Die Software Judocu bildet ein digitales Büchergestell ab, in das eigene PDF-Dokumente und im Judocu-Shop oder über die Homepage der Verlage Schulthess und Stämpfli gekaufte Bücher und Zeitschriften im Judocu-Format gestellt werden können. Unter den 1800 zum Kauf stehenden Werken kann man die entsprechende Literatur zum Preis des gedruckten Buches erwerben und sich so seine Fachbibliothek für den eigenen Rechtsbereich zusammenstellen. Mit einer Volltextsuche können alle integrierten Dokumente, zum Beispiel Rechtsschriften oder Urteile, die ein Anwalt in die Judocu-Bibliothek integriert hat, nach Stichworten abgefragt werden. Zudem kann man Notizen und Verlinkungen anbringen und alles offline nutzen.
Wer aber beispielsweise auch den Basler Kommentar zum OR in seine virtuelle Bibliothek stellen möchte, wird enttäuscht. Der Grund: Der bei Helbing und Lichtenhahn erschienene Kommentar ist auf Judocu nicht erhältlich. Der Basler Verlag stellt seine Bücher – bis auf wenige Ausnahmen – weder Judocu noch Swisslex zur Verfügung. Die Werke können zwar bei Helbing als E-Book erworben werden. Sie sind aber nicht in die Judocu-Bibliothek integrierbar. Ebenso verhält es sich mit anderen E-Books, die nicht im Judocu-Shop gekauft wurden. Grund: Viele Verlage setzen bei E-Books immer noch auf eigene Lösungen mit jeweils individuellen Zugriffsbeschränkungen, die Judocu nicht auflösen kann.
Für die Rechtsgebiete Haftpflicht- und Versicherungsrecht sowie Bau- und Immobilienrecht sind bei Judocu sogenannte Fachmodule erhältlich. Darin enthalten sind jedoch nicht Bücher, sondern Zeitschriften, Gesetze, Urteile und weitere Dokumente wie Statistiken und Weisungen zum Fachgebiet. «Der Service dieser Pakete besteht zum grossen Teil in der Redaktionsleistung, die wir erbringen. Der Nutzen liegt in der Zeitersparnis, weil alle Informationen an einem Ort recherchiert werden können», erklärt Roland Voss von der Leonardo Productions AG, die Judocu entwickelt hat. Neben den bestehenden Fachmodulen sind gemäss Voss weitere geplant, zum Beispiel im Steuer- und im Sozialrecht.
Judocu: Eigene Dokumente integrierbar
Wird in einer Kanzlei Judocu von mehreren Personen auf ihren jeweiligen Computern genutzt, muss für jeden Arbeitsplatz eine Software-Lizenz für 350 Franken gekauft werden. Ab einem Büchereinkaufswert von 1000 Franken ist die Software inklusive. Auch gewähren die Verlage laut Roland Voss Rabatte auf die Buchpreise. So müsse bei fünf Anwendern mit fünf Arbeitsstationen beispielsweise nur der doppelte und nicht der fünffache Buchpreis bezahlt werden. Zum Vergleich: Ein gedrucktes Buch können alle Mitglieder einer Kanzlei lesen, ohne dass ein Zuschlag geschuldet ist.
Wie sich im Test durch eine Anwältin gezeigt hat, ist die Benutzeroberfläche von Judocu übersichtlich und einfach. Die Suchmaschine funktioniert schnell und präzis. Weil die Daten lokal gespeichert sind, ist es auch ohne Online-Zugang möglich, Judocu zu nutzen.
Anders ist dies bei Swisslex. Dabei handelt es sich um eine Datenbank, auf die man online zugreifen kann. Neben der kantonalen Rechtsprechung und jener des Bundes hat man bei Swisslex Zugriff auf rund 60 Zeitschriften und 187 Gesetzeskommentare – total 410 000 Dokumente. Eine Auflistung aller Werke und Daten findet sich auf der Website. Anders als bei Judocu können keine eigenen Dateien ins System eingefügt werden.
Swisslex: Bis 15 Franken für einen Fachartikel
Wie sich im Anwendungstest eines Juristenteams gezeigt hat, sind Layout und Darstellung der Benutzeroberfläche übersichtlich, klar strukturiert und einfach zu handhaben. Die Stichwortsuche funktioniert gut. Werden zu viele Treffer ausgegeben, können sie durch weitere Stichworte eingeschränkt werden. Auch andere angefragte Anwälte bestätigen, dass sich die Trefferzahl in einer Grössenordnung bewegt, mit der es sich gut arbeiten lässt.
Die Kosten für Swisslex sind von der Häufigkeit der Zugriffe abhängig. Die Mindestgebühr für ein Standardabonnement beträgt 180 Franken pro Monat für bis zu drei Anwender. Die Anfangsgebühr für das Dauerabonnement wird nach sechs Monaten festgelegt und kann alle zwölf Monate wieder angepasst werden. Je nachdem ob im Vergleich zur Vorperiode mehr oder weniger Abfragen gemacht wurden, erhöht oder senkt sich die Gebühr für das Folgejahr. Die Nutzungsstatistik und der Listenpreis der abgefragten Daten werden dem Anwender jeweils angezeigt.
Die Berechnung der Monatsgebühr basiert auf Listenpreisen. Dafür wird zwischen der Suche und dem Öffnen eines Dokuments unterschieden. Die erste Suche kostet 11 Franken, die gleiche Abfrage innert 24 Stunden kostet nicht zusätzlich. Das Öffnen des Entscheids eines eidgenössischen Gerichts schlägt laut Liste mit einem Franken zu Buche. Will man den Aufsatz einer Fachzeitschrift lesen, kostet das 10 bis 15 Franken. Swisslex-Geschäftsführer Marc Bloch Sommer: «Generell gilt, je mehr Abfragen, desto tiefer die durchschnittlichen Transaktionspreise, da der Rabatt überproportional steigt.»
Navigator: Kommentare von Orell Füssli
Wie aus einer dunklen Computer-Vorzeit kommt im Vergleich zu Judocu und Swisslex der Navigator von Orell Füssli daher. Die Benutzeroberfläche ist eher unübersichtlich und man findet sich nur schwer auf den Trefferlisten zurecht, wie ein Praxistest ergab. Abrufbar sind lediglich die Kommentare von Orell Füssli, Bundesgerichtsentscheide, die Verwaltungspraxis der Bundesbehörden und der Rekurskommission EVD und der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen sowie ausgewählte Leitsätze kantonaler Entscheide von Gerichts- und Verwaltungsbehörden. Das Online-Abonnement kostet 375 Franken pro Jahr. Für jeden weiteren Nutzer kostet die Lizenzgebühr 100 Franken. Ist nur eine Lizenz gelöst worden, kann auch nur eine Person auf die Daten zugreifen.
Der Vergleich der drei Anbieter zeigt: Anwender müssen sich im Klaren sein, wofür sie eine Datenbank brauchen und wie man sie nutzen will. Mit Judocu lässt sich eine auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Bibliothek einrichten. Die gekauften Werke verbleiben im eigenen Eigentum. Mit Swisslex sind breite Recherchen in verschiedenen Rechtsgebieten möglich. Und Navigator bietet eine gute Stichwortsuche, aber nur in den von Orell Füssli herausgegebenen Kommentaren.
Im Anhang finden Sie eine eine Tabelle mit Einzelheiten zu den vorgestellten Archiven.