Wo lernt man als angehender Jurist den Umgang mit Klienten? Wo kann man erstmals Verträge auf Englisch oder Französisch aufsetzen? Wo können junge Studienabgänger erste praktische Erfahrungen im Wirtschafts-, Straf- oder Erbrecht machen? Die Antwort lautet stets: in einem Praktikum.
Praktika für Juristen gibts bei Kanzleien, Gerichten, Staatsanwaltschaften und in der Privatwirtschaft. Doch einen Platz zu finden ist zeitraubend.
Die Praktikumsstellen werden selbst bei den kantonalen Verwaltungen selten zentral vergeben, sondern von den Ämtern einzeln ausgeschrieben, entsprechend müssen Interessenten jede Stelle einzeln abfragen. Einzig der Bund bietet auf seinem Internetstellenportal eine Zentraldatenbank an für alle offenen Praktika in der Verwaltung sowie beim Bundesstraf- und Bundesverwaltungsgericht.
Von der UBS über die Helvetia bis zu Coop
Praktika für Juristen mit Bachelor sind auch in der Wirtschaft zu finden, etwa bei den Grossbanken UBS und CS oder Beratungsunternehmen wie Ernst & Young. Die beiden Grossbanken bieten zudem «Summer Internships» an – Praktika für Juristen während der Sommerferien. Auch bei Kantonalbanken finden sich Praktikumsplätze. Versicherungen wie die Helvetia oder die Zurich sowie Grosskonzerne wie Migros oder Coop sind ebenfalls stets auf der Suche nach Kandidaten. Der Migros-Genossenschaftsbund bietet zum Beispiel in der Abteilung «Legal & Compliance» sechsmonatige Kurzpraktika an.
Nicht immer finden diese Praktika jedoch in der jeweiligen Rechtsabteilung des Unternehmens statt. Die Praktikanten werden auch etwa in der Personalabteilung oder in anderen Bereichen eingesetzt. Nachwuchsjuristen sind auch in der Automobilbranche gefragt, so etwa bei Audi, Porsche, Volkswagen oder der BMW Group.
Wer jedoch eine Substitutenstelle als Vorbereitung für die Anwaltsprüfung bei einer kleineren Kanzlei erhalten will, steht vor einer grossen Herausforderung. Es gibt keine einheitliche Regelung – weder was die Ausgestaltung, die Dauer noch die Entlöhnung betrifft. Die Bedingungen sind von Kanton zu Kanton und von Kanzlei zu Kanzlei verschieden. Bewerbungen sind an die Kanzleien direkt zu richten. Der schweizerische Anwaltsverband hat keinen Überblick über Angebot und Zahl der Substituten- und Praktikumsstellen. Die kantonalen Verbände – wie etwa der aargauische oder Zuger Anwaltsverband – weisen jedoch auf ihren Websites auf freie Praktikumsplätze hin. Die Stellen sind unter Rubriken wie «Stellenbörse» oder «Praktika» aufgelistet. Die Websites der kantonalen Anwaltsverbände findet man unter www.plaedoyer.ch/bP01d6.
Die Gerichte muss man einzeln anfragen
Mit Abstand am meisten Praktika gibts bei den Gerichten und kantonalen Staatsanwaltschaften. Nicht alle Kantone bieten eine Zentralstelle an, die Informationen zu den einzelnen Gerichten angeben. Interessenten müssen deshalb bei den Gerichten einzeln nachfragen oder auf deren Websites recherchieren.
Die Chancen für eine Stelle sind gross: Beispielsweise stellt das Bezirksgericht Zürich im laufenden Jahr zwischen 60 und 70 Auditoren ein. An den Gerichten des Kantons Baselland stehen 20 Volontariatsstellen zur Verfügung. Bei den Gerichten und Strafverfolgungsbehörden Luzern werden 89 Praktikumsplätze angeboten.
Eine Suche auf den Websites der Professoren lohnt sich ebenfalls. Besonders ergiebig ist die Website des Lehrstuhls von HSG-Professor Markus Müller-Chen (www.unisg.ch). Dort werden periodisch Praktikumsplätze bei Anwaltskanzleien und Gerichten aufgeführt.