Ab dem 20. April konnten kleine und mittlere Unternehmen beim Gericht ein Gesuch für eine Covid-19-Stundung stellen. Der Bundesrat führte diese vereinfachten Stundungen mit der «Covid-19-Verordnung Insolvenzrecht» ein. Bei einer Gutheissung wurde das Unternehmen für drei bis sechs Monate vor Betreibung und Konkurs verschont (plädoyer 3/2020).
Damit ist nun nach sechs Monaten Schluss. Der Bundesrat entschied Mitte Oktober, die Massnahme nicht zu verlängern.
plädoyer wertete die Zahlen und Fakten aller Covid-19-Stundungsverfahren aus, die in der Schweiz eingeleitet wurden (siehe Tabelle im PDF). Total gab es 27 Gesuche. Alle wurden gutgeheissen. Am 4. Mai bewilligte das Bezirksgericht Zürich das erste Gesuch. Das letzte wurde am 6. November vom Kreisgericht Wil SG akzeptiert. Die meisten Verfahren wurden im Oktober, kurz vor Ablauf der Notverordnung, gutgeheissen.
Laut Verordnung konnten die Gerichte eine Stundung für bis zu drei Monate bewilligen und sie einmal um weitere drei Monate verlängern. Die Maximaldauer wurde von allen Gerichten gleich zu Beginn gewährt. Von den 13 bis Ende August bewilligten Stundungen wurden acht um weitere drei Monate verlängert. In einem Verfahren widerrief das Gericht die Stundung. Eine dagegen erhobene Beschwerde ist am Kantonsgericht St. Gallen hängig. Zwei Verfahren endeten ohne Verlängerung, zwei Firmen gingen nach Beendigung der Stundung in Konkurs. Dies betraf je ein Unternehmen in Zürich und in Nyon VD.
Bundesrat versäumte, die Übergangsphase zu regeln
Bei den restlichen 14 Verfahren läuft die erste Stundung. Ob noch eine Verlängerung möglich sein wird, ist unklar. Der Bundesrat unterliess es nämlich, eine Übergangsregel festzulegen. Die von plädoyer angefragten betroffenen Gerichte in Greyerz FR, Hinwil ZH, Kreuzlingen TG, Zug, St. Gallen und Wil SG wollten sich nicht dazu äussern. «Wir prüfen die Frage erst, wenn ein Gesuch gestellt wird», sagt etwa Carmela Frey, die für Nachlassverfahren zuständige Richterin am Kantonsgericht Zug.
Die Gerichtskosten für die Stundung und deren Verlängerung können nach Gesetz zwischen 200 und 2500 Franken betragen. Mit 1000 Franken verlangten die Bezirksgerichte Kreuzlingen und Brig VS am meisten. Das Bezirksgericht Affoltern ZH begnügte sich mit 150 Franken.
Unter den 27 Unternehmen, die eine Covid-19-Stundung beantragt hatten, befinden sich 18 AGs, acht GmbHs und eine Einzelfirma. Die GmbHs verfügen nur über das minimale Stammkapital von 20 000 Franken. Dagegen lag das Aktienkapital bei zwei Dritteln der betroffenen Aktiengesellschaften zwischen 250 000 Franken und 1,5 Millionen Franken. Auffallend: Nur fünf der 27 Unternehmen haben eine Revisionsstelle. Das Durchschnittsalter aller Unternehmen beträgt immerhin acht Jahre. 19 Firmen bestehen länger als fünf Jahre. Ein Unternehmen gibt es sogar seit über 30 Jahren.
Zu ihren Erfahrungen mit der Covid-19-Stundung wollten sich auf Anfrage nur zwei Firmen äussern. Beide betonten, dass sie sich die Kosten von 20 000 Franken und mehr für ein ordentliches Nachlassverfahren nicht hätten leisten können.