Aufgestiegen
Bernhard Rütsche, Dr. iur., Fürsprecher, ist per 1. August 2010 zum ordentlichen Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Luzern berufen worden. Zuvor hatte er eine Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds am Rechtswissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Der 40-Jährige studierte in Bern und Lausanne. 2009 habilitierte er zum Thema «Rechte von Ungeborenen auf Leben und Integrität. Die Verfassung zwischen Ethik und Rechtspraxis».
Andrea Opel, Dr. iur., ist per 1. August als Assistenzprofessorin für Steuerrecht an die Universität Luzern berufen worden. Die 31-Jährige studierte an der Universität Basel. 2006 bis 2010 war sie wissenschaftliche Assistentin an der Juristischen Fakultät der Universität Basel; seit 2008 wirkt sie teilzeitlich als Steuerspezialistin bei Meyerlustenberger Rechtsanwälte.
Oliver Diggelmann, Prof. Dr. iur., ist auf das Herbstsemester als Ordinarius für Völkerrecht, Europarecht, Öffentliches Recht und Staatsphilosophie an die Universität Zürich berufen worden. Zuletzt war der 43-Jährige Dekan der Fakultät für Vergleichende Rechts- und Staatswissenschaften der Andrassy Universität Budapest. Nach dem Studium in Zürich, Bern und Cambridge führten ihn Forschungsaufenthalte nach Berlin, Berkeley und an die Yale Law School.
André Sommer, lic. iur., Fürsprecher, ist per 1. April Partner bei Aarejura Rechtsanwälte mit Büros in Langenthal, Huttwil, Herzogenbuchsee und Olten geworden. Der 49-Jährige ist seit 1992 als Rechtsanwalt tätig und verfügt über forensische wie beratende Erfahrung. Das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt im Zivilrecht.
Beat Hess, Dr. iur., ist neuer Verwaltungsrat des Zementherstellers Holcim, Zürich. Die Generalversammlung vom 6. Mai wählte den 61-Jährigen für eine dreijährige Amtsperiode. Hess bleibt Chefjurist und Geschäftsleitungsmitglied des Erdölkonzerns Shell im niederländischen La Hague. Bis 2003 war er in derselben Funktion beim schwedisch-schweizerischen Elektrotechnikkonzern ABB tätig. Hess ist auch Mitglied des Verwaltungsrats des Nahrungsmittelmultis Nestlé in Vevey.
Barbara Brauchli Rohrer, lic. iur., eidg. dipl. Steuerexpertin, ist im Januar 2010 als Partnerin bei Wenger & Vieli in Zürich aufgenommen worden. Die 46-Jährige ist auf nationales und internationales Steuerrecht mit Schwerpunkt Mergers & Acquisitions spezialisiert. Zuvor war sie 14 Jahre bei PricewaterhouseCoopers tätig.
Urs Bärlocher, Dr. iur., 68, ist an der ausserordentlichen Generalversammlung des Pharmaunternehmens Alcon vom 16. August für drei Jahre als neuer Verwaltungsrat gewählt worden. Alcon stellt Augenheilmittel her und ist von Nestlé an die Basler Novartis verkauft worden. Nach dem Doktorat an der Universität Basel war Bärlocher als Steueranwalt tätig, bevor er 1973 zum Chemiekonzern Sandoz kam, dann Chefjurist des Basler Pharmakonzerns Novartis wurde und 2007 in den Ruhestand ging.
Natalie Peter, Dr. iur. LL.M., Rechtsanwältin mit Spezialisierung als Trust and Estate Practitioner (TEP), ist seit dem 1. April neue Partnerin bei Staiger, Schwald & Partner in Zürich. Die Fachgebiete der 40-Jährigen sind Steuerplanung, Steuerrecht, Trust Law, Stiftungsrecht, Erbrecht, Nachlass- und Nachfolgeplanung, Sozialversicherungsrecht, Vorsorgeregelung.
Gewählt
Markus Metz (FDP), 62, wird 2011 neuer Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte den bisherigen Vizepräsidenten im Juni als Nachfolger von Christoph Bandli (SVP), 56, der wegen Amtszeitbeschränkung nach vier Jahren wieder als gewöhnlicher Richter tätig sein wird. Zum Vizepräsidenten wurde der 41-jährige Michael Beusch (SP) gewählt.
Den Zürcher Handelsrichter Dieter Brändle, 59, Dr. iur., wählte die Bundesversammlung zum Präsidenten des Bundespatentgerichts, das Anfang 2011 seine Tätigkeit aufnehmen wird. Zweiter hauptamtlicher Richter wird Tobias Bremi, 42, Patentanwalt bei Isler & Pedrazzini in Zürich. Das absolute Mehr verfehlt hat Fabian Leimgruber, 42, Physiker und Patentanwalt bei Braunpat Braun Eder in Basel.
Gewählt wurden auch 31 nebenamtliche Bundespatentrichter und -richterinnen, darunter die folgenden 11 mit juristischer Ausbildung: Daniel Alder, 48, Dr. iur., Rechtsanwalt bei Kellerhals Anwälte, Zürich; Philippe Ducor, 50, J.S.D. (Stanford), Assistenzprofessor an der Universität Genf und Rechtsanwalt bei BMG Avocats in Genf; Christoph Gasser, 41, Dr. iur. LL.M., Lehrbeauftragter an der ETH Zürich und Partner bei Staiger, Schwald & Partner AG, Zürich, Bern, Basel; Christian Hilti, Dr. iur. LL.M., 53, Rechtsanwalt bei Rentsch & Partner, Zürich; Simon Holzer (Bild), 37, Dr. iur., Fürsprecher bei Meierlustenberger, Zürich; Daniel Kraus, 43, Prof. Dr. iur. LL.M., Professor für Innovationsrecht an der Universität Neuenburg, Schiedsrichter und Mediator bei der World Intellectual Property Organization (Wipo) in Genf und Rechtsanwalt bei Umbricht, Bern und Zürich; Thomas Legler, Dr. iur., 49, Partner bei Python & Peter Rechtsanwälte, Genf, und Wipo-Schiedsrichter für Domainnamen-Streitigkeiten; Rudolf Rentsch, lic. iur., 51, Rechtsanwalt Rentsch & Partner, Zürich; Ralph Schlosser, Dr. iur. LL.M., 44, Anwalt bei Kasser Schlosser Rechtsanwälte, Lausanne; Mark Schweizer (Bild), Dr. iur. LL.M., 37, Anwalt bei Meierlustenberger, Zürich; Christoph Willi, Dr. iur. LL.M., 46, Rechtsanwalt bei Streichenberg, Zürich. Bei der Wahl der nebenamtlichen Richter legte die SP leere Wahlzettel ein aus Protest dagegen, dass die Gerichtskommission für nebenamtliche Richterstellen nur gerade eine Frau nominiert hatte.
Vincent Martenet, Prof. Dr. iur. LL.M., ist seit dem 1. Juli Präsident der Wettbewerbskommission (Weko). Der Bundesrat hat den 38-jährigen Neuenburger für den Rest der bis 2011 laufenden Amtszeit zum Nachfolger von Walter Stoffel ernannt. Der ordentliche Professor für Verfassungs- und Wettbewerbsrecht an der Universität Lausanne ist seit 2005 ordentliches Mitglied der Weko und seit 2008 ihr Vizepräsident. Zuvor war er als Rechtsanwalt bei Lenz & Staehlin in Genf tätig.
Christoph Frey, lic. iur. LL.M., Rechtsanwalt, Fachanwalt SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht, ist nach einem Bürowechsel seit Anfang April Partner bei Kellerhals Anwälte in Zürich. Der 48-Jährige leitet die Versicherungsrechtsabteilung. Er ist spezialisiert auf Versicherungs-, Haftpflicht- und Verantwortlichkeitsrecht, arbeits- und handelsrechtliche Fragestellungen.
Isaak Meier, Prof. Dr. iur., ist in das Direktorium der Schweizerischen Richterakademie gewählt worden. Er tritt das Amt am 1. Januar 2011 an. Der 50-Jährige ist Professor für Zivilprozess-, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Privatrecht sowie Mediation an der Universität Zürich.
Ausgeschieden
Daniel Thürer, Prof. Dr. iur., ist Ende Juli mit 65 Jahren altershalber aus dem Anstellungsverhältnis mit der Universität Zürich entlassen worden. Thürer war seit 1983 ordentlicher Professor für Völkerrecht, Europarecht, öffentliches Recht und Verfassungsvergleichung.
Michel Féraud, Bundesrichter in Lausanne, tritt Ende Dezember aus dem Bundesgericht zurück. Seine sechsjährige Amtszeit als Präsident der ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung läuft zu diesem Zeitpunkt aus. Der 65-jährige Freisinnige ist Mitglied des Rechtsausschusses der FDP Schweiz. Er studierte in Basel und ist Inhaber des Solothurner Fürsprecher- und Notariatspatents. Seine Laufbahn begann 1971 als Gerichtsschreiber am Obergericht in Solothurn, es folgten fünfzehn Jahre als Amtsgerichtspräsident von Bucheggberg-Wasseramt und vier Jahre als Solothurner Oberrichter. 1993 wurde Féraud zum Bundesrichter gewählt.
Aufgefallen
Mascha Santschi Kallay, 29, ist seit Juli dieses Jahres Informationsbeauftragte für das Luzerner Gerichtswesen. Kaum ein anderer Kanton kennt eine solche Stelle, die Luzerner haben sie neu geschaffen. Warum? Es gebe keinen angeschlagenen Ruf aufzupolieren, winkt Santschi ab: «Im Rahmen der Justizreform und aufgrund der neuen Kantonsverfassung stehen grosse Veränderungen an, da steigt der Informationsbedarf - besonders auch intern.» So werden die Amtsgerichte zu Bezirksgerichten, aus dem Ober- und dem Verwaltungsgericht entsteht das Kantonsgericht. Zudem habe die Staatsanwaltschaft, die schon früher einen Öffentlichkeitsbeauftragten anstellte, gute Erfahrungen gemacht. Die Juristin mit Anwaltspatent und einem Titel als Vize-Miss-Schweiz aus dem Jahr 2000 ist zu fünfzig Prozent für die Gerichtskommunikation tätig, ein grosser Teil davon entfällt auf interne Kommunikation. Im gleichen Pensum arbeitet sie als Gerichtsschreiberin am Obergericht. Medienerfahrung sammelte sie während des Jus-Studiums als Redaktorin und Moderatorin beim Radio Berner Oberland, bei TeleZüri sowie als Journalistin für den «Blick» und die «Berner Zeitung». tom
Elisabeth Kopp, 73, Juristin und alt Bundesrätin, ist zurück in den Medien, mit mässiger Begeisterung. Rund dreissig Jahre nach ihrem Rücktritt fällt sie heute mit Zeitungsartikeln und Fernsehauftritten auf. Und dies zu verschiedensten Themen: Die frühere Justizministerin machte sich schon früh gegen eine Auslieferung von Polanski stark. Sieäusserte sich im Zusammenhang mit den anstehenden Bundesratswahlen zugunsten der Frauen und rechnete kürzlich im «Club» mit dem abwesenden Bundesrat Leuenberger ab, der damals die PUK zum Fall Kopp geleitet hatte. Hat die Zürcherin etwa einen neuen PR-Berater? «Nein, ich habe nicht nur keinen neuen PR-Berater, sondern seit rund zwanzig Jahren gar keinen», sagt Kopp. Auch mit einem politischen Amt liebäugelt sie nicht mehr: «Ich bin doch nicht von allen guten Geistern verlassen.» Warum dann diese mediale Umtriebigkeit der letzten Monate? «Die Initiative ging nicht von mir aus. Im Gegenteil, ich habe verschiedene Anfragen abgelehnt, weil mir die Medienpräsenz zu viel wurde», sagt Kopp. stoc
Hans Wiprächtiger, 67, Bundesrichter in Lausanne, ist als Experte nicht gerne gesehen. Diverse Politiker werfen ihm eine Einmischung in die Politik vor, weil er sich als Mitglied der strafrechtlichen Kammer des Bundesgerichts zur Frage des Erfolgs der bedingten Geldstrafe äusserte. Von der Neuen Luzerner Zeitung befragt, verteidigte er die neue Sanktion: «Der Bundesrat hat nicht den geringsten Anlass, erneut Änderungen am erst 2007 eingeführten neuen Sanktionsrecht vorzunehmen.» Denn es habe sich aus seiner Sicht als Praktiker bewährt, wissenschaftlich lasse sich die Kritik an der neuen Sanktion nicht untermauern. Der Angriff auf die bedingte Geldstrafe sei somit unbegründet und politisch motiviert. Bei Politikern aus dem rechten und linken Lager kamen seine Äusserungen schlecht an. Es sei nicht die Aufgabe von Richtern, die Politik zu kritisieren, und wenn doch, dann nur in einem Vernehmlassungsverfahren. Schliesslich sei die Rechtsetzung nicht die Aufgabe eines Bundesrichters. Wiprächtiger lässt sich von solchen Äusserungen keinen Maulkorb verpassen: «Als Fachmann war es mir wichtig, dazu Stellung zu nehmen. Auch Richter sollen sich öffentlich melden dürfen. Wenn die Vorlage vom Parlament und vom Volk genehmigt ist, werde ich das neue Gesetz selbstverständlich anzuwenden haben.» sci
Hans Giger, 80, Rechtsanwalt und emeritierter Professor der Universität Zürich, ist wieder Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes geworden. Seine seit Jahrzehnten in Zürich tätige Anwaltskanzlei habe sich «zwecks vermehrter Pflege des kollegialen Austauschs zum Beitritt entschlossen», erklärt Giger. Er gehörte dem Anwaltsverband schon früher an, trat aber vor rund fünfzehn Jahren im Zusammenhang mit einem Verfahren in eigener Sache mit seiner Kanzlei aus. «Die Beweggründe dieses lange in der Vergangenheit zurückliegenden Entschlusses interessieren heute nicht mehr», winkt er ab - und richtet den Blick nach vorn. Er erfreue sich bester Schaffenskraft und widme sich schwerpunktmässig wissenschaftlichen Projekten. Und der Genuss des Lebensabends? «Der steht nicht auf dem Programm.»
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Was macht eigentlich Professor Manfred Rehbinder?
«Wieso sollte ich mich zu meinem 75. Geburtstag dieses Jahr feiern lassen?», fragt Manfred Rehbinder nicht ohne Schalk. Erst zum nächsten wirklich runden Geburtstag will er sich «bejubeln» lassen. Trotzdem nahmen seine früheren Doktoranden den Tag zum Anlass für eine Feier: «Und ich war bloss der Festochse», meint Rehbinder lakonisch.
Die Rechtswissenschaften allein sind schon ein Fest für den früheren Ordinarius für Arbeits-, Immaterialgüter-, Medienrecht und Rechtssoziologie der Uni Zürich. Vor dem Fernseher sitzen und sich so die Zeit vertreiben, das mag er nicht. Lieber will er kreativ sein. «Die Wissenschaft ist ein kreativer Prozess. Wenn man verstummt, ist man weg vom Fenster», sagt Rehbinder. Ihn interessieren heute hauptsächlich die Grundlagenfächer, allen voran die Rechtssoziologie. Geblieben ist die Liebe zum Urheberrecht. Munter publiziert er denn auch auf diesen Gebieten.
Am Morgen trifft man ihn meistens in seinem Büro bei «Werder Viganò» in Zürich an, wo er als Rechtskonsulent arbeitet. Am Nachmittag forscht er als wissenschaftlicher Direktor am «Europäischen Institut für Rechtspsychologie». An der Universität Freiburg im Breisgau lehrt er nach wie vor als Honorarprofessor für Rechtssoziologie. Daneben redigiert er die Fachzeitschrift «Archiv für Urheber- und Medienrecht».
Den Unialltag in Zürich vermisst er nicht mehr, aber die Arbeit mit den Doktoranden fehlt ihm. Statt sich um Grosskinder zu kümmern, darf er aufgrund einer Änderung der Promotionsordnung der Universität Zürich bald wieder Doktoranden betreuen: «Dank meinem Lebenspartner konnte ich mich ein Leben lang auf die Wissenschaft konzentrieren», schwärmt er.
Vom Ruhestand ist Manfred Rehbinder weit entfernt. Ein wenig ruht er jeweils im Herbst, wenn er fünf Wochen den Austausch mit japanischen Kollegen an der Universität Kyoto pflegt: «Ich versuche dann, zwei Wochen ein bisschen als Tourist unterwegs zu sein.» rz
Ausgestiegen: Richard Altherr, neu Galerist, Cafetier und Schriftsteller
Einst Scheidungswillige und Dealer, heute Raritäten und Volkskunst. «Chlausehuube» zum Beispiel: An einer dieser Kopfbedeckungen von Urnäscher Silvesterkläusen zeigt Galerist Altherr kenntnisreich die Finessen des künstlerischen Handwerks.
Karrieretechnisch drängte sich ein Wechsel nicht auf. «Ich war, so würde ich meinen, ein erfolgreicher Richter», bekennt er, «heute bin ich ein mittelmässiger Galerist, ein erfolgloser Cafetier, ein Schriftsteller, der noch nie publiziert hat, und ein Maler mit erst einer Ausstellung - aber ich bin zufrieden!»
28 Jahre Zürcher Justiz waren das Sprungbrett. Zuerst Bezirksanwalt, dem man gleich die heiklen Anzeigen gegen Polizisten zuschanzte. Dann Bezirksrichter, später Abteilungspräsident. Zuweilen setzte es Schlagzeilen ab. Etwa 2006 nach einer Untersuchung über die Verfehlungen des gefeuerten Steueramtschefs Simmen. Oder im Korruptionsprozess gegen Raphael Huber, bei dem Altherr im Berufungsverfahren Referent am Obergericht war. Hier sprang er öfters als Ersatzrichter ein; als FDP-Mitglied blieb die Aussicht auf einen regulären Oberrichtersitz minim.
Der Jurist mit Doktortitel war Richter mit Leib und Seele. Vielleicht begann deshalb nach über tausend Urteilen «diese Arbeit auf der Schattenseite des Lebens an meiner Seele zu nagen». Die Tragik mancher Prozesse ging ihm zu nahe, sie mit Zynismus fernzuhalten war seine Sache nicht. Doch nun erinnerte er sich an einen nach zwei Semestern Geschichtsstudium beiseite geschobenen Traum: Kulturunternehmer.
Zu seiner Galerie «Schäfli» in Urnäsch gehört ein Bistro. Offen ist es tagsüber, zuweilen stellt er sich abends für ausgewählte Persönlichkeiten - Regierungsräte, Lokalpolitiker und andere befreundete Gourmets - hintern Herd. «Kultur und Kuchen» heisst das Konzept, darin hat viel Platz. Demnächst ist der historische Roman über König Henri III fertiggestellt. Derzeit feilt der 60-Jährige an den minutiös recherchierten Details. Mit Leib und Seele, versteht sich. tom
Eingesperrt: Mohammad Olyaeifard, Strafverteidiger
Am 1. Mai 2010 ist der iranische Rechtsanwalt Mohammad Olyaeifard in Haft genommen und ins berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis gebracht worden. Das Revolutionsgericht Teheran verurteilte ihn zuvor wegen «Propaganda gegen das System» zu einer einjährigen Haftstrafe.
Die willkürliche Verhaftung des Anwalts steht in Zusammenhang mit Interviews, die er internationalen Medien nach der Hinrichtung von Behnoud Shojaee gegeben hatte. Behnoud Shojaee wurde gehängt, nachdem er eines Mordes schuldig gesprochen worden war, den er als 17-Jähriger begangen haben soll. Olyaeifard hatte ihn im Strafverfahren verteidigt.
In einem Interview mit dem persischen Dienst von «Voice of America» wies er lediglich darauf hin, dass das internationale Recht die Vollstreckung der Todesstrafe verbietet für Verbrechen, die eine Person unter 18 Jahren begangen hat. In Iran wurden seit 1990 mindestens 45 jugendliche Straftäter hingerichtet.
Die einjährige Haftstrafe ist der vorläufige Höhepunkt der Repression, der Mohammad Olyaeifard aufgrund seiner Arbeit als Strafverteidiger von Gewissensgefangenen und jugendlichen Straftätern seit längerem ausgesetzt ist. Er wurde bereits zuvor von den Sicherheitsdiensten vorgeladen und der «Verbreitung von Lügen» bezichtigt, nachdem er die Folterung eines seiner Klienten und die Hinrichtung von Jugendlichen kritisiert hatte.
Gemäss Informationen von Amnesty International führt das iranische Regime seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen vom Juni 2009 eine eigentliche Kampagne gegen die Meinungsäusserungsfreiheit, die sich zunehmend auch gegen unabhängige Anwälte richtet. Damit verletzt Iran die Uno-Grundprinzipien über die Rolle der Rechtsvertretung: Diese schreiben vor, dass Rechtsanwälte ihre Aufgabe ohne Einschüchterungen und Behinderungen ausführen und sich auch frei an öffentlichen Diskussionen über Recht, Gesetz und Institutionen beteiligen können.
Reto Rufer, Amnesty International