Was macht eigentlich Heinz Hausheer?
Der Besucherin sticht ein zwei Meter breiter Stapel Bücher auf dem Wohnzimmerboden ins Auge, die Bücher sind fast auf den Millimeter präzis aufgeschichtet. Sie sind ein Indiz für den reichen Wissensschatz des 75-jährigen Alt-Bundesrichters und emeritierten Zivilrechtsprofessors, der gleich das Gespräch sachlich und auf hohem Niveau führen wird. «Das ist meine Ration für zwei Jahre», erklärt Heinz Hausheer. Dass ihm bei der Lektüre spätabends mal ein Buch aus der Hand rutsche und ein «Eselsohr» abbekomme, sei einer der wenigen Unterschiede zu jungen Jahren.
Es sind Bücher zu Humangenetik, Geschichte und Religion. Mit Überzeugung sagt er: «Eine monokausale Denkweise ist schrecklich!» Verschiedene Disziplinen fliessen in sein juristisches Wirken ein. Sein grosses Thema ist die Gesellschaftsentwicklung. Denn Juristerei sei «nichts rein Theoretisches, sondern dazu da, Konflikte in der Gesellschaft zu lösen». Regelmässig bespricht er aktuelle Fälle mit Fürsprecherkandidaten. Seit seiner Emeritierung 2003 publiziert er fleissig weiter und wirkt als Zivilrechtsexperte im In- und Ausland.
Privat plant er eine Reise zu altpersischen Ausgrabungsstätten im heutigen Iran. Auf seinen früheren Reisen nach Kamerun und Brasilien hätten ihn die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Existenzprobleme von Frauen besonders interessiert. Mangelnde Chancengleichheit macht Heinz Hausheer betroffen. «Ich habe es immer gut gehabt im Leben», meint er bescheiden.
Kurz darauf ist er beim Stellenwert der Vernunft im katholischen Glauben angelangt. Der strukturierte, äusserst sachbezogene Denker tippt sich mit dem Finger an die Stirn und sagt: «Die vernunftlastige Urteilsfähigkeit hört möglicherweise bald einmal auf. Hoffentlich bleiben dann die eingeübten Emotionen weiterhin das verlässliche Bewertungssystem.» rmb
Gewählt
Maurizio Greppi, Advokat, ist am 26. September durch die Vereinigte Bundesversammlung mit 187 der 195 gültigen Stimmen zum Bundesverwaltungsrichter gewählt worden. Greppi war bisher leitender Gerichtsschreiber am Kantonsgericht Basel-Landschaft. Er wurde von der SP vorgeschlagen.
Jürg Steiger, Fürsprecher, ist am 26. September durch die Vereinigte Bundesversammlung mit 192 der 195 gültigen Stimmen zum Bundesverwaltungsrichter gewählt worden. Steiger war bisher Gerichtsschreiber am Bundesverwaltungsgericht. Er wurde von der SVP portiert.
Alexia Heine, Dr. iur., ist am 26. September durch die Vereinigte Bundesversammlung mit 154 der 174 gültigen Stimmen zur neuen Bundesrichterin gewählt worden. Heine ist zurzeit Präsidentin des Sozialversicherungsgerichtes des Kantons Zürich. Bevor sie Richterin in Zürich wurde, arbeitete sie als Gerichtsschreiberin am Sozialversicherungsgericht in Luzern, beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich, sowie im Bereich der Arbeitslosenkasse in den Kantonen Zürich und Thurgau. Heine ist SVP-Mitglied. Sie ersetzt den zurücktretenden Bundesgerichtspräsidenten Lorenz Meyer.
Vroni Schwitter, Rechtsanwältin, wurde am 11. September vom Luzerner Kantonsrat zur Richterin am Bezirksgericht Luzern gewählt.
Der Grosse Rat des Kantons Freiburg hat am 11. September Catherine Python Werro, Rechtsanwältin, zur neuen Staatsanwältin gewählt. Sie arbeitete davor als Gerichtsschreiber- Adjunktin beim Kantonsgericht und in einer Anwaltskanzlei.
Am 23. September sind im Kanton Aargau Bezirksrichter gewählt worden. In einigen Bezirken war es mangels Gegenkandidaten zuvor zu stillen Wahlen gekommen. Für die Amtsdauer 2013-2016 sind gewählt:
Bezirk Aarau: Roland Baumann, Susan Dober Spielmann, Hans Hartmann, Hans Hunziker, Heidi Hunziker, Renato Mazzocco, Heidi Seitz, Marcel Suter als Bezirksrichter.
Bezirk Baden: Monica Benz, Pius Benz, Daniel Brunner, Caroline Conrad-Behr, Herbert Flühmann, Roland Fricker, Barbara Funk, Gerard Hossmann, Silvio Knecht, Marlies Messmer-Keller, Hansueli Suter als Bezirksrichter.
Bezirk Bremgarten: Peter Thurnherr, Isabelle Wipf und Lukas Trost als Gerichtspräsidenten, Max Hirzel, Eduard Huber, Evelyne Kellenberger, Erika Melliger, Bruno Sekinger, Gregor Biffiger als Bezirksrichter.
Bezirk Brugg: Hans Rudolf Rohr und Franziska Roth als Gerichtspräsidenten, Brigitte Balz, Ernst Beyeler, Mario Etzensberger, Helen Leimbacher-Meier, Vreni Schwarz-Schildknecht und Jürg Stüssi-Lauterburg als Bezirksrichter.
Bezirk Kulm: Christian Märki und Suzanne Marclay-Merz als Gerichtspräsidenten, Rolf Haller, Kurt Keller, Bruno Manger, Hans-Jörg Neeser, Heidi Rauch-Lanz, Daniel Lüscher als Bezirksrichter.
Bezirk Laufenburg: Beat Ackle als Gerichtspräsident, Hansruedi Apolloni, Priska Bachmann Gassmann, Martin Bachofer, Brigitte Rüede-Oberle, Emil Schmid, Josef Schnetzler als Bezirksrichter.
Bezirk Muri: Benno Weber als Gerichtspräsident, Susanne Giger, Marianne Hilfiker, Rita Keusch, Monika Stutz, Erich Thalmann und Rita Strebel als Bezirksrichter.
Bezirk Rheinfelden: Regula Lützelschwab und Christoph Lüdi als Gerichtspräsidenten, Rudolf Egli, Ursula Schüle, Peter Uebelhart, Maria Wiederkehr, Michael Derrer und Doris Erb als Bezirksrichter.
Bezirk Zofingen: Marcello Biondo, Rita Brändli-Burgherr, Paul Geiser, Christoph Mauch, Erich Schnyder, Janine Thiede als Bezirksrichter.
Bezirk Zurzach: Cyrill Kramer als Gerichtspräsident, Fabienne Angst, Thomas Miller, Maria Scherrer, Guido Vogel, Andreas Wegmüller, Manfred Zimmermann als Bezirksrichter.
Richterwahlen auch im Kanton St. Gallen: Gabriel Bawidamann, bisher Richter am Kreisgericht Rorschach, ist zum Gerichtspräsidenten gewählt worden. Er setzte sich in der Volkswahl vom 23. September gegen seinen Kollegen Olav Humbel durch.
Am 24. September hat der St. Galler Kantonsrat Rechtsanwalt Ivo Kuster zum Kantonsrichter gewählt. Er wurde von der SVP vorgeschlagen. Auch Rechtsanwalt Jürg Diggelmann, portiert von der SP, wurde als Kantonsrichter gewählt.
Der St. Galler Kantonsrat hat am 24. September Rechtsanwalt Beda Eugster zum Präsidenten des Verwaltungsgerichts gewählt. Eugster war von der CVP vorgeschlagen worden.
Das Gesamtgericht des Bundesgerichtes hat die Abteilungspräsidentinnen und Abteilungspräsidenten gewählt. Die Abteilungspräsidien werden laut einer Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 8. Oktober wie folgt besetzt:
Erste öffentlich-rechtliche Abteilung: Jean Fonjallaz, bisher
Zweite öffentlich-rechtliche Abteilung: Andreas Zünd, bisher
Erste zivilrechtliche Abteilung: Kathrin Klett, bisher
Zweite zivilrechtliche Abteilung: Nicolas von Werdt, neu
Strafrechtliche Abteilung:
Hans Mathys, bisher
Erste sozialrechtliche Abteilung: Susanne Leuzinger, neu
Zweite sozialrechtliche
Abteilung: Yves Kernen, neu
Die Walliser Gemeinden Obergoms, Münster-Geschinen, Reckingen-Gluringen, Grafschaft, Blitzingen und Niederwald verfügen neu über ein gemeinsames Richteramt. In stiller Wahl wurden für die Amtsperiode 2013-2016 dafür gewählt: Christine Keller aus Münster VS und Stefan Diezig aus Visp.
Umgestiegen:
Carlo Köhl, Klavierlehrer
Schon als Sechsjähriger sass er am Klavier. Viele Jahre Musikunterricht folgten. «Es fehlte mir aber der Mut, Musiker zu werden», erzählt der Bündner Carlo Köhl. Er studierte Jus, wurde Anwalt sowie Richter am Bezirksgericht Landquart und musizierte rege in der Freizeit. Mit 37 Jahren entschloss er sich, sein Hobby doch noch zum Beruf zu machen: Er studierte klassische Musik und betreute daneben immer weniger Rechtsfälle - «piano», wie er sagt. Seit dem Klavierlehrerdiplom im Jahre 2010 ist er nur noch musikalisch tätig - als Lehrer an zwei Musikschulen, als Chorleiter, Pianist und Sänger. Als Anwalt habe er nie ein solches Kollektivgefühl erlebt. «Mit Musik kann ich in eine andere Welt eintauchen», stellt er ganz sachlich fest. Das strukturierte Denken des Juristen hilft ihm, im Alltag trotzdem im Takt zu bleiben.
«Mit Musik lässt sich das Unaussprechliche ausdrücken.» Dennoch vermisst der ehemalige Anwalt den sprachlichen Ausdruck. Er findet ihn in der Freizeit im Theaterunterricht oder beim Schreiben eines Kinderhörspiels mit fünf schweizerdeutschen Dialekten. Er mag Musik, die sich aufs Wesentliche, auf den Klang, konzentriert.
Schmunzelnd meint er: «Da klingt wohl der Jurist nach.» Eigentlich sei die Juristerei gar nicht so schlimm gewesen. Mit einem Fortissimo in der Stimme fügt er an: «Aber mit der Vertretung fremder Interessen wird man instrumentalisiert.» Zwänge gebe es auch beim Unterrichten. Nur seien das mehr seine eigenen Vorstellungen, die er der Stimmung anpassen müsse. Das Hinhören des Pädagogen ist ebenso wichtig wie Fingerübungen auf der Tastatur. Empathie gegenüber Klienten habe er zwar auch als Jurist gebraucht, doch da habe er sich immer wieder seiner Rolle als Interessenvertreter bewusst machen müssen. Den Jobwechsel bereut er nicht: «Als Klavierlehrer kann ich besser mich selber sein.» rmb
Bedroht:
Olga Hamadi, Anwältin
Olga Hamadi, indonesische Menschenrechtsanwältin und für die Nichtregierungsorganisation «Kontras Papua» tätig, wird in Zusammenhang mit einem Mordfall massiv bedroht. Die Polizei hatte fünf Männer verhaftet und des Mordes verdächtigt. Hamadi übernahm deren rechtliche Vertretung, nachdem ihr die fünf gesagt hatten, sie seien von der Polizei misshandelt und gefoltert worden. Die Anwältin beantragte, dass noch vor Eröffnung des Strafverfahrens eine gerichtliche Anhörung über die Foltervorwürfe durchgeführt werde.
Am 14. September erhielt sie einen Anruf von einem der verhörenden Polizisten. Er war erbost über ihren Antrag auf ein Vorverfahren und sagte, er könne ihre Sicherheit in Wamena - einer Stadt im indonesischen West-Papua auf der Insel Neuguinea - nicht mehr garantieren. Hamadi erfuhr zudem, dass die Familie des Mordopfers und andere Gemeindemitglieder SMS erhalten hatten, in denen stand, Olga Hamadi mische sich in den Fall ein und wolle das Gerichtsverfahren im Mordfall stoppen.
Am dritten Tag der Vorverhandlung, am 19. September 2012, verwehrte eine Menschenmenge Hamadi den Zugang zum Bezirksgericht Wamena. Man drohte ihr Schläge an und verlangte, sie solle den Antrag zurückziehen. Dann brachte die Polizei die Anwältin zur Bezirkspolizeiwache. Als sie zum Gericht zurückkehren wollte, versperrte ihr vor der Wache erneut eine Menschenmenge den Weg. Die Polizei unternahm nichts, um ihr zu helfen. Am nächsten Tag sah sich Hamadi aus Sorge um ihre Sicherheit und aufgrund des fehlenden Schutzes durch die Behörden gezwungen, den Antrag auf eine Untersuchung der Foltervorwürfe zurückzuziehen. Sie begab sich in die Bezirkshauptstadt Jayapura und fürchtet bei einer Rückkehr nach Wamena nach wie vor um ihre Sicherheit. Reto Rufer, Amnesty International
Aufgefallen
Pierre-Yves Bosshard, 48, Mitglied des Waadtländer Kantonsgerichts, beeinträchtigt den Ruf der kantonalen Oberinstanz. Grund: Sein problematisches Verhältnis zum Fiskus. Bosshard hatte jahrelang keine Steuererklärungen eingereicht. Zuletzt wurde er eingeschätzt. Folge: gut 160 000 Franken Steuerschulden, wie «Le Temps» kürzlich berichtete. Das Kantonsgericht erfuhr im Oktober von Bosshards finanzieller Schieflage, weil dessen Lohn wegen Steuer-schulden gepfändet wird.
Unterdessen hat sich der säumige Richter mit dem Fiskus einigen können, und die Sache gilt so weit als erledigt. Trotzdem hat ihn kürzlich das Kantonsgericht in einer ausserordentlichen Sitzung einstimmig von all seinen Funktionen freigestellt. Die Glaubwürdigkeit des Gerichtes leide zu stark wegen dieses Falles, sagte die Gerichtspräsidentin. Die Tatsache, dass ein Richter seine Steuererklärung nicht ausfülle, sei sehr problematisch.
Anders schätzt die Kommission für die Vorbereitung der Richterwahlen des Grossen Rates die Situation ein. Sie empfiehlt alle Richter zur Wiederwahl - auch Pierre-Yves Bosshard. Allerdings fiel der Entscheid nicht einstimmig wie bei allen anderen Wahlempfehlungen. Ausserdem hat das Büro des Grossen Rates ein Disziplinarverfahren gegen den Richter eingeleitet.
Stéphane Geiger, 66, Mitglied des Genfer Rechnungshofs, der die öffentliche Verwaltung kontrolliert, hat Treffsicherheit bewiesen: Mit einem Kessel voll Wasser bewarf der CVP-Mann im September seinen Richterkollegen Daniel Devaud (Ensemble à Gauche) - und besudelte auch noch Akten. Dies berichten der «Courrier» und die «Tribune de Genève». Die zwei Richter, die zusammen mit einem dritten Kollegen die Arbeit der Genfer Verwaltung überwachen, liegen sich schon länger in den Haaren - und der Wasserwurf war nicht das Ende der Zwistigkeiten: Einige Wochen später meldete sich Devaud innert eines Tages zweimal bei der Polizei: Er sei von Geiger angegriffen worden. Deswegen hat Devaud unterdessen eine Strafanzeige gegen seinen Kollegen eingereicht.
Auch Devaud bekommt es mit den Strafbehörden zu tun. Er wird verdächtigt, das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. Das Genfer Parlament muss nun über die Aufhebung der Immunität der beiden Richter befinden.
Immerhin bestehen Chancen, dass der Rechnungshof ab Januar ruhigere und trockenere Zeiten haben wird: Geiger und Devaud treten nicht mehr zur Wahl an. Ihre Nachfolger hat das Volk bereits gewählt.
Rudolf Bodmer, 55, Abteilungspräsident am Verwaltungsgericht Zürich, hat zusammen mit zwei anderen Richtern ein Gutachten zitiert, das ihnen gar nicht vorlag. Dazu kommt: Sie verwechselten zwei Gutachten.
Das Gericht hatte zu entscheiden, ob ein Steg auf dem Zürichsee zwischen der Roten Fabrik und dem Hafen Wollishofen gebaut werden darf. Wiederholt bezogen sich die Richter auf eine Expertise, die - wie schliesslich das Urteil von Bodmers 3. Abteilung - den Bau guthiess. Die Richter waren der Meinung, dieses Gutachten stamme von der kantonalen Natur- und Heimatschutzkommission (NHK). Doch es stammte vom Geschäftsführer des Stadtzürcher Heimatschutzes (SZH). Das Gutachten der NHK hätte einen solchen Bau verneint. Drei Anwohner realisierten die Verwechslung bei der Lektüre des Gerichtsurteils und verlangten vom Gericht, es sei nun von der NHK doch noch ein Gutachten einzuholen. Doch das Gericht war der Ansicht, ein solches Gutachten liege bereits vor. Bodmers Abteilung hatte die Verwechslung noch immer nicht realisiert. Die Anwohner beschwerten sich vor Bundesgericht - mit Erfolg: Die Richter in Lausanne erkannten das Versehen. Rudolf Bodmer dazu:?«Warum uns dies passierte, können wir nicht mehr eruieren.»