1. Personenrecht
1.1 Wohnsitz
Leben die Eltern mit dem Kind zusammen, teilt das Kind unter elterlicher Sorge ihren Wohnsitz. Leben sie getrennt, wird es komplizierter. Sind beide Eltern sorgeberechtigt, kommt es darauf an, welchem Elternteil die Obhut zugeteilt ist. Immer häufiger hilft dieses Kriterium nicht, weil die Eltern alternierend die Obhut ausüben. Dann wird der Aufenthaltsort des Kindes zu seinem Wohnsitz.1 Zweck des Wohnsitzes ist eine gewisse Stabilität, was Artikel 23 ZGB schon mit der Begriffsumschreibung zeigt. Ein alternierender Wohnsitz kommt folglich nicht in Frage.
Eine Ehefrau hatte sich von ihrem Mann getrennt und im gleichen Quartier eine Wohnung genommen. Das Eheschutzgericht beliess die gemeinsame Sorge und ordnete alternierende Obhut mit gleichen Betreuungsanteilen an. Weil die Wohnungen in unterschiedlichen Gemeinden lagen, musste der Wohnsitz des Kindes bestimmt werden. Es brauchte weitere Kriterien. Das ist in erster Linie die Frage, wo das Kind in die Schule geht und – sofern das zu einem Ergebnis führen kann – wer das Kind unmittelbar vor oder nach der Schule betreut. Das half allerdings nicht weiter, weil das Kind in eine Privatschule ging.
Allenfalls ist auch darauf abzustellen, wo das Kind am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, insbesondere wo sportliche oder kulturelle Aktivitäten ausgeübt werden. Es muss festgestellt werden, zu welchem Wohnort die engeren Beziehungen bestehen.2 Die kantonale Instanz hatte den Wohnsitz bei der Mutter festgelegt, was das Bundesgericht schützte. Dem Argument des Vaters, das Kind habe seit Geburt an der früheren Familienadresse, das heisst dem aktuellen Wohnsitz des Vaters, Wohnsitz gehabt, bemass das Bundesgericht keine Bedeutung zu. Es schützte das Argument der Vorinstanz, dass die Mutter die laufenden Kosten für das Kind bezahlte.3
Die Argumentation erstaunt insoweit, als der Zweck des Wohnsitzes und die Regelung in Artikel 24 Absatz 1 ZGB für eine Kontinuität des bisherigen Wohnsitzes sprechen und es auf der Hand gelegen hätte, den Wohnsitz am Ort der bisherigen Familienwohnung zu belassen, solange nicht klare objektive Kriterien einen Wohnsitzwechsel notwendig machen.
1.2 Stiftungsrecht
Seit 2016 erlangen Familienstiftungen das Recht der Persönlichkeit erst durch ihren Eintrag im Handelsregister.4 Nach früherem Recht gültig errichtete Familienstiftungen mussten sich innert fünf Jahren im Handelsregister eintragen lassen.5 Dabei handelt es sich jedoch nur um eine Ordnungsvorschrift. Verstreicht sie ungenutzt, verliert die Stiftung ihre Rechtspersönlichkeit nicht.6
Das Handelsregister verweigerte einer 1949 errichteten Familienstiftung die Eintragung mit dem Argument, sie stelle eine nach Artikel 335 ZGB unzulässige Unterhaltsstiftung dar. Gemäss der Errichtungsurkunde war der Stiftungszweck, «den Begünstigten ein Vermögen zu erhalten und ihnen aus diesem Vermögen Beiträge an den Lebensunterhalt, an Erholung, Ausbildung, Aussteuer etc. zu gewähren». Zudem regelte sie die Reihenfolge der begünstigten Familienmitglieder. Die Stiftung machte geltend, der Zweck müsse aufgrund des tatsächlichen Verhaltens der Stiftung beurteilt werden.
Sie habe sich immer an das Verbot gehalten und Leistungen nur in besonderen Situationen ausgerichtet. Zudem habe das Handelsregister seine Prüfungskompetenz überschritten. Das Bundesgericht schützte den Entscheid des Handelsregisteramts.7 Dieses prüft die Einhaltung der Registernormen. Insoweit verfügt es über umfassende Kognition.
Geht es demgegenüber um materiellrechtliche Fragen, hat das Registeramt nur eine beschränkte Prüfungsbefugnis. Es hat nur die Einhaltung der zwingenden Gesetzesbestimmungen zu prüfen, die im öffentlichen Interesse oder zum Schutze Dritter aufgestellt worden sind. Vorschriften, die nur die Interessen Privater schützen, sind vom Zivilgericht zu beurteilen.8
Das Verbot der Unterhaltsstiftung steht im öffentlichen Interesse. Das Handelsregister hat insoweit folglich sehr wohl Prüfungskompetenz. Massgeblich ist dabei der Text der Stiftungsurkunde. Umschreibt diese einen unzulässigen Zweck, kann der Mangel nicht durch eine von der Urkunde abweichende Praxis geheilt werden. Der Zweck gemäss der Stiftungsurkunde war klar unzulässig.
Ob dies zur gänzlichen Rechtswidrigkeit der Stiftung führt oder durch eine Einschränkung des Zwecks eine blosse Teilnichtigkeit der Stiftung vorliegt, fällt dann aber in die Zuständigkeit des Zivilgerichts.9 Das Bundesgericht legt nicht dar, wie nun weiter vorzugehen ist. Die Stiftung muss wohl nun eine Änderung des Zwecks anstreben und gegebenenfalls selbst ans Zivilgericht gelangen.
2. Familienrecht
2.1 Allgemeine Wirkungen der Ehe
Heben die Ehegatten den gemeinsamen Haushalt auf, ist zu regeln, wer in der bisherigen Wohnung bleibt. In erster Linie entscheiden die Ehegatten.10 Können sie sich nicht einigen, kann jeder vom Eheschutzgericht eine entsprechende Regelung verlangen.11 Das Gericht hat dabei die Interessen beider Parteien gegeneinander abzuwägen. Es ist zu prüfen, wem die bisherige Wohnung mit Blick auf die persönlichen Bedürfnisse von «grösserem Nutzen»12 ist.
Ist der Nutzen für beide in etwa gleich gross, ist zu prüfen, wem ein Umzug eher zuzumuten ist. Dabei sind insbesondere der Gesundheitszustand und eine enge Bindung an die bisherige Wohnung beziehungsweise den konkreten Wohnort zu berücksichtigen. Das Bundesgericht führt auch fortgeschrittenes Alter als Kriterium an,13 was aber kaum überzeugen kann. Mit Blick auf künftige Pflegebedürftigkeit wäre dies eher ein Grund, der jüngeren Partei die Wohnung zuzuweisen. Sofern es darum geht, dass die Wohnung mit Blick auf Altersgebrechen besonders geeignet ist, handelt es sich um eine Frage der Gesundheit, nicht des Alters. Selbstverständlich sind immer auch die Interessen allfälliger Kinder zu berücksichtigen.14
Diese Kriterien ergeben nur Sinn, wenn noch beide Ehegatten die bisherige Wohnung nutzen. Allerdings kann der Umstand, dass ein Ehegatte die Wohnung vorübergehend verlassen hat, namentlich um einer nicht mehr erträglichen Situation zu entgehen, oder vom Eheschutzgericht superprovisorisch ausgewiesen worden ist, kein Grund sein, systematisch die Wohnung dem andern zuzuweisen.15
Demgegenüber sind wirtschaftliche Gründe für die Wohnungszuteilung in der Regel nicht von Bedeutung. Zu prüfen ist allerdings, ob der die Wohnung fordernde Ehegatte diese finanziell tragen kann. Führen die genannten Kriterien zu keinem klaren Ergebnis, ist auf die sachen- beziehungsweise obligationenrechtliche Berechtigung abzustellen. Sie ist dann dem Eigentümer der Immobilie beziehungsweise sonst Nutzungsberechtigten zuzuteilen.16 Entsprechend war im konkreten Fall die Zuweisung der Wohnung an den Ehemann als Eigentümer nach einer Übergangszeit nicht zu beanstanden.17
Mit Blick auf diese Kriterien schützte das Bundesgericht die Zuweisung einer grossen Liegenschaft an den Ehemann, obgleich die Ehegatten das Haus in Miteigentum erworben hatten. Zweck des gemeinsamen Kaufs war, dass der Ehemann seine Beratungsfirma in dieser Liegenschaft unterbringen konnte. Zudem wollte die volljährige Tochter mit dem Vater zusammen das Haus weiter bewohnen.18
Ein Ehepaar hatte eine klassische Rollenaufteilung und lebte in der Villa, die im Eigentum der Ehefrau stand. Der Ehemann, der für den gesamten Unterhalt der Familie aufkam, beglich diverse Investitionen (neue Küche, Schwimmbad, neue Böden). Da die Ehegatten Gütertrennung vereinbart hatten und somit auch keine Mehrwertanteile nach Artikel 206 ZGB zur Diskussion standen, machte er für diese Beträge einen Anspruch nach Artikel 165 ZGB geltend.19
Gemäss dieser Bestimmung hat ein Ehegatte, der aus seinem Einkommen oder Vermögen an den Unterhalt der Familie bedeutend mehr beigetragen hat, als er verpflichtet war, Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Das Bundesgericht wies wie die Vorinstanz diesen Anspruch ab.20 Mit Blick auf die gewählte Aufgabenteilung, nach welcher der Ehemann vollständig für den Finanzbedarf der Familie aufzukommen hatte, waren diese Ausgaben ein gewöhnlicher Beitrag an den Unterhalt der Familie nach Artikel 163 ZGB, auch wenn die Ehefrau als Eigentümerin der Liegenschaft von den entsprechenden Mehrwerten profitierte.
2.2 Unterhalt
2.2.1 Im Eheschutz und als vorsorgliche Massnahme
Wird ein Scheidungsurteil im Scheidungspunkt rechtskräftig, ist aber der nacheheliche Unterhalt noch streitig, gelten die vorsorglichen Massnahmen bis zum Entscheid zum Unterhalt weiter. Das Scheidungsgericht kann festlegen, ab welchem Zeitpunkt der nacheheliche Unterhalt geschuldet ist. Dieser kann aber nicht weiter zurückliegen als die Rechtskraft des Scheidungsurteils im Scheidungspunkt.21
Das Bundesgericht hatte Gelegenheit, die Grundsätze festzuhalten, wann das Scheidungsgericht als vorsorgliche Massnahme den vom Eheschutzgericht festgesetzten Unterhalt abändern kann.22 Das ist nur möglich, wenn sich die Verhältnisse seit dem Eheschutzentscheid wesentlich und dauernd geändert haben.23 Überdies rechtfertigt sich eine Abänderung auch, wenn sich der dem Eheschutzentscheid zugrundeliegende Sachverhalt im Nachhinein als falsch oder nicht gerechtfertigt erweist, weil dem Gericht die Tatsachen nicht zuverlässig bekannt waren.24
Demgegenüber rechtfertigen Veränderungen, die bereits im Zeitpunkt des zugrundeliegenden Urteils voraussehbar waren und bei der Festsetzung des abzuändernden Unterhaltsbeitrages berücksichtigt worden sind, keine Abänderung.25 Das gilt auch, wenn die Parteien mit Blick auf einen unsicheren Sachverhalt einen Vergleich abgeschlossen haben und sich der Sachverhalt dann zugunsten der einen oder anderen Partei klärt.26
Im Eheschutzverfahren geht es immer um den ehelichen Unterhalt nach Artikel 163 ff. ZGB und nicht um den Unterhalt nach Artikel 129 ff. ZGB. Insofern ist die bisherige Aufgabenteilung und Lebenshaltung unabhängig von der Lebensprägung fortzuführen. Das gilt nur, solange eine «vernünftige Aussicht auf eine Wiederaufnahme des Ehelebens durch die Parteien» besteht.27 Andernfalls ist der Unterhalt nach den Kriterien für den Scheidungsunterhalt festzulegen. Auszugehen ist immer vom «angemessenen Unterhalt». Der während der Ehe gelebte Standard bildet in jedem Fall das Maximum.28
Eine Ehefrau hatte ihre Unterhaltsforderung mit der einstufigen Methode aufgrund des während des Zusammenlebens erzielten Einkommens berechnet. Die obere kantonale Instanz hatte ihr aber ein hypothetisches Einkommen angerechnet und deshalb einen tieferen Unterhalt zugesprochen. Sie machte vor Bundesgericht geltend, der Entscheid verletze den Anspruch auf Gleichbehandlung. Ihr müsse nun auch ein Anteil am durch das hypothetische Einkommen entstandenen Überschuss zugesprochen werden.
Das Bundesgericht wies ihre Beschwerde mit der prozessualen Begründung ab, mit dem hypothetischen Einkommen und dem zugesprochenen (reduzierten) Unterhaltsbeitrag, habe sie das Einkommen, das sie vor erster Instanz verlangt habe.29 Die Argumentation überzeugt nicht. Der Dispositionsgrundsatz betrifft den Betrag und nicht das wirtschaftliche Resultat.
2019 hatte das Bundesgericht entschieden, dass eine Scheidungskonvention auf Vorrat geschlossen werden kann30 und die Parteien «grundsätzlich» binde, «freilich unter Vorbehalt der späteren Genehmigung durch das Scheidungsgericht».31 Diese Auffassung hat das Bundesgericht nun auch auf die Trennungsvereinbarung und damit auf den ehelichen Unterhalt übertragen.32
Beachtlich ist allerdings, dass die Vorinstanz im konkreten Fall nicht auf die schriftliche Vereinbarung der Parteien abstellte, sondern auf die von den Parteien davon abweichend vorgenommenen Zahlungen. Damit hätten die Parteien die Unterhaltsvereinbarung konkludent abgeändert,33 was das Bundesgericht als Argumentation in keiner Weise beanstandete.
Das führt zur kaum haltbaren Rechtslage, dass die Ehegatten zur Regelung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse einen öffentlich beurkundeten Ehevertrag benötigen, jedoch sowohl eine Scheidungskonvention wie auch eine Regelung des ehelichen Unterhalts formlos verbindlich vereinbart werden kann. Die Verbindlichkeit einer möglicherweise bloss konkludenten Vereinbarung bezüglich des Ehegattenunterhalts wird wohl auch im Betreibungsrecht bei der Berechnung des Notbedarfs eines verheirateten Schuldners Bedeutung erlangen.
In anderen Entscheiden ist das Bundesgericht dann zu Recht zurückhaltender und weist das Gericht lediglich an, «de partir de la convention, expresse ou tacite, que les conjoints ont conclue au sujet de la répartition des tâches et des ressources entre eux».34 Anschliessend muss es aufgrund der konkreten wirtschaftlichen Umstände nach den bekannten Grundsätzen den Unterhalt berechnen. Von einer Bindung an die Vereinbarung der Parteien ist hier nicht mehr die Rede.35
2.2.2 Grundsätze für den Scheidungsunterhalt
Die Lebensprägung der Ehe ist nach wie vor entscheidend. Ist ein positives Interesse (bei Lebensprägung) oder ein negatives Interesse (ohne Lebensprägung) zu vergüten? Die Lebensprägung kann indessen nicht ausschliesslich mit gemeinsamen Kindern begründet werden.36 Bei Lebensprägung haben beide Ehegatten einen Anspruch, die bisherige Lebenshaltung weiterzuführen, auch die bisherige Aufgabenteilung ist grundsätzlich weiterzuführen. Allerdings ist das in Artikel 125 Absatz 1 ZGB verankerte Primat der Eigenversorgung einzubeziehen.37
Ein Ehegatte kann sich nicht darauf berufen, während der Ehe keine Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben und deshalb auch nach der Scheidung keine aufnehmen zu müssen. Der Kontinuität der während der Ehe gelebten Aufgabenteilung ist mit dem Schulstufenmodell genüge getan. Einem mit der Kinderbetreuung hauptsächlich befassten Elternteil ist im Regelfall ab der obligatorischen Schulpflicht des jüngsten Kindes eine Erwerbsarbeit von 50 Prozent, ab dessen Übertritt in die Sekundarstufe I eine solche von 80 Prozent und ab dessen Vollendung des 16. Lebensjahres ein Vollzeiterwerb zumutbar.38
Teilen sich die Eltern die Betreuung, ist nur die entsprechend reduzierte Beeinträchtigung in der Erwerbstätigkeit durch die Kinderbetreuung zu berücksichtigen.39 Von diesen Richtlinien kann aufgrund von Besonderheiten des einzelnen Falls ausnahmsweise abgewichen werden.40 Kriterien dafür sind namentlich die Ausbildung, das Alter und die Gesundheit.41 Inwiefern diese Umstände die Zumutbarkeit betreffen, ist allerdings schwer verständlich. Es geht vielmehr um die tatsächliche Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit. Ist das Regelrentenalter erreicht, wird eine Erwerbstätigkeit grundsätzlich unzumutbar.
Das Scheidungsgericht muss nicht nur über die Höhe, sondern auch über die Dauer der Leistungspflicht entscheiden. Massgebend sind die in Artikel 125 ZGB aufgeführten Kriterien.42 Besondere Bedeutung kommt der Dauer des ehelichen Zusammenlebens und der Frage zu, ob mit der Aufgabe des gemeinsamen Haushalts die Gegenleistung des Unterhaltsfordernden entfällt.43 Schuldnerseitig ist zu prüfen, ob er von der Aufgabenteilung in der Ehe für sein eigenes wirtschaftliches Fortkommen profitiert hat.44
Bezüglich des Unterhaltsgläubigers ist massgebend, ob er seine Erwerbstätigkeit in dem Masse wiederherstellen und ausschöpfen kann, wie sie wäre, wenn er nicht gestützt auf die gemeinsame Lebensplanung seine Arbeitstätigkeit aufgegeben beziehungsweise eingeschränkt hätte.45
2.2.3 Hypothetisches Einkommen und hypothetische Kosten
Eine während der Ehe nicht oder nur beschränkt erwerbstätige Partei muss sich aufgrund des Primats der Eigenversorgung46 ein hypothetisches Erwerbseinkommen anrechnen lassen. Allerdings muss die Aufnahme oder der Ausbau einer Erwerbstätigkeit zumutbar und tatsächlich möglich sein.47 Die Zumutbarkeit richtet sich grundsätzlich nach dem Schulstufenmodel. Sie kann vom Bundesgericht als Rechtsfrage überprüft werden. Demgegenüber sind die Fragen, welche Erwerbstätigkeit möglich ist und welches Einkommen damit erzielt werden kann, Tatfragen, die das Bundesgericht nur auf Willkür prüft. Welche Kriterien dabei zu berücksichtigen sind, ist dann eine Rechtsfrage.48
Das Bundesgericht erwähnt namentlich Alter, Gesundheitszustand, Ausbildung,49 Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, persönliche und geografische Flexibilität sowie die Lage auf dem Arbeitsmarkt.50 Liegt eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung vor, muss unter Umständen von einem hypothetischen Einkommen abgesehen werden, auch wenn keine Invalidität vorliegt, weil die Erwerbsunfähigkeit noch nicht lange genug gedauert hat und sehr wohl Hoffnung auf Heilung besteht.51
2.2.4 Rückforderung von Unterhaltsleistungen
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt erlischt unter Vorbehalt anderer Vereinbarung mit der Wiederverheiratung des Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen.52 Bezahlt der Schuldner den Unterhalt weiter, weil er von der Wiederverheiratung nichts weiss, kann er die entsprechenden Beträge wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen. Zurecht wird in der Lehre auch die Meinung vertreten, der Gläubiger habe eine Informationspflicht, womit die Rückforderung auch auf Verletzung dieser Informationspflicht beruhen kann.53
Dazu musste das Bundesgericht indessen nicht Stellung nehmen.54 Streitig war, wann der Schuldner von der Heirat der Gläubigerin Kenntnis hatte. Da sich die Rückforderung auf Artikel 63 OR stützt, muss der Rückfordernde beweisen, dass er sich über seine Schuldpflicht irrte.55
2.3 Vorsorgeausgleich
Bei Scheidungen ist heute die Altersvorsorge zentral. Die Anwartschaften in der AHV werden grundsätzlich sozialversicherungsrechtlich gesplittet.56 Die Dritte Säule – steuerbegünstigt oder nicht – wird güterrechtlich geteilt. Für die berufliche Vorsorge hat das Scheidungsrecht eine eigene Regelung gefunden.57 Das Zusammenwirken dieser drei Bereiche bereitet Schwierigkeiten.
Das ist vor allem dann der Fall, wenn ein Ehegatte Vorsorgegelder bar bezieht, insbesondere für Wohneigentum. Diese Gelder bleiben in der beruflichen Vorsorge gebunden, bis ein Vorsorgefall eintritt, und müssen folglich im Vorsorgeausgleich geteilt werden.58 Anschliessend kann über sie frei verfügt werden, und sie vermischen sich mit dem ungebundenen Vermögen.
Das Bundesgericht hat entschieden, dass diese Kapitalien, obgleich sie mit dem allgemeinen Vermögen vermischt sind, nach wie vor «ausschliesslich» dem Vorsorgeausgleich nach Artikel 122 ZGB unterstehen.59 Im beurteilten Fall war das «ausschliesslich» einfach zu handhaben, weil die Ehegatten der Gütertrennung unterstanden. Wie allerdings die Abgrenzung zur güterrechtlichen Auseinandersetzung bei der Errungenschaftsbeteiligung erfolgen soll, bleibt offen. Damit werden auch Güterrecht und Vorsorge vermischt, und die Lösung widerspricht dem Wortlaut von Artikel 122 ZGB.
Er handelt von «Ansprüchen aus der beruflichen Vorsorge» und nicht von der Altersvorsorge allgemein.
Die Teilung kann dann allerdings nicht aus Mitteln der beruflichen Vorsorge erfolgen. Diesen Kapitalien ist folglich nur im Rahmen der angemessenen Entschädigung nach Artikel 124e Absatz 1 ZGB Rechnung zu tragen.60 Allerdings greift das Bundesgericht dann wieder zum Güterrecht, indem es nicht den ganzen Betrag des Vorbezuges in die Teilung einbezieht, sondern analog Artikel 207 Absatz 2 ZGB jenen Teil ausnimmt, der dem Rentenbetreffnis entspricht, das noch auf die Zeit zwischen dem Wegfall der Bindung und der Scheidung fällt.61
Für die dafür massgebliche Umrechnung in eine Rente ist der Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils massgebend.62 Allerdings hat es mit dieser Rechnerei für die Teilung nicht sein Bewenden. Vielmehr ist in einem weiteren Schritt das Ergebnis unter Berücksichtigung der Vorsorgebedürfnisse und der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung zu gewichten.63
2.4 Güterrecht
Unterstehen die Ehegatten der Errungenschaftsbeteiligung, ist in einer Scheidung immer die Errungenschaft nicht nur gegen das Eigengut, sondern auch gegenüber dem nach Auflösung des Güterstands erworbenen Vermögen abzugrenzen.64 Das von der Heirat bis zur Auflösung des Güterstands erworbene Arbeitseinkommen fällt in die Errungenschaft.65 Deshalb ist entscheidend, wann das Erwerbseinkommen erzielt worden ist. Meist bereitet dies nicht Schwierigkeiten, da der Lohn monatlich auszurichten ist.66 Von daher ist es wirtschaftlich ohne relevante Bedeutung, ob der Zeitpunkt der Arbeitsleistung oder der Fälligkeit massgeblich ist. Keine Klarheit besteht bezüglich des 13.
Monatslohns und allfälligem Ferienlohn für nicht bezogene Ferien. Ist ein Anteil am Geschäftsergebnis oder eine Provision vereinbart, kann die Fälligkeit ohne weiteres erst ein Jahr nach der Arbeitsleistung eintreten.67 Noch heikler wird die Frage bei Bonusregelungen, wenn nicht Bargeld versprochen ist, sondern der Bonus aus gesperrten Optionen besteht, die erst nach einigen Jahren ausgeübt werden und auch verfallen können. Die Frage, wann diese Vermögenswerte erworben sind, stellt sich nicht nur bezüglich der im Scheidungszeitpunkt laufenden Optionen. Vielmehr kann sich auch die Frage stellen, ob sie vor oder erst nach der Heirat erworben worden sind.
Die Parteien stritten, ob der Bonus Eigengut sei oder nicht.68 Dabei ging es allerdings nicht um die erwähnte Frage. Die Parteien waren sich einig, dass er während der Ehe erworben worden war. Der Ehemann hatte aber geltend gemacht, der Ehevertrag sehe vor, dass die Boni Eigengut seien, und es bestehe deshalb eine Ersatzforderung seines Eigenguts gegenüber der Errungenschaft in der Höhe der ausgerichteten Boni. Die erste Instanz hatte dies abgewiesen.
Die Ausrichtung des Bonus sei nicht nachgewiesen und für den Fall, dass sie ausgewiesen sei, fehle es am Nachweis, dass das Geld verbraucht worden sei. Auf die vom Ehemann dagegen gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht aus prozessualen Gründen nicht ein. Wie ein Bonus güterrechtlich zu behandeln ist, entschied es folglich nicht. Das ganze Verfahren erstaunt. Ein Bonus ist definitionsgemäss Gegenleistung für eine Arbeitsleistung und fällt damit nach Artikel 197 Absatz 2 Ziffer 1 ZGB in die Errungenschaft und nicht in das Eigengut. Es ist unbestritten, dass die Umschreibung von Eigengut und Errungenschaft nicht der Autonomie der Parteien untersteht und keiner vertraglichen Vereinbarung zugänglich ist.
Einzige Ausnahme bildet Artikel 199 ZGB, der es erlaubt, in einem Ehevertrag Vermögenswerte der Errungenschaft, die für die Ausübung eines Berufs oder den Betrieb eines Gewerbes bestimmt sind, und die Erträge des Eigenguts zu Eigengut zu erklären. Demgegenüber kann der Arbeitserwerb ehevertraglich nicht zu Eigengut erklärt werden.69
2.5 Kindesrecht
2.5.1 Entstehung des Kindesverhältnisses
Es gibt verschiedene Arten von Elternschaft. Einerseits gibt es die biologische Elternschaft. Vaterseits ist diese identisch mit der genetischen. Mutterseits lässt sich bei einer Eispende biologisch zwischen der genetischen und der gebärenden Mutter unterscheiden. Andererseits gibt es die soziale Elternschaft. Erwachsene kümmern sich um das Kind und bauen damit eine emotionale Eltern-Kind-Beziehung auf.70
Auf diesen beiden Arten der Elternschaft aufbauend, mit diesen aber nicht identisch ist schliesslich das rechtliche Kindesverhältnis, das durch Geburt, Ehe mit der Gebärenden, Anerkennung, Vaterschaftsurteil oder Adoption zustande kommt.71 Bis zur Revision des Kindesrechts von 1976 war zudem bezüglich des Rechtsverhältnisses zum Vater zwischen drei unterschiedlichen Arten von Kindesverhältnissen zu unterscheiden: Es gab einerseits das eheliche, andererseits das aussereheliche Kindesverhältnis72 und schliesslich die blosse Zahlvaterschaft.73
Die Zahlvaterschaft begründete kein rechtliches Kindesverhältnis, sondern bloss eine Zahlungsverpflichtung des Vaters. Mit der Revision des Kindesrechts von 1976 hat der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen ehelichen und ausserehelichen Kindern beseitigt. Die Gleichstellung der ehelichen und der ausserehelichen Kinder mit Standesfolge erfolgte für die vor Inkrafttreten des neuen Rechts geborenen Kinder von Gesetzes wegen, weil es sich diesbezüglich nicht um den Bestand, sondern um die Wirkung eines Kindesverhältnisses handelte.74
Demgegenüber sah das Übergangsrecht bezüglich der blossen Zahlvaterschaften keine automatische Umwandlung vor. Vielmehr mussten diese Kinder mit einer neuen Gestaltungsklage das Kindesverhältnis feststellen lassen. Für die Klage galt eine Verwirkungsfrist von zwei Jahren.75
Eine 1958 geborene Person machte in einem Nachlass geltend, die Umwandlung der blossen Zahlvaterschaft in ein rechtliches Kindesverhältnis müsse von Gesetzes wegen beziehungsweise in einem Erbprozess vorfrageweise erfolgen. Das Bundesgericht wies dies ab. Ob die Befristung der Klage vor Artikel 8 und 14 EMRK standhält, musste es mangels Vaterschaftsklage nicht beurteilen. Es hielt aber ausdrücklich fest, dass analog Artikel 263 Absatz 3 ZGB eine verspätete Klage unter Umständen noch zugelassen werden müsste.76
Die Vaterschaftsklage ist auch nach Ablauf der Frist gemäss Artikel 263 Absatz 3 ZGB zuzulassen, wenn das Kind erst später Kenntnis des Abstammungsverhältnisses erhält. Dabei sind hohe Anforderungen an die Kenntnis des Abstammungsverhältnisses zu stellen. Die Klageerhebung ohne Kenntnis der erforderlichen tatsächlichen Grundlagen ist nicht zuzumuten. Es muss eine «quasi-certitude» bestehen.77
Der Kläger hatte seine Mutter mehrfach gefragt, wer sein Vater sei. Sie gab ihm diesen aber erst bekannt, als er 24 Jahre alt war. Der Sohn glaubte es und nahm ungefähr fünf Monate später mit dem mutmasslichen Vater Kontakt auf, der seine Vaterschaft bestritt. Nach weiteren drei Monaten reichte er die Vaterschaftsklage ein. Im Gegensatz zur Vorinstanz sah das Bundesgericht die Klagefrist als nicht verwirkt an. Die Information durch die Mutter habe keine ausreichende Sicherheit gebracht und der Kläger habe vor der Klageerhebung «nicht nur über die Frage seiner Abstammung, sondern auch über die Risiken und Folgen einer Klage und der Herstellung eines rechtlichen Kindesverhältnisses zu dem ihm bisher völlig unbekannten Beschwerdegegner klar werden»78 müssen.
Zudem hielt das Bundesgericht fest, dass bei Verwirkung kein Nichteintretensentscheid hätte gefällt werden dürfen, sondern eine Klageabweisung hätte erfolgen müssen. Artikel 263 ZGB enthält eine Verwirkungs- und nicht eine Verjährungsfrist, sodass bei deren unbenutztem Verstreichen der Anspruch untergeht und ein materielles Urteil zu fällen ist.79
Die übergangsrechtliche Regelung in Artikel 13a des Schlusstitels des ZGB gehört nicht zum materiellen ordre public. Eine Umwandlung eines ausserehelichen Kindesverhältnisses von Gesetzes wegen nach deutschem Recht ist in der Schweiz ohne weiteres zu anerkennen.80
2.5.2 Unterhalt
Die zweistufige Unterhaltsberechnungsmethode (Berechnung des familienrechtlichen Notbedarfs und Teilung des Überschusses) ist unabhängig vom Zivilstand der Eltern anzuwenden. Wie ist aber der Überschuss zu verteilen, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind und folglich dem andern Elternteil kein Unterhalt geschuldet ist? Die Verteilung hat gemäss Bundesgericht81 nach «grossen und kleinen Köpfen» zu erfolgen, wobei die grossen den Elternteil bezeichnen und die kleinen die Kinder, die nur als «kleine Köpfe» zählen.
Sind die Eltern verheiratet, sind zwei «grosse» und je Kind ein «kleiner Kopf» zu berücksichtigen. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, gibt es eigentlich nur einen «grossen» Kopf, nämlich den Unterhaltsschuldner. Weil ausserhalb einer Ehe geborene Kinder nicht schlechtergestellt werden dürfen als in einer Ehe geborene, ist gemäss Bundesgericht nun aber nur ein «grosser» Kopf in die Berechnung einzubeziehen.82 Damit werden aber aussereheliche bessergestellt als eheliche Kinder.
Die Kosten für die eigene Betreuung des Kindes sind auch Kinderkosten. Dem trägt der Betreuungsunterhalt Rechnung, der zum Barunterhalt hinzutritt und die Einbusse abdeckt, die einem Elternteil entsteht, weil er wegen der Kinderbetreuung nicht mit seinem Arbeitserwerb sein familienrechtliches Existenzminimum decken kann.83 Der Betreuungsunterhalt steht rechtlich dem Kind zu, wirtschaftlich aber dem betreuenden Elternteil.84 Kann dieser sein Einkommen wider Erwarten steigern, sind die Unterhaltsbeiträge des andern Elternteils zu senken. Der Kindesunterhalt ist aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Lage der Eltern nach der zweistufigen Methode neu zu berechnen.85
2.5.3 Kinderzuteilung
Die gemeinsame elterliche Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern stellt unabhängig von der spezifischen familienrechtlichen Konstellation den Grundsatz dar. Davon ist nur abzuweichen, wenn eine andere Lösung die Interessen des Kindes besser wahrt.86 Das muss die Ausnahme bleiben.87 Für die Alleinsorge brauchen aber die Voraussetzungen der Artikel 311 f. ZGB nicht erfüllt zu sein.88
Sie rechtfertigt sich auch bei einem dem Kind nicht mehr zumutbaren Dauerkonflikt zwischen den Eltern.89 Die Alleinsorge kann sich auch rechtfertigen, wenn ein Elternteil eine Gefängnisstrafe absitzen muss und damit für eine lange Zeitdauer abwesend ist.90 Allerdings kommt ein Entzug des Sorgerechts in einem solchen Fall nur in Frage, wenn der Sorgeberechtigte auf Dauer und nicht absehbar nur vorübergehend an der pflichtgemässen Ausübung des Sorgerechts ausserstande ist.91
Üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, muss das Gericht auf Antrag die Möglichkeit einer alternierenden Obhut prüfen.92 Obhutsberechtigt kann ein Elternteil nur sein, wenn er auch sorgeberechtigt ist.93 Es gibt nur noch die «faktische Obhut», die sich in der täglichen Betreuung des Kindes und in der Ausübung der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit seiner Pflege und seiner laufenden Erziehung äussert und damit mit der Betreuung identisch ist.94 Die Obhut ist alternierend, wenn die Eltern die Betreuung des Kindes etwa gleichwertig aufteilen. Es braucht nicht eine exakt hälftige Teilung der Betreuungszeit zu sein.95
Zu formalistisch ist die Ansicht, die alternierende Obhut sei nur dann zu prüfen, «wenn ein Elternteil sein Kind auch unter der Woche betreuen möchte, anstatt es nur übers Wochenende zu sich auf Besuch zu nehmen», weil es dann «nicht mehr nur um den persönlichen Verkehr des nicht obhutsberechtigten Elternteils mit dem Kind» gehe, «sondern um Betreuungsanteile im Sinne von Artikel 298b Absatz 3ter ZGB, mithin um die Obhut selbst».96
Massgebend kann nicht der Wochentag sein, sondern welche Aufgaben und welche Erziehungsverantwortung ein Elternteil bereit ist, auszuüben. Das kann, braucht aber nicht vom Wochentag abzuhängen. Es ist zu beachten, dass bei schulpflichtigen Kindern der Anteil der Drittbetreuung während der Arbeitswoche – durch die Schule – wesentlich grösser ist als an Wochenenden.
Damit eine alternierende Obhut angeordnet werden kann, müssen beide Eltern erziehungsfähig sein, in Kinderbelangen laufend miteinander kommunizieren und im Hinblick auf die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen kooperieren können.97 Probleme bei der Kooperation sind nur dann ein Argument gegen die alternierende Obhut, wenn sie durch eine Alleinobhut behoben oder wenigstens in relevantem Ausmass gemindert werden können.98 Im Weiteren sind das Alter der Kinder, ihre Einbettung in das soziale Umfeld und Kontakte zu Geschwistern und weiteren Verwandten zu beachten.99 Zudem sind die Wünsche der Kinder zu berücksichtigen.100
Schliesslich muss das Alternieren auch von den geografischen Gegebenheiten her möglich sein und darf nicht dem Bedürfnis der Kinder nach Kontinuität beziehungsweise Stabilität widersprechen.101 Keine Rolle dürfen pönale Elemente spielen. Es geht nicht darum, ein Fehlverhalten einer Partei zu bestrafen.102 Sind beide Eltern massgeblich an der Betreuung beteiligt, ist die gemeinsame Obhut anzuordnen. Es muss dafür kein besonderes Interesse geltend gemacht werden.103 Haben die Eltern alternierende Obhut, steht kein Besuchsrecht mehr zur Diskussion.104 Grundsätzlich sind dann die Betreuungsgutschriften bei der AHV/IV zu teilen.105
2.5.4 Recht zur Bestimmung des Aufenthalts
Will ein Elternteil bei gemeinsamer Sorge den Aufenthaltsort des Kindes (in relevantem Umfang) ändern, braucht er die Einwilligung des andern beziehungsweise des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde.106 Das Bundesgericht hatte Gelegenheit, festzuhalten, dass die Verletzung dieser Bestimmung allerdings zivilrechtlich sanktionslos bleibt.107 Entsprechend rechtfertigt ein solches rechtswidriges Vorgehen nicht per se eine Obhutszuteilung an den andern Elternteil. Für diesen ist das eine unbefriedigende Rechtslage, weil mit dem rechtswidrigen Verhalten für die Kinderzuteilung wichtige Tatsachen geschaffen werden können.108
Artikel 301a ZGB schränkt die Niederlassungsfreiheit eines Elternteils nicht ein. Seinen eigenen Wohnsitz kann er ohne Zustimmung des andern Elternteils verlegen. Entsprechend ist unter dem Blickwinkel des Kindeswohls zu prüfen, welchem Elternteil nach dem Ortswechsel die Obhut zugewiesen werden soll. Haben sich die Eltern zu ungefähr gleichen Teilen die Betreuung geteilt und sind beide bereit, die Betreuung auch in Zukunft auszuüben, muss nach den allgemeinen Kriterien für die Zuteilung des Sorgerechts und der Obhut entschieden werden, ob der Wegzug des Kindes zu bewilligen ist.109
Will ein Elternteil mit alleiniger Obhut oder bisher überwiegender Betreuung wegziehen, ist es von Bedeutung, dass das Kind mit diesem Elternteil am neuen Ort weiterhin zusammenlebt. Es wird in der Regel im Kindesinteresse sein, mitumzuziehen,110 sofern dieser Elternteil am neuen Wohnort eine ähnliche Betreuung garantieren kann und der Umzug das Kindeswohl nicht gefährdet.111 Allerdings geht es nicht um die Kontinuität einer bisherigen Situation, weil mit dem Wegzug des einen Elternteils eine neue Sachlage eingetreten ist.112
2.5.5 Persönlicher Verkehr mit Dritten
Liegen ausserordentliche Umstände vor, kann der Anspruch auf persönlichen Verkehr auch anderen Personen als den Eltern – namentlich den Grosseltern113 – eingeräumt werden, falls es dem Kindeswohl dient.114 Solche ausserordentlichen Umstände liegen aber nicht schon im Umstand, dass die Kindeseltern jeden Kontakt zu den Grosseltern abgebrochen haben, sofern sie keine Erziehungsdefizite aufweisen.115 Demgegenüber bestehen solche Umstände sehr wohl, wenn das Kind zusammen mit der Mutter getrennt vom Vater bei den Grosseltern gelebt hat und die Mutter stirbt. Erhält der überlebende Vater nun die Alleinobhut, ist den Grosseltern ein übliches Besuchsrecht einzuräumen.116
2.6 Erwachsenenschutz
Wird eine fürsorgerische Unterbringung oder Zurückbehaltung117 ärztlich angeordnet, so ist in einem Beschwerdeverfahren die entsprechende Ärztin und nicht die Klinik als Gegenpartei im Rubrum aufzuführen.118 Ob bezüglich einer Person, die sich freiwillig in einer Klinik aufhält, überhaupt eine fürsorgerische Unterbringung angeordnet werden kann, konnte das Bundesgericht offenlassen, weil die Patientin in der Zwischenzeit aus der Klinik ausgetreten war.119
3. Erbrecht
Damit jemand gesetzlicher Erbe sein kann, muss eine rechtliche Familienbeziehung bestehen. Eine Zahlvaterschaft genügt nicht. Diese muss zuerst durch Klage oder Anerkennung in ein rechtliches Kindesverhältnis umgewandelt worden sein. Erst dann können erbrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden.120
Erben können die Erbschaft innert einer Frist von drei Monaten seit Kenntnis des Erbfalls ausschlagen – bei eingesetzten Erben ist das in der Regel mit Erhalt der amtlichen Mitteilung der Fall.121 Ist ein Sicherungsinventar nach Artikel 553 ZGB aufgenommen worden, beginnt die Frist erst mit der behördlichen Mitteilung des Abschlusses des Inventars.122 Aus wichtigen Gründen kann die Behörde die Frist verlängern oder neu ansetzen.123 Auch wenn in diesen Verfahren gemäss Artikel 255 litera b ZPO der Untersuchungsgrundsatz gilt, hat ein Erbe, der einen wichtigen Grund für eine neue Frist geltend machen will, den rechtfertigenden Sachverhalt zu beweisen.
Dass die Nachkommen erst drei Jahre nach dem Erbgang von der Witwe des Erblassers an einem kurzen Telefon von einem Nachsteuerverfahren Kenntnis erhalten haben, ist unwahrscheinlich, sodass sich das Ansetzen einer neuen Ausschlagungsfrist nicht rechtfertigen lässt.124
Nicht nur für die Zusammensetzung, sondern auch für die Berechnung des Werts des Nachlasses ist der Todestag massgebend.125 Die Erbteilung erfolgt dann allerdings aufgrund der Werte im Zeitpunkt der Teilung. Das ist für Grundstücke ausdrücklich festgehalten.126 Es gilt aber auch für die anderen Nachlassaktiven. Können sich die Erben bezüglich eines Grundstücks nicht über diesen Wert einigen, wird der Anrechnungswert durch amtliche Schätzung festgelegt.127 Dauert das Teilungsverfahren nachher noch an, darf immer noch auf diesen Schätzungswert abgestellt werden, wenn sich die Erben nicht auf eine neue Schätzung einigen.128
Eine lebzeitige Zuwendung kann ein Erbe nur herabsetzen lassen, wenn er dem Wert nach seinen Pflichtteil nicht erhalten hat.129 Dabei muss er sich auf seinen Pflichtteil alles anrechnen lassen, was er zu Lebzeiten erhalten hat und nach Artikel 626 Absatz 1 oder 2 ZGB der Herabsetzung unterliegt. Das gilt auch dann, wenn dem Ausgleichungsschuldner kein Ausgleichungsgläubiger gegenübersteht, der die Ausgleichung verlangen könnte. Relevant ist einzig, dass die Zuwendungen objektiv ausgleichungspflichtig wären.130
Fussnoten siehe PDF.