem auf die Scheidung angewandten tschechischen und nicht nach dem schweizerischen Umweltrecht richte.49 Die Einheit des Scheidungsurteils ist auch im internationalen Verhältnis nicht zwingend. Dieser Grundsatz zählt im Kontext der Vollstreckung ausländischer Urteile nicht zum schweizerischen Ordre public.50
Ist das ökonomische Gefälle zwischen den Parteien gross, wird die Waffengleichheit im Scheidungsverfahren gefährdet. Art. 29 Abs. 1 BV garantiert die Waffengleichheit, d.h. die prozessuale Chancengleichheit.51 Die Waffengleichheit ist aber verletzt, wenn eine Partei nicht über die nötigen Mittel verfügt, um ihre Rechtswahrung und -durchsetzung finanzieren zu können. Eine Vorfinanzierung ist unumgänglich, die Frage der eigentlichen Kostentragung stellt sich erst am Ende der Rechtsdurchsetzung; zu diesem Ende muss man aber zuerst kommen. Deshalb sieht Art. 29 Abs. 3 BV einen Anspruch der bedürftigen Partei auf unentgeltliche Rechtspflege vor. Das Bundesgericht hält in konstanter Rechtsprechung fest, dass dieser Anspruch gegenüber dem Staat sich subsidiär zum materiell-rechtlichen Anspruch gegenüber dem anderen Ehepartner auf Bevorschussung der Prozesskosten verhält.52
Nur wenn die mittellose Partei keinen Prozesskostenvorschuss vom anderen Ehegatten erhalten kann, ist die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.53 Weil es sich dabei aber nicht um einen prozessualen, sondern einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem anderen Ehegatten handelt, muss er vor dem zuständigen Sachgericht im kantonalen Verfahren geltend gemacht werden und kann nicht als Antrag auf Erlass einer vorsorglichen Massnahme gemäss Art. 104 BGG gestellt werden,54 was zu einem umständlichen Verfahren führt.
Die Gerichtskostenvorschüsse sind allerdings nicht die einzigen Rechtswahrungskosten. Auch die Anwälte und in komplexeren Verfahren weiteren Berater wollen bezahlt werden. In Lehre und Rechtsprechung nicht geklärt ist, ob der Anspruch auf die Leistung eines Prozesskostenvorschusses des anderen Ehegatten Teil des Unterhaltsanspruchs nach Art. 163 ZGB ist oder sich auf die Beistandspflicht nach Art. 159 ZGB stützt. Unbestritten ist aber, dass als Ausfluss der ehelichen Unterhaltspflicht und der ehelichen Beistandspflicht der eine Ehegatte gehalten ist, dem anderen in Rechtsstreitigkeiten durch Leistung von Prozesskostenvorschüssen beizustehen.55 Das Bundesgericht musste bis anhin die Frage nicht entscheiden. Es hielt immer fest, dass beide Bestimmungen als Rechtsgrundlage in Frage kommen.56 Dass bei Prozesskostenvorschüssen unter Umständen nach Abschluss des Rechtsstreites eine Rückerstattungspflicht bestehen könnte, widerspricht einer Rechtsgrundlage im Unterhaltsrecht nicht.57 Die eheliche Beistandspflicht ist subsidiär zur Unterhaltspflicht. Nur wenn ein Ehegatte nicht bereits aufgrund von Leistungen nach Art. 163 ff. ZGB für ein bestimmtes Bedürfnis aufkommen kann, stellt sich die Frage nach einem weitergehenden Anspruch aufgrund von Art. 159 ZGB. Es ist folglich immer zuerst zu prüfen, ob ein Anspruch aufgrund von Art. 163 ff. ZGB besteht. Wenn der Unterhalt für die Dauer des Verfahrens durch einen Eheschutz- oder einen Massnahmenentscheid festgelegt ist, kann folglich ein zusätzlicher Prozesskostenvorschuss nur verlangt werden, wenn eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist.58
2.4 Kindesrecht
2.4.1 Feststellung der Abstammung
Der Ehemann der Mutter ist von Gesetzes wegen Vater des Kindes.59 Die Regelung ist immer wieder kritisiert worden, weil sie nicht immer mit den genetischen Verhältnissen übereinstimmt. In der Mehrheit der Fälle trifft sie aber zu. Zudem minimiert sie den administrativen Aufwand und verhilft dem in einer Ehe geborenen Kind zu zwei rechtlichen Eltern. Die Möglichkeit, diese Vaterschaft anzufechten, ist eingeschränkt, weil die Klagelegitimation nur dem Ehemann, d.h. dem Registervater selber und – wenn der gemeinsame Haushalt der Ehegatten während der Minderjährigkeit des Kindes aufgehört hat – dem Kind zusteht.60 Damit schützt das Gesetz die soziale Elternschaft.61
Ein unbestrittenermassen genetischer Vater wollte den Ehemann der Mutter verpflichten lassen, seine Vaterschaft anzufechten, um selber rechtlich Vater zu werden. Das Bundesgericht lehnte dies ab.62 Aus Art. 8 EMRK ergibt sich kein Klagerecht auf Beseitigung einer bestehenden und Herstellung einer eigenen rechtlichen Vaterschaft.63 Auch nach dem ZGB stellt die Nichtanfechtung der Vaterschaft durch den Ehemann keine widerrechtliche Verletzung der Persönlichkeit des genetischen Vaters dar. Dem Ehemann, der nicht genetischer Vater des Kindes ist, steht es frei, ob er das Kindesverhältnis anfechten oder die soziale Vaterschaft aufrechterhalten will.64 Wie weit ein Anspruch auf Kenntnis seiner Deszendenz besteht, hat das Bundesgericht offengelassen, weil diese vorliegend gar nicht streitig war. Der Kläger wollte nur ein rechtliches Kindesverhältnis aufheben und ein neues begründen. Darauf hat aber der genetische Vater gegenüber dem rechtlichen Vater keinen Anspruch.65
2.4.2 Bestimmung des Aufenthaltsorts
Mit der Neuregelung der elterlichen Sorge hat der Gesetzgeber die Bedeutung des Begriffs «Obhut» verändert. «Obhut» bedeutet nicht mehr das Recht, den Aufenthaltsort zu bestimmen. Entsprechend genügt die Zuteilung der Obhut an einen Elternteil auch nicht als Zustimmung zur Verlegung des Wohnsitzes.66 Was allerdings neben dem Begriff der «Betreuungsanteile» noch unter «Obhut» zu verstehen ist und namentlich welche Rechtswirkung einer Obhutszuteilung zukommen soll, führt das Bundesgericht nicht aus. Dem Begriff kann wohl nur noch die rechtlich nicht fassbare und wenig sinnvolle Bedeutung zukommen, eine Gewichtung der Beziehungen der Eltern zum Kind vorzunehmen und eine Primärbeziehung zu einem Elternteil festzulegen.
Der Gesetzgeber hatte mit Art. 301a ZGB die Stellung jenes Elternteils stärken wollen, bei dem sich das Kind nicht primär aufhält. Auf eigentliche Sanktionen bei einer Verletzung dieser Rechte hat der Gesetzgeber aber verzichtet. Es ist nicht zulässig, dem entsprechenden Elternteil die Weisung zu geben, seinen eigenen Wohnsitz mit dem Kind zurück an den ursprünglichen Ort zu verlegen.67 Vielmehr haben die Gerichte und Kindesschutzbehörden zu prüfen, ob die neue Situation Kindesschutzmassnahmen erfordert. Dabei ist von der nunmehr bestehenden Situation auszugehen. Es ist sehr wohl zu prüfen, ob das Kindeswohl eine Rückführung des Kindes an den bisherigen Wohnort erfordert. Die Interventionshöhe richtet sich aber dabei nach den allgemeinen Regeln für den Kindesschutz68 und es ist davon auszugehen, dass der entsprechende Elternteil auch im Falle einer Intervention seinen eigenen Wohnsitz nicht zurückverlegt.69 Die Verlegung des Aufenthaltsorts ohne Zustimmung des anderen Elternteils wird regelmässig eine Neuregelung der Verhältnisse (Persönlicher Verkehr, Betreuungsanteile, evtl. Unterhalt) notwendig machen und die konkreten Umstände bedürfen einer umfassenden Würdigung, sodass der blosse Verweis auf ein Regelbesuchsrecht nicht statthaft ist.70
2.4.3 Kindesunterhalt
Bis anhin hatte sich das Bundesgericht beim Kinderunterhalt geweigert, den kantonalen Instanzen eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben. Die Lehre hat die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung seit Jahren kritisiert. Dieser Kritik hat das Bundesgericht nun durch das Festlegen einer Methode Rechnung getragen.71 Das Sachgericht behält aber ein breites Ermessen, sodass erhebliche Unterschiede weiter bestehen werden. Das Bundesgericht hat sich für die sogenannte Lebenshaltungskostenmethode entschieden und die anderen teilweise angewandten Methoden als nicht sachgerecht verworfen.72
Der Unterhalt ist durch Geldleistung und durch Naturalleistungen bzw. durch Dienstleistungen zu erbringen. Es sind die direkten und die indirekten Kinderkosten zu decken. Direkte Kinderkosten sind jene, die durch die Nahrung, Wohnung, Kleidung, Mobilität, Freizeitaktivitäten etc. anfallen. Dazu gehören auch die Kosten einer Drittbetreuung. Indirekte Kinderkosten sind die Opportunitätskosten des Elternteils, der sich um das Kind kümmert, sei es im Rahmen der Obhut, von Betreuungsanteilen oder von persönlichen Kontakten. Seit der Revision des Unterhaltsrechts ist klargestellt, dass die indirekten Kinderkosten im dargelegten Sinn ebenfalls in die Unterhaltsrechnung einzubeziehen sind. Der Betreuungsunterhalt soll garantieren, dass der betreuende Elternteil trotz der Betreuung seinen eigenen Unterhalt finanzieren kann.73
Beide Arten von Kosten sind nach der konkreten Methode zu berechnen.74 Es ist auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum des Betreuenden und des Kindes abzustellen, das an die konkreten Verhältnisse anzupassen ist. Entsprechend sind gewisse Ausgaben mitzuberücksichtigen, die im Betreibungsrecht ausser Betracht fallen.75 Zu prüfen ist sodann, in welchem Masse der betreuende Elternteil für seinen eigenen Unterhalt trotz der Betreuung selber aufkommen kann. Er muss sich das ganze tatsächlich erzielte Einkommen einschliesslich Vermögensertrag anrechnen lassen. Anzurechnen sind auch Einkommen des Kindes, wozu auch die Hilflosenentschädigung eines invaliden Kindes zählt. Soweit diese Betreuungsunterhalt des Kindes abdeckt, erfolgt die Anrechnung an diesen und nicht an die direkten Kinderkosten.76
Für die Frage, welches Einkommen der betreuende Elternteil erzielen kann, ist die Aufteilung der Betreuungsteile entscheidend. Dabei kann es nicht auf blosse Prozentzahlen ankommen. Vielmehr ist wesentlich, in welchen Zeiten die Betreuung wahrgenommen werden muss. Es gibt Wochentage und Tageszeiten, in denen einer Erwerbstätigkeit nachgegangen werden kann, und andere.77 Allerdings sollten auch hier die konkreten Umstände des Einzelfalls angesehen werden. Je nach Beruf ist eine Tätigkeit zu ungewohnten Zeiten heute sehr wohl möglich. Verschiedene politische Vorstösse zielen auf eine Lockerung der Arbeitszeitregeln ab. Abendarbeit ist schon heute ohne jede besondere Einschränkung ebenso möglich wie die Arbeit an einem Samstag. Künftig dürften auch die Nachtarbeit und die Sonntagsarbeit häufiger möglich sein. Das hat Folgen für die Berechnung des Betreuungsunterhalts. Zu beachten sind schliesslich immer auch die finanziellen Möglichkeiten des Unterhaltsschuldners.
Ob die Eigenbetreuung durch Betreuungsunterhalt ermöglicht werden soll oder nicht, hängt entscheidend davon ab, ob die Selbstbetreuung der Fremdbetreuung vorzuziehen ist. Das Bundesgericht hält zu Recht fest, dass die bisherige sogenannte 10/16-Regel, nach der einem betreuenden Elternteil bis zum Erreichen des 10. Altersjahres des Kindes gar keine und bis zum 16. Altersjahr nur eine 50-prozentige Erwerbstätigkeit zuzumuten sei, nicht ausschliesslich mit Blick auf das Kindeswohl, sondern hauptsächlich mit dem Vertrauen des Elternteils auf die bisherige Aufgabenteilung in der Ehe entwickelt worden sei.78 Sie kann von daher nicht unbesehen auf den Betreuungsunterhalt übertragen werden. Geht es darum, das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen und dem Kind unabhängig von den Lebensumständen der Eltern die Betreuung durch mindestens einen Elternteil zu ermöglichen, sollte die Verpflichtung, trotz Kinderbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder eben dies nicht zu müssen, in der ganzen Rechtsordnung gleich beurteilt werden. Entsprechend müssten die Regeln, welche für die Sozialhilfe angewendet werden, mit jenen des Familienrechts übereinstimmen.
So weit wollte das Bundesgericht jedoch nicht gehen. Es hat mit seinem neusten Entscheid nur die in einer Ehe geborenen Kinder und jene, die das nicht sind, gleichgestellt. Für die Alterskategorien knüpft es überzeugend an der obligatorischen Beschulung des Kindes an und sieht eine schrittweise Abstufung der zumutbaren Erwerbsquote vor. Es verzichtet dann aber aus praktischen Gründen auf eine Feinabstufung.79 Liegt die Betreuung bei einem Elternteil,80 gelten neu für den Normalfall drei Stufen: Ab der (je nach Kanton mit dem Kindergarten- oder mit dem eigentlichen Schuleintritt erfolgenden) obligatorischen Beschulung des jüngsten Kindes ist eine Erwerbsarbeit von 50 Prozent, ab dessen Eintritt in die Sekundarstufe I eine solche von 80 Prozent und ab dessen Vollendung des 16. Lebensjahres ein Vollzeiterwerb zuzumuten.81
3. Erbrecht
3.1 Letztwillige Verfügungen
Was gilt, wenn in einem Testament ausdrücklich ein früheres aufgehoben wird und dieses zweite Testament dann vom Erblasser vernichtet wird? 82 Das Bundesgericht hält fest, dass ein Testament insofern sehr wohl schon zu Lebzeiten des Testators Wirkungen entfalten kann, als durch das neue Testament das alte aufgehoben wird. Das erste Testament stellt nicht mehr den «letzten Willen» des Testators dar. Die Aufhebung des zweiten Testaments lässt nicht notwendigerweise das erste wiederaufleben.83 Vielmehr kommt es darauf an, was der Erblasser tatsächlich wollte.
Sodann legt das Bundesgericht dar, dass die Gültigkeit eines Testaments zwei Dinge voraussetzt: Es muss als rechtsgeschäftliche Willenserklärung den Willen des Testators wiedergeben und die gesetzliche Form wahren. Folglich ist in erster Linie nach den allgemeinen Auslegungsregeln einer Willenserklärung der tatsächliche Wille des Erblassers zu bestimmen. Dafür sind Formfragen ohne Bedeutung. Erst in einem zweiten Schritt ist zu klären, ob der so eruierte wirkliche Wille des Testators in der vorgeschriebenen Form Ausdruck gefunden hat.84 Weil die kantonale Instanz den wirklichen Willen des Testators offengelassen hatte, hiess das Bundesgericht die Beschwerde gut.
Um die Frage der Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung ging es auch in einem anderen Fall, in dem der Erblasser mündlich verfügt hatte.85 Dass einer der Zeugen den Text vorbereitet hatte, stand der Gültigkeit nicht entgegen. Ebenso ist das Fehlen des Datums oder das falsche Datum in analoger Anwendung von Art. 520a ZGB nur dann ein Ungültigkeitsgrund, wenn das Datum mit Bezug auf die Verfügungsfähigkeit oder das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Verfügungen von Bedeutung ist.86
3.2 Öffentliches Inventar
Einem öffentlichen Inventar kommt nur sehr beschränkte Bedeutung zu. Die Errichtung verlängert aber die Unsicherheit über das Schicksal des Nachlasses. Aus diesem Grund sieht das Gesetz nur eine einmalige Auflage vor. Nach Ablauf der Auskündigungsfrist ist es zur Einsicht aufzulegen.87 Anschliessend können die Beteiligten Ergänzungen verlangen. Eine neue Auflage erfolgt aber nicht. Vielmehr ist grundsätzlich die Frist zur Erklärung über die Annahme oder Ausschlagung zu setzen.88 Das mussten auch Erben erfahren, welche weitere Abklärungen wollten. Das Bundesgericht wies sie bezüglich der unklaren Verhältnisse auf den ordentlichen Zivilprozessweg.89
3.3 Erbengemeinschaft
Als Gemeinschaft zur gesamten Hand können die Mitglieder einer Erbengemeinschaft nur gemeinsam handeln.90 Entsprechend müssen sie grundsätzlich auch alle zusammen im gemeinsamen Namen ein Betreibungsbegehren einleiten, wenn es um die Durchsetzung einer Erbschaftsforderung geht.91 Dient die Betreibung aber der Unterbrechung einer Verjährungsfrist und ist sie deshalb dringlich, kann ein einzelner Erbe gültig betreiben.92 Es ist nicht erforderlich, dass im Nachhinein die anderen Erben die Handlung genehmigen. Allerdings kann der allein handelnde Erbe den anderen für seine Handlung haftbar werden.93
Ebenfalls um die Frage der Aktivlegitimation ging es in einem Fall, in dem eine Vermächtnisnehmerin den Willensvollstrecker mit einer Verantwortlichkeitsklage auf Ersatz des Schadens belangen wollte, den sie durch eine falsche Berechnung des Willensvollstreckerhonorars erlitten haben wollte. Die Höhe des Honorars wirkte sich insofern auf ihre Ansprüche aus, als es sich um ein Quotenvermächtnis handelte.94 In einem früheren Verfahren hatte das Bundesgericht festgestellt, dass es sich bei dieser Forderung nicht um einen erbrechtlichen Anspruch auf Auslieferung des Vermächtnisses, sondern um eine gegen den Willensvollstrecker persönlich gerichtete Forderung95 nach Auftragsrecht und Art. 97 OR handelt.96
Nachdem das Bundesgericht 1975 festgehalten hatte, dass die Verantwortlichkeitsklage gegen den Willensvollstrecker «im Prinzip» («en principe») den Erben und den anderen vom Erblasser begünstigten Personen zustehe,97 war in der Lehre streitig, ob diese Klage auch der Vermächtnisnehmer geltend machen könne. Das Bundesgericht hat nun festgehalten, dass dies grundsätzlich nicht möglich ist.
Mit einer schädigenden Handlung schädigt der Willensvollstrecker das Nachlassvermögen und damit die Erben. Die Vermächtnisnehmer sind davon nicht direkt betroffen. Nach Art. 562 Abs. 1 ZGB beschwert das Vermächtnis weder das Nachlassvermögen noch den Willensvollstrecker, sondern als obligatorische Verbindlichkeit ausschliesslich die Erben.98 Der Vermächtnisnehmer kann folglich gegenüber den beschwerten Erben nach Art. 562 Abs. 3 ZGB Schadenersatz geltend machen, falls diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, nicht aber direkt gegenüber dem Willensvollstrecker.99 Zu den Pflichten der Erben gegenüber einem Quotenvermächtnisnehmer gehört es gegebenenfalls auch, ein übersetztes Willensvollstreckerhonorar für die Berechnung des Quotenvermächtnisses nicht zu akzeptieren.
BGer 5A_84/2018 vom 8.11.2018.
Andreas Meili, N. 12 zu Art. 28b ZGB, in: Heinrich Honsell / Nedim Peter Vogt / Thomas Geiser (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I (Art. 1–456 ZGB), 5. Aufl.,
Basel 2014; Heinz Hausheer /
Regina E. Aebi-Müller, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Bern 2016, Rz. 14.42t.
Art. 5 Abs. 2, Art. 36 Abs. 3 BV.
BGE 144 III 260; Paul-Henri Steinauer / Christiana Fountoulakis, Droit des personnes physiques et de la protection de l’adulte, Bern 2014, Rz. 586.
BGE 144 III 263, E. 4.4.2.
BGE 144 III 262, E. 4.3.3.
BGE 143 III 486, E. 4.2.;
BGE 129 III 209.
BGE 127 II 77, E. 5b;
BGE 125 III 364, E. 2d;
BGE 114 II 161, E. 2a.
BGE 114 II 159, E. 2a, S. 161 f.; BGer 4A_141/2007 vom 20.8.2007, E. 4.1.
BGE 143 III 489 f.
Art. 179 Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 276 ZPO; BGE 143 III 619, E. 3.1.
BGE 143 III 619, E. 3.1.;
BGer 5A_136/2014
vom 5.11.2014, E. 3.2;
BGE 141 III 376, E. 3.3.1;
BGer 5A_235/2016
vom 15.8.2016, E. 3.1.
BGE 143 III 620, E. 5.1.;
BGer 5P.342/2001
vom 20.12.2001, E. 3a;
BGer 5D_167/2008
vom 13.1.2009, E. 2;
BGer 5A_246/2009
vom 22.3.2010, E. 3.1;
BGer 5A_544/2014
vom 17.9.2014, E. 4.1;
BGer 5A_127/2016
vom 18.5.2016, E. 5.2;
BGer 5A_937/2016
vom 5.10.2017, E. 3.2.2.
BGer 5P.330/2006
vom 12.3.2007, E. 3.3.
BGE 143 III 621, E. 5.2.;
BGer 5A_138/2015
vom 1.4.2015, E. 4.1.1;
BGer 5A_972/2015
vom 22.3.2016, E. 5.2;
BGer 5A_78/2014
vom 25.6.2014, E. 4.2;
BGer 5A_352/2010
vom 29.10.2010, E. 4.3.;
BGer 5P.445/2004
vom 9.3.2005, E. 2.3.
BGE 143 III 621 f., E. 5.3.
Vgl. BGE 143 III 233, E. 3.
Vgl. BGer 5A_782/2016
vom 31.5.2017, E. 5.3;
BGer 5A_299/2012
vom 21.6.2012, E. 3.5.
BGE 143 III 622, E. 5.4.
KantGer SG FS.2016.13-EZE2 vom 29.5.2017.
BGer 5A_493/2017 vom 7.2.2018.
AS 2016, S. 2313;
BBl 2013, S. 4887.
Art. 124a ZGB.
Vgl. Thomas Geiser, N. 17 ff. zu Art. 124a ZGB, in: Thomas Geiser / Christiana Fountoulakis (Hrsg.), Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I (Art. 1–456 ZGB), 6. Auflage, Basel 2018 (fortan: Basler Kommentar neu).
Art. 122 ZGB.
Art. 7d Abs. 2 SchlT ZGB.
Roland Fankhauser, «Ein dritter Stichtag zwischen altem und neuem Vorsorgeausgleich?», in: FamPra.ch 2017, S. 157 ff.
BGE 144 III 306, E. 7.1.2.
BGE 133 V 25; Jacques-André Schneider / Christian Bruchez, «La prévoyance professionnelle et le divorce», in: Caroline Paquier /
Jérôme Jaquier (Hrsg.), Le nouveau droit du divorce, CEDIDAC, Lausanne 2000, S. 227 (fortan: Droit du divorce).
Eidg. VersGer B.18/01 vom 14.5.2002, FamPra 2002, S. 568.
Art. 22a Abs. 2 FZG;
BGer 9C_865/2007 vom 4.3.2008.
BGer 5C.49/2006
vom 24.8.2006, E. 3.4.
Art. 199 ZGB.
BGer 5A_819/2017
vom 20.3.2018, E. 10.1.
Botschaft, BBl 1996, S. 107;
Schneider / Bruchez, in:
Droit du divorce, S. 227.
BGE 144 III 303, E. 6.2.2.;
BGE 130 III 545 ff., E. 5.
Art. 283 Abs. 2 ZPO; BGer 5A_769/2015 vom 1.9.2016, E. 4.2.2; BGE 137 III 422, E. 1.1; BGE 130 III 546, E. 5.2; BGer 5A_845/2016 vom 2.3.2018, E. 1; BGer 5A_62/2016 vom 7.10.2016, E. 1.; BGE 144 III 304, E. 6.3.1.
Art. 283 Abs. 3 ZPO.
Art. 204 Abs. 2 und Art. 122 ZGB.
BGE 144 III 306, E. 7.1.1.;
BGE 143 III 116, E. 4.3.4.
Art. 276 Abs. 3 ZPO.
Art. 29quinquies AHVG. Zum Splitting vgl. auch: Art. 29sexies Abs. 3 und Art. 29septies Abs. 6 AHVG; Geiser in: Basler Kommentar neu, N. 22 zu Art. 122 ZGB.
Art. 124a ZGB; Geiser in:
Basler Kommentar neu, N. 22 ff.
zu Art. 124a ZGB.
BGE 144 III 306, E. 7.1.1.
Art. 124b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB.
BGE 144 III 298 ff.
SR 0.211.213.01.
Art. 8 Abs. 1 HUÜ.
BGE 144 III 368 ff.
BGE 144 III 375, E. 3.5.;
BGE 109 Ib 232, E. 2a;
BGer 5A_599/2009
vom 3. 3. 2010, E. 3.4.
BGE 139 II 25; Gerold Steinmann, N. 41 zu Art. 29 BV, in: Bernhard Ehrenzeller / Benjamin Schindler /
Rainer J. Schweizer / Klaus A. Vallender (Hrsg.), St. Galler Kommentar, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl., Zürich 2014.
BGE 143 III 624, E. 7;
BGE 142 III 36, E. 2.3.
BGer 5A_508/2007 vom 3.6.2008, E. 5; BGer 5A_362/2017 vom 24.10.2017, E. 6; vgl. Nicolas von Werdt, Die Beschwerde in Zivilsachen, Bern 2010, S. 128, Rz. 567; Thomas Geiser, N. 14 ff. zu Art. 64 BGG, in: Marcel Alexander Niggli /
Peter Uebersax / Hans Wiprächtiger /
Lorenz Kneubühler (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl., Basel 2018.
BGE 143 III 624, E. 7;
BGer 5A_382/2010 vom 22.9.2010, E. 1.4; BGer 5A_97/2017
vom 23.8.2017, E. 12.1; BGer 5A_362/2017 vom 24.10.2017, E. 4.
BGE 132 III 39; BGer 9C_432/2010 vom 8.7.2010, E. 5; BGer 4A_661/2010 vom 16.2.2011, E. 3.5; BGer 4A_423/2012
vom 10.9.2012, E. 2.2; BGer 8C_1008/2012 vom 24.5.2013, E. 3.3.2; zum alten Eherecht:
BGE 103 Ia 101, E. 4; Henri Deschenaux / Paul-Henri Steinauer / Margareta Baddeley, Les effets du mariage, 2. Aufl., Bern 2009, Rz 422 zu FN 41.
Vgl. BGer 5P.346/2005 vom 15.11.2005, E. 4.
BGer 5A_819/2017 vom 20.3.2018, E. 11; Heinz Hausheer /
Ruth Reusser / Thomas Geiser, Berner Kommentar 1999, Bern 1999, N. 38a zu Art. 159 ZGB.
Art. 179 ZGB, vgl.
BGE 143 III 617 ff.
Art. 252 Abs. 2 i.V.m. Art. 255 ZGB.
Art. 256 Abs. 1 ZGB.
Vgl. dazu Thomas Geiser, «Kind und Recht – von der sozialen zur genetischen Vaterschaft?», in: FamPra 2009, S. 41 ff.
BGE 144 III 1 ff.
BGE 144 III 6 f. m.H. auf EGMR Nr. 23338/09 Kautzor c. Deutschland vom 22.3.2012, §§ 37 ff., 61 ff., 78; EGMR Nr. 45071/09 Ahrens
c. Deutschland vom 22.3.2012, §§ 27 ff., 58 ff, 75.
BGE 144 III 7, E. 4.4.2.
BGE 144 III 7 ff., E. 4.4.3.
BGE 144 III 12, E. 4.
BGE 144 III 13 ff., E. 5 f.
Namentlich Art. 310 ZGB.
Vgl. BGE 144 III. 16, E. 6.4.
BGE 144 III 10.
BGE 144 III 379 ff., E. 7; BGer 5A_384/2018 vom 21.9.2018, E. 4, zur Publ. best.
BGE 144 III 379 ff., E. 7.
BGE 144 III 380 f., E. 7.1.2.1. m.H. auf Botschaft, BBl 2014, S. 529 ff. Ziff. 1.5.2; Annette Spycher, Elterliche Sorge, Betreuungsunterhalt, Vorsorgeausgleich und weitere Herausforderungen, 9. Symposium zum Familienrecht 2017, Universität Freiburg 2018, S. 83 f.; Jonas Schweighauser / Daniel Bähler, ebd., S. 168 ff.; Philipp Beuermann, Der nacheheliche Unterhalt – Grundlagen und Ausgestaltung im deutschen Unterhaltsrecht und in den Prinzipien der Commission on European Family Law (CEFL), Bern 2013, S. 105.
BGE 144 III 383 f., E. 7.1.2.2.
BGE 144 386 f., E. 7.1.4.
Nachrichten zum Familienrecht Kantonsgericht SG 1/18; KantGer SG FO.2015.30-K2/FO.2016.1-K2 vom 19.12.2017.
BGE 144 III 385 f., E. 7.1.3.
BGer 5A_384/2018
vom 21.9.2018, E. 4.8.1.
BGer 5A_384/2018
vom 21.9.2018, E. 4.7.6.
Das Bundesgericht schreibt von «hauptbetreuendem» Elternteil.
BGer 5A_384/2018
vom 21.9.2018, E. 4.7.6.
BGE 144 III 82 ff.
BGE 144 III 84 f., E. 3.2.
BGE 144 III 85 ff., E. 3.3.
Art. 506 f. ZGB.
BGE 143 III 640 ff.
Art. 584 ZGB.
Art. 587 ZGB.
BGE 144 III 313 ff.
Art. 602 ZGB;
BGE 144 III 80, E. 3.2.
BGE 144 III 279, E. 3.1.1 m.H. auf BGE 51 III 57, 98.
BGE 144 III 281, E. 3.3.
BGE 144 III 284, E. 3.3.5.
BGE 144 III 217 ff.
BGer 5A_705/2015
vom 21.6.2016, E. 5.2.
BGE 144 III 219, E. 5.2.2.
BGE 101 II 52, E. 1.
BGE 83 II 441, E. 2a.
BGE 144 III 223, E. 5.2.6.