1. Gesetzliche Grundlagen
Das Zivilgesetzbuch widmet dem Willensvollstrecker nur zwei Artikel, einen (Art. 517) über die Erteilung und einen (Art. 518) über den Inhalt des Auftrags. Das ist auffallend wenig für ein praktisch als sehr wichtig bezeichnetes Amt.2 Immerhin verweist einer dieser Artikel 3 auf den amtlichen Erbschaftsverwalter, der allerdings auch in bloss zwei Artikeln geregelt ist.4 Hinzu kommt, dass nach anerkannter Auslegung dieses Verweises damit nicht der amtliche Erbschaftsverwalter, sondern die ordentliche Erbschaftsliquidation nach Art. 596 ZGB gemeint ist.5 Daraus wird unter anderem abgeleitet, dass der Willensvollstrecker zwingend der Behördenaufsicht untersteht.6 Durch die Verwendung des Begriffs «Auftrag» insb. in Art. 517 Abs. 2, aber auch in Art. 518 Abs. 2 ZGB, stellt das Gesetz überdies einen Bezug zu den Bestimmungen der Art. 394 ff. OR her. Diese regeln den Auftrag. Insgesamt ist und bleibt der gesetzliche Regelungsumfang gemessen an der Bedeutung der Willensvollstreckung in der Praxis klein. Immerhin tragen ein umfangreiches Schrifttum und zahlreiche Entscheide 7 zur Klärung von erstaunlich vielen, sich im Zusammenhang mit diesem Amt stellenden Fragen bei.
Die Willensvollstreckung gilt als ein privatrechtliches Institut sui generis mit einer unabhängigen und selbständigen Stellung des Amtsträgers, der nicht Beauftragter der Erben ist, auch wenn er im formellen Sinn für die Erben handelt.8 Im Innenverhältnis zu den Erben sind auftragsrechtliche Bestimmungen sinngemäss anzuwenden. Im Aussenverhältnis, d.h. gegenüber Dritten, gelangen die Regeln über die Erbschaftsverwaltung9 und die Stellvertretung10 zur Anwendung.11
Die hängige Erbrechtsrevision sieht am Institut der Willensvollstreckung – nebst kleineren Retuschen – nur einen Eingriff von Bedeutung vor. Insbesondere soll die Aufsicht über das Amt generell von einem Gericht wahrgenommen werden, was in der Vernehmlassung nicht überall auf Zustimmung gestossen ist. Der Gesetzgeber will damit unter anderem die komplizierte Trennung zwischen formellen und materiellen Fragen, eine Vereinfachung des Verfahrens und eine bessere Kontrolle der Willensvollstrecker erreichen.12 Überdies werden unbedeutende Klarstellungen vorgeschlagen, welche die geltende Praxis wiedergeben und transparenter machen. Zum Beispiel der Anspruch eines Willensvollstreckers auf eine Willensvollstreckerbescheinigung. Insgesamt geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Willensvollstreckung bewährt hat und sich keine gröberen Eingriffe aufdrängen.
2. Einsetzung, Interessenkonflikte
Die Willensvollstreckung wird von Kennern der Materie als praktisch bedeutend eingestuft.13 Statistische Angaben oder Schätzungen über die Zahl der Willensvollstreckungen sind soweit ersichtlich jedoch keine bekannt. Wann sollte ein Erblasser bei seiner Nachlassplanung an den Einsatz eines Willensvollstreckers denken? Generell lässt sich sagen: Je komplexer die Vermögens- und Familienverhältnisse,14 desto eher ist eine Willensvollstreckung sinnvoll. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn den Erben die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse fehlen und der Erblasser sicherstellen will, dass eine von ihm ausgewählte Person mit dem nötigen Fachwissen und der nötigen Integrität oder eine Organisation seines Vertrauens zum Rechten schaut und seinen Nachlass betreut. Eine Vorbefassung mit den Angelegenheiten des Erblassers und Kenntnisse über seine familiären Verhältnisse sind hilfreich, aber keine Vorbedingung. Auch bei eingesetzten Erben – zum Beispiel einer bestehenden oder letztwillig zu errichtenden15 gemeinnützigen Stiftung – kann eine Willensvollstreckung hilfreich sein. Dies insbesondere, wenn die gesetzlichen Erben entferntere Verwandte sind, die nach dem letzten Willen des Erblassers gar nicht oder nur beschränkt am Nachlass partizipieren sollen.
Die Willensvollstreckung ist ein freiwilliges Amt von einer oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen oder Personengesellschaften.16 Der Willensvollstrecker handelt in hoheitlicher Funktion unter Aufsicht. Seine Tätigkeit ist damit keine finanzintermediäre im Sinne des GwG,17 auch wenn er über bedeutende Vermögenswerte verfügt, welche nicht ihm, sondern den Erben gehören bzw. in deren (Gesamt-)Eigentum stehen.
Es gibt keine Pflicht, einen Willensvollstrecker einzusetzen. Namentlich bei intakten Familienverhältnissen kann ein Erblasser die Betreuung und Abwicklung des Nachlasses unter Umständen getrost seinen Erben und Nächsten überlassen. Dies dann, sofern er diese für dazu geeignet und fähig erachtet bzw. ihnen zutraut, selbst und einvernehmlich die laufenden Geschäfte zu besorgen und die Teilung des Nachlasses herbeizuführen oder nach eigenem Dafürhalten fremde Hilfe wo angebracht in Anspruch zu nehmen – zum Beispiel für Steuerangelegenheiten, für die Schätzung von Liegenschaften, für Teilungsvorschläge von Wertschriftendepots usw.
Zur Einsetzung bedarf es einer letztwilligen Verfügung des Erblassers. Die Einsetzung eines Willensvollstreckers durch erbvertragliche Bindung ist nicht möglich. Hingegen finden sich Einsetzungsklauseln häufig in Erbverträgen im Sinne einer jederzeit einseitig widerrufbaren letztwilligen Verfügung. Dagegen ist nichts einzuwenden. Der Erbvertrag ist ein naheliegender Ort, um eine Willensvollstreckung anzusprechen und zu regeln, auch wenn diese sich jeweils auf einen Erblasser bezieht und von diesem zwingend einseitig abgeändert werden kann. Ehegatten können je denselben Willensvollstrecker einsetzen. Es handelt sich aber um zwei rechtlich unabhängige Einsetzungen, wobei jeder Ehegatte einzeln für sich die ihn betreffende Einsetzung widerrufen kann.
Die Einsetzung eines Willensvollstreckers – und seines Ersatzes – gilt als höchstpersönliches Geschäft, sodass die Bezeichnung nicht einem Dritten überlassen werden kann. Generell ist erforderlich, dass der Willensvollstrecker klar bestimmbar ist, auch wenn keine bestimmte Person namentlich bezeichnet wird, sondern zum Beispiel ein Funktionsträger wie der dannzumal amtierende Direktor einer bestimmten Treuhandgesellschaft.18 Die Einsetzung eines namentlich genannten Willensvollstreckers – und bei dessen Ausfall seines Büronachfolgers – soll auch ohne namentliche Nennung des Nachfolgers zulässig sein.19 Die Einsetzung kann bedingt erfolgen, zum Beispiel nach Ablauf eines Jahres, falls die Erben bis dann nicht einvernehmlich geteilt haben, oder zeitlich befristet für eine Dauer von zum Beispiel einem oder zwei Jahren in der Annahme, dass dies einen Anreiz setzt, die Vollstreckung voranzutreiben. Ein Vollstreckungsauftrag lässt sich schliesslich auch inhaltlich z.B. auf bestimmte Vermögenswerte beschränken.
Interessenkonflikte sind grundsätzlich kein Hinderungsgrund für die Amtsausübung. So kann der Erblasser zum Beispiel einen ihm besonders geeignet erscheinenden Erben oder einen Vermächtnisnehmer als Willensvollstrecker einsetzen, was allerdings an der Pflicht zur Neutralität bzw. Unparteilichkeit des Betroffenen nichts ändert.20 In extremen Fällen von Interessenkonflikten kann sich eine richterliche Ungültigkeitserklärung der Einsetzung oder eine Absetzung auf Beschwerde hin rechtfertigen.21 Generell muss man sich bewusst sein, dass Interessenkonflikte beim Amtsinhaber in neuerer Zeit vermehrt kritisch hinterfragt werden.22 Die Schwelle für eine Absetzung ist in der Praxis hoch,23 insbesondere wenn anzunehmen ist, dass sich der einsetzende Erblasser der Interessenkollision bewusst war und diese in Kauf genommen hat. Der Willensvollstrecker sollte darauf achten, echte oder vermeintliche Interessengegensätze zu erkennen und diesen bewusst zu begegnen. Das kann zum Beispiel durch umfassende und rechtzeitige Information, durch eine Trennung von Aufgabenbereichen oder durch Genehmigung von heiklen Geschäften durch die Erben geschehen.24
3. Annahme des Mandats
Die Eröffnungsbehörde teilt dem Willensvollstrecker seine Einsetzung mit, worauf dieser 14 Tage Zeit hat, sich über die Annahme des Mandats zu erklären und Stillschweigen als Annahme gilt. Der Willensvollstrecker, welcher regelmässig über seine Einsetzung und über das Ableben des Erblassers Bescheid weiss, ist es häufig selbst, welcher letztwillige Verfügungen aufbewahrt und der Eröffnungsbehörde einreicht und zusammen mit der Einreichung auch gleich die Annahme seines Amtes erklärt. Der Willensvollstrecker ist an einer raschen Ausstellung einer Bescheinigung interessiert, die es ihm ermöglicht, den Nachlass zu vertreten und für den Verstorbenen zu handeln beziehungsweise dessen Angelegenheiten, soweit von dessen Auftrag gedeckt, weiterzuführen.
Der Inhalt des Willensvollstreckerzeugnisses bestimmt sich nach dem kantonalem Recht. Eine entsprechende Legitimationsurkunde sollte mindestens den Namen des Verstorbenen und des Vollstreckers enthalten wie auch dessen Mandatsannahme bestätigen. Zum Testamentsinhalt braucht sich ein Zeugnis nicht zu äussern. Sollte eine eingeleitete Ungültigkeitsklage bekannt sein, gehört jedoch diese Information in das Zeugnis.25 Auch eine Erbbescheinigung kann als Legitimationsurkunde dienen, weil diese über die Willensvollstreckung und den Amtsinhaber Auskunft geben sollte.
4. Aufgaben und Vorgehensweise
Das Gesetz verweist in Art. 518 Abs. 1 ZGB auf die Rechte und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. Gemeint ist die ordentliche Erbschaftsliquidation gemäss Art. 596 ZGB.26 Dies bedeutet, dass der Willensvollstrecker zwingend einer Aufsicht untersteht, was in der anstehenden Erbrechtsrevision ausdrücklich kenntlich gemacht werden soll. Ferner hat der Willensvollstrecker den Willen des Erblassers zu vertreten und gilt als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen.27 Er hat nicht nur dem Willen des Verstorbenen zur Durchsetzung zu verhelfen, sondern das Recht allgemein zu befolgen und umzusetzen. Er ist dem objektiven Recht und nicht ausschliesslich den Vorstellungen des Erblassers verpflichtet.28
Der Erblasser kann darüber hinaus oder einschränkend Weisungen erlassen und Aufgaben präzisieren, was in der Praxis selten vorkommt. Eine Ausweitung des Mandates ist zum Beispiel in Richtung einer Dauerverwaltung – im Rahmen von Pflichtteilsansprüchen – möglich, nicht jedoch für die Durchsetzung einer Teilung. Einschränkend ist etwa die ausschliessliche Befassung mit einem Unternehmen oder Auslandvermögen, die Ausrichtung von Vermächtnissen, die Verwertung einer Sammlung und Ähnliches denkbar. Der Erblasser kann einen Willensvollstrecker gezielt für komplexe Themen bzw. Vermögenswerte einsetzen und im Übrigen die Teilung seines Nachlasses den Erben überlassen. Bei persönlichkeitsbezogenen Anordnungen wie Art der Bestattung und Trauerfeier oder Anordnungen betreffend Privatpapiere etc. sollte der Willensvollstrecker nahen Angehörigen den Vortritt geben und auch persönliche Erinnerungsstücke, Korrespondenzen oder Ähnliches nicht ohne Einverständnis der Angehörigen weggeben oder vernichten.29
Je nach den konkreten Verhältnissen und Anordnungen obliegen dem Willensvollstrecker weitere Aufgaben.30 Er hat die Erbschaft zu verwalten, muss sich also um das Nachlassvermögen kümmern, egal ob es aus Wertschriften (Vermögensverwaltung), Liegenschaften oder anderem besteht. Er hat die Schulden des Nachlasses zu tilgen, Vermächtnisse auszurichten, ein Auge auf Auflagen zu richten und nötigenfalls deren Durchsetzung sicherzustellen. Von besonderer Bedeutung ist die Vorbereitung der Erbteilung. Dies ist gleichsam das übergeordnete Ziel jeder Willensvollstreckung, jedenfalls sofern es mehr als einen Alleinerben gibt.
4.1 Befugnisse
Der Willensvollstrecker hat die exklusive und umfassende Befugnis der Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses und schliesst die Erben während seines Amtes von diesen Kompetenzen aus.31 Der Willensvollstrecker wird berechtigten Anliegen der Erben Rechnung tragen, soweit sie sich mit dem Gesetz und dem letzten Willen des Erblassers vertragen. Überhaupt ist ihm zu empfehlen, die Wünsche der Erben, namentlich zu bedeutenderen Verwaltungshandlungen und für die Vorbereitung der Teilung, in Erfahrung zu bringen und soweit möglich zu berücksichtigen. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt und grundsätzlich keine Machtdemonstration des Willensvollstreckers zu empfehlen. Vorbehalten bleiben spezialgesetzliche verfahrensrechtliche Bestimmungen, zum Beispiel im Steuerrecht im Rahmen eines Nachsteuerverfahrens, bei dem der Willensvollstrecker in der Regel auch Verfahrensbeteiligter ist, aber nicht notwendigerweise unter Ausschluss der Erben.
Gegenüber dem überlebenden Ehegatten ist unklar, wie weit der Willensvollstrecker den Nachlass in der güterrechtlichen Auseinandersetzung vertritt. Seine Befugnisse konzentrieren sich auf den Nachlass und erstrecken sich grundsätzlich nicht auf das eheliche Gesamtvermögen. Er hat kein eigenes Recht, die der Erbteilung vorausgehende güterrechtliche Auseinandersetzung durchzuführen.32 Die güterrechtliche Auseinandersetzung geht der erbrechtlichen vor,33 das heisst, erst nach Durchführung der güterrechtlichen Auseinandersetzung steht der zur Teilung stehende Nachlass fest. Demnach kommt der Willensvollstrecker – ausser in Fällen der Gütertrennung – um eine Befassung mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung nicht herum, weil er es ist, der das Nachlassvermögen feststellen muss. Er muss daher mit dem überlebenden Ehegatten eine allenfalls erforderliche Vereinbarung über die Erledigung güterrechtlicher Ansprüche abschliessen können.34 Also hat er die güterrechtliche Auseinandersetzung doch vorzubereiten und soweit möglich durchzuführen.35 Er ist aber nicht Partei einer Vereinbarung zwischen den Erben und dem überlebenden Ehegatten auf güterrechtliche Auseinandersetzung. Auch soll der Willensvollstrecker an Prozessen über die güterrechtliche Auseinandersetzung genauso wenig beteiligt sein wie an erbrechtlichen Herabsetzungsklagen.36 Die güterrechtliche Auseinandersetzung kann in Extremfällen dazu führen, dass die Willensvollstreckung gegenstandslos wird, weil kein Nachlassvermögen verbleibt, um das sich der Willensvollstrecker kümmern könnte.37
Der Willensvollstrecker hat umfassende Informationsrechte gegenüber den Erben und Dritten, verwaltet die Erbschaft, begleicht Nachlassschulden, richtet Vermächtnisse aus und setzt Auflagen durch. Bei der Ausrichtung von Vermächtnissen ist er gut beraten, sich zu vergewissern, dass diese unangefochten sind und keine Pflichtteilsansprüche verletzen. Namentlich bei Geld oder Wertschriftenvermächtnissen ist ansonsten eine rasche Ausrichtung ratsam, auch um der umstrittenen Frage nach einer Zins- oder Ertragsablieferungspflicht zugunsten des Vermächtnisnehmers ab Fälligkeit oder ab definitivem Erwerb der Erbschaft38 die Spitze zu brechen.
Schliesslich und vor allem soll der Willensvollstrecker die Erbteilung vorbereiten. Auch wenn das Gesetz von der Ausführung der Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes spricht,39 ist anerkannt, dass sich seine Befugnis auf die Vorbereitung und Durchführung der Teilung bei Zustimmung aller Erben beschränkt. Die Erbteilung selbst ist somit zustimmungsbedürftig und es steht den Erben frei, abweichend von den Vorschlägen des Willensvollstreckers und auch von den Anordnungen des Erblassers zu teilen, sofern sie sich darüber einig sind.
4.2 Ausübung
Der Willensvollstrecker hat sein Mandat persönlich auszuüben. Er darf jedoch Hilfspersonen beiziehen. Typische Tätigkeitsbereiche für Hilfspersonen sind Buchhaltungsarbeiten, Vermögensverwaltung, Sekretariatsarbeiten, aber auch die Beantwortung von Steuerfragen, die besondere Fachkenntnis erfordern. Auch Erben oder Vermächtnisnehmer können einzeln oder zusammen für Teilbereiche hilfsweise beigezogen werden und kümmern sich in der Praxis häufig um den Hausrat, Schmuck und andere persönliche Gegenstände des Erblassers.
Bei mehreren Willensvollstreckern gilt grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip, wonach diese gemeinsam handeln müssen.40 Das kann in der praktischen Umsetzung umständlich sein, insbesondere wenn die Willensvollstrecker nicht gut harmonieren oder einen anderen Arbeitsstil pflegen, weshalb eine abweichende Anordnung vom Einstimmigkeitsprinzip unter Umständen sinnvoll sein kann. Man denke zum Beispiel an einen zusätzlichen Willensvollstrecker mit Wohnsitz in einem ausländischen Staat, in welchem der Erblasser eine Immobilie oder andere Vermögenswerte gehalten hat und um welche sich dieser nachmalige Co-Willensvollstrecker zu Lebzeiten des Erblassers gekümmert hat. Denkbar ist, die Befugnisse eines solchen Willensvollstreckers auf Vermögenswerte in einem bestimmten Land zu beschränken, ihm dafür aber Einzelzeichnungsrecht zu geben, das heisst, ihn zu autorisieren, eigenständig und ohne Mitwirkung eines weiteren Willensvollstreckers für entsprechende Nachlassgegenstände zu handeln.
Der Willensvollstrecker wird zum abgeleiteten oder unselbständigen Besitzer an Nachlasssachen und hat das Verfügungsrecht darüber. Bei Grundstücken kann er im Grundbuch angemerkt werden.41 Überdies räumt ihm die Grundbuchverordnung die Befugnis ein, Grundstücke des Nachlasses zu veräussern oder zu belasten, die Ausrichtung eines Vermächtnisses zur Eintragung zu bringen und in einem Erbteilungsvertrag vereinbarte Geschäfte einzutragen.42
4.3 Handlungsmaximen
Der Willensvollstrecker sollte sein Handeln an Grundsätzen ausrichten, deren Beachtung eine zielgerichtete und möglichst reibungslose Ausübung seiner Aufgabe und Befugnisse erlaubt.43 Er muss insbesondere sorgfältig, loyal und neutral vorgehen und sein Mandat speditiv und kontinuierlich bearbeiten und abschliessen.44 Eine sachliche Rechtsausübung ist gefragt, das heisst, es ist gegenüber den Erben mit gebotener Zurückhaltung bzw. schonender Rechtsausübung und unparteiisch vorzugehen.45 Der Willensvollstrecker soll die Erben laufend über seine Tätigkeit und Erkenntnisse informieren, periodisch Rechenschaft ablegen und die Erbschaft herausgeben und darüber abrechnen.
Er hat dabei stets das Ziel zu beachten, die Erbschaft nur so lange zu verwalten und zu betreuen, bis sie nach Massgabe der Anordnungen des Erblassers, dem objektiven Recht folgend und letztlich einvernehmlich unter den Erben geteilt und an diese ausgehändigt bzw. an diese übertragen werden kann. Die eigentliche Mandatsausübung und die einzelnen Schritte, welche letztlich zur anzustrebenden Teilung und zum Abschluss des Mandates führen, hängen selbstredend von den konkreten Verhältnissen ab. Die nachfolgenden Ausführungen fokussieren auf einige Handlungen und Fragen, welche in der Mandatsabwicklung typischerweise zu beachten sind bzw. auftreten können
4.4 Inventarisation
Der Willensvollstrecker wird sich zunächst einen Überblick über die Vermögens- und Familienverhältnisse verschaffen, soweit ihm diese nicht – was häufig der Fall ist – aus seiner Beratungstätigkeit für den Erblasser bekannt sind. Für die Erfassung der Vermögensverhältnisse kommt der letzten Steuererklärung und Veranlagung eine Schlüsselrolle zu.46 Der Willensvollstrecker wird ein Inventar erstellen, welches sämtliche ihm bekannten Vermögensgegenstände auflistet. Er wird sie mit einem Wert versehen, in der Regel dem Verkehrswert. Die letzte Steuererklärung für den Verstorbenen, die per Todestag – auch wenn ein überlebender Ehegatte da ist – zu erstellen ist 47 und nebst den Einkünften namentlich auch das Vermögen zu diesem Zeitpunkt aufzulisten hat, hilft dabei, ist aber nicht für alle Positionen einschlägig.
Hausratsgegenstände und persönlicher Schmuck finden sich in der Regel nicht in der Steuererklärung und sind auch nicht steuerpflichtig, können jedoch sehr wohl für die Erben und die dereinstige Erbteilung von Bedeutung sein und gehören insoweit grundsätzlich ins Inventar. Die persönliche Nutzniessung des Erblassers zum Beispiel an einer Liegenschaft, welche mit seinem Ableben endet, ist demgegenüber nicht aufzunehmen bzw. allenfalls bloss als Erinnerungsposten zu erwähnen. Ähnliches kann für vom Erblasser errichtete Trusts gelten, welche ihm gegenüber transparent besteuert wurden, auch wenn das Eigentum beim Trustee anzusiedeln ist.
Bargeldbestände sind zu prüfen wie auch, ob Schliessfächer bzw. Safes vorhanden sind, sei es zu Hause oder bei Banken. Der Inhalt derselben ist zu sichten und aufzunehmen und gegebenenfalls in Verwahrung zu nehmen.
Lebzeitige Vermögensübertragungen, welche unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichung oder Herabsetzung eine wichtige Rolle spielen können, gehören nicht ins Inventar. Das ändert nichts daran, dass solche lebzeitigen Transaktionen zum Beispiel für die Feststellung der sogenannten Pflichtteilsberechnungsmasse und damit einhergehend die Bestimmung von Erbanteilen von grosser Bedeutung und vielfach auch umstritten sein können.
4.5 Buchführung
Aus der Rechenschaftspflicht ist abzuleiten, dass der Willensvollstrecker über seine Tätigkeit bzw. über finanzielle Dispositionen während der Dauer seines Mandats den Umständen angemessen, sachgerecht, zweckmässig und nachvollziehbar Buch führen sollte. Häufig wird eine vereinfachte, mit den Erben abgesprochene Buchführung genügen, indem zum Beispiel sämtliche finanziellen Transaktionen über ein Bank- oder Postkonto abgewickelt werden. Bei komplizierten Verhältnissen mit unzähligen Eingängen und Ausgängen oder falls die Erben es verlangen, kann der Willensvollstrecker eine eigentliche Buchführung einrichten oder in Auftrag geben.
4.6 Information
Der Umgang mit Informationen ist von zentraler Bedeutung für den Willensvollstrecker, der zuweilen die Funktion einer eigentlichen Informationsdrehscheibe hat. Das gilt besonders, wenn die Erben über einen unterschiedlichen Kenntnisstand verfügen, zum Beispiel wenn einzelne Erben dem Erblasser näher standen und bereits lebzeitig mit dessen Vermögen befasst waren, sich um die Vermögensverwaltung und um den laufenden Zahlungsverkehr gekümmert haben oder dazu bevollmächtigt waren. In einer solchen Situation ist es besonders wichtig, dass der Willensvollstrecker alle Erben mit denselben und allen relevanten Informationen versieht, welche für den Nachlass und dessen Abwicklung von Bedeutung sind.
Dies betrifft zunächst das Nachlassvermögen, wie es sich am Todestag präsentiert, und alle Vermögensdispositionen ab diesem Zeitpunkt. Wertschriftenverzeichnisse, Kontoauszüge etc. stehen allen Erben zu und sind diesen vorzugsweise in regelmässigen Abständen vom Willensvollstrecker zugänglich zu machen, wobei die Erben sich je einzeln entsprechende Informationen und Belege auch direkt bei den kontoführenden Finanzinstituten beschaffen können. Bei länger dauernder Tätigkeit wird er den Erben jährlich eine Aufstellung über für die Steuern relevante Werte, also insbesondere Vermögensstand, Erträge und abziehbare Aufwendungen zustellen. Soweit Wertschriftenvermögen vorhanden ist, stellen die Finanzinstitute auf Bestellung Steuerauszüge als Grundlage hierfür zur Verfügung.
Die Informationsbeschaffung obliegt nicht ausschliesslich dem Willensvollstrecker. Vielmehr sind namentlich die Erben untereinander und gegenüber dem Willensvollstrecker vollumfänglich zur Information verpflichtet. Es geht demnach weniger um eine einseitige Informationsbeschaffung durch den Willensvollstrecker zuhanden der Erben, sondern vielmehr um einen eigentlichen Informationsaustausch für alles, was letztlich für die Erbteilung relevant ist. Die gegenseitige Informationspflicht umfasst namentlich auch Vermögensdispositionen zu Lebzeiten des Erblassers.
Auch über das im Ablebenszeitpunkt des Erblassers vorhandene Nachlassvermögen hinaus trifft den Willensvollstrecker eine Informationspflicht zu allem, was mit dem Nachlass zusammenhängt oder für die Abklärung von Herabsetzungsansprüchen benötigt wird. Dies ergibt sich u.a. aus seiner Aufgabe, die Erbteilung vorzubereiten bzw. den Erben Erbteilungsvorschläge zu unterbreiten. Wenn den Erben eine bestimmte Erbquote oder ein bestimmter Pflichtteil zusteht, stellt sich die Frage der Berechnung bzw. ob zusätzlich zu dem beim Ableben vorhandenen Vermögen weitere lebzeitige Vermögensdispositionen auszugleichen sind oder zur Festlegung der Anteile oder der sog. Pflichtteilsberechnungsmasse relevant sind.
Wie weit die Pflicht des Willensvollstreckers zur Informationsbeschaffung geht, wird kontrovers beurteilt.48 Zunächst ist davon auszugehen, dass der Willensvollstrecker auf Anfrage hin alles Zumutbare zu unternehmen hat, um gewünschte Informationen zu beschaffen. Umstritten ist, ob ihn darüber hinaus eine aktive Informationspflicht trifft, Erben über ihm – möglicherweise ausserhalb der Nachlassabwicklung, zum Beispiel als beratender Anwalt bekannte – Vorgänge aufzuklären, welche deren Rechte betreffen.49 Nicht verpflichtet ist der Willensvollstrecker meines Erachtens, detektivisch vor dem Ableben des Erblassers erfolgten Vermögensdispositionen nachzuforschen, sofern konkrete Anhaltspunkte fehlen, wonach sie einen Einfluss auf die Erbteilung und deren Vorbereitung haben könnten. Zu beachten ist, dass der Willensvollstrecker für die einer Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen dienende Herabsetzungsklage nicht Prozesspartei ist.
Zu einer guten Informationspolitik des Willensvollstreckers und letztlich seiner Pflicht gehört, dass er die Erben laufend mit relevanten Informationen versorgt und über seine Tätigkeit Rechenschaft ablegt.
4.7 Prozessführung
Der Willensvollstrecker vertritt den Nachlass und ist daher aktiv und passiv legitimiert, Prozesse für und gegen den Nachlass zu führen. Diese Befugnis steht ihm ausschliesslich zu, das heisst ohne konkurrierende Legitimation der Erben. Praktisch betrifft dies vom oder gegen den Erblasser geführte Prozesse zum Beispiel in Steuersachen,50 Baurekursverfahren, Nachbarstreitigkeiten und Forderungen aller Art usw.
Für die eigentliche Erbschaftsklage ist der Willensvollstrecker aktiv legitimiert, während er bei Vermächtnisklagen passiv legitimiert ist. Für Auskunftsklagen kann er sowohl aktiv als auch passiv legitimiert sein.
Keine Prozessführungsbefugnis hat der Willensvollstrecker bei einer Ungültigkeitsklage, es sei denn, die Einsetzung des Willensvollstreckers bilde Streitgegenstand. Ebenso wenig direkt am Prozess beteiligt ist er an einer Herabsetzungsklage, einer Ausgleichungsklage und einer Erbteilungsklage.51
4.8 Teilung
Die Erarbeitung eines Teilungsvorschlags gehört zu den Kernkompetenzen und Aufgaben des Willensvollstreckers. Nach Wortlaut des Gesetzes 52 hat der Willensvollstrecker die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. Die gewichtigste Stimme für die Teilung erwähnt das Gesetz allerdings nicht, nämlich die der Erben. Der Willensvollstrecker ist jedenfalls gut beraten, sich zu vergewissern, dass seine Vorschläge mit den Wünschen und Vorstellungen der Erben übereinstimmen. Die Befugnisse des Willensvollstreckers sind ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes bezüglich der Ausführung einer Teilung beschränkt53 und sein Ermessensspielraum ist auffallend kleiner als bezüglich der Verwaltung der Erbschaft.54
Anerkanntermassen kann der Willensvollstrecker seine Teilungsvorschläge nicht gegen den Willen der Erben durchsetzen, auch nicht, wenn der Erblasser ihn ausdrücklich dazu ermächtigt hat. Die Erben können von seinen Vorschlägen und auch von Teilungsanordnungen des Erblassers abweichen, sofern sie sich einig sind. Einzig wenn sich die Erben passiv verhalten, das heisst zu einem konkreten Teilungsvorschlag des Willensvollstreckers weder zustimmend noch ablehnend Stellung nehmen, kann dieser nach der sogenannten Zürcher Praxis,55 welche nicht nur in Zürich zur Anwendung gelangt, den Erben Frist ansetzen oder ansetzen lassen, um eine Entscheidung herbeizuführen. Die Erben haben sich dann innert Frist dem Teilungsvorschlag anzuschliessen oder dagegen eine Anfechtungsklage anzustrengen. Bei Fristversäumnis kann der Willensvollstrecker zur vorgeschlagenen Realteilung schreiten, ohne Verantwortlichkeitsansprüche befürchten zu müssen. Über Liegenschaften kann er so allerdings nicht verfügen, weil die Grundbuchverordnung56 für den Eintrag einen schriftlichen Teilungsvertrag oder die Zustimmung aller Erben voraussetzt. Auch kann ein Erbe gegen die entsprechend vorgenommene Teilung und später noch gegen andere Erben vorgehen.
Inhaltlich kann sich ein Vorschlag des Willensvollstreckers am typischen Aufbau eines Teilungsvertrages orientieren. Dieser umfasst in der Regel zunächst die Teilungsgrundlagen und die Feststellung des Nachlasses, d.h. der Nachlassaktiven und -passiven, die zur Teilung stehen. Es folgt die Zuweisung von Nachlassgegenständen an die Erben und eine abschliessende Vereinbarung über die Durchführung und den Abschluss.
Dauert die Willensvollstreckung an,57 kann der Willensvollstrecker Abschlagszahlungen ausrichten, wozu er nicht auf die Zustimmung aller Erben angewiesen ist.58 Wird hingegen der Weg einer partiellen Erbteilung beschritten, bedarf es der Zustimmung aller Erben. Dies sowohl bei einer objektiv partiellen Erbteilung, bei welcher bestimmte Vermögenswerte zur Teilung gelangen, als auch bei der subjektiv partiellen Erbteilung, bei welcher ein (oder mehrere) Erben aus der Gemeinschaft ausscheiden. Bei jeder Art der Verteilung von Nachlasswerten wird der Willensvollstrecker sicherstellen wollen, dass ihm genügend Mittel zur Deckung aller noch zu erwartenden Kosten, Auslagen, Steuern etc. bis zur definitiven Erbteilung verbleiben.
5. Vergütung, Fälligkeit
Das Gesetz spricht dem Willensvollstrecker eine angemessene Vergütung zu.59 Diese ist in dem Sinne nach heutiger Lehre zwingend, als der Erblasser einen Vergütungsanspruch weder wegbedingen noch von den bundesrechtlichen Massstäben abweichende Kriterien festlegen kann.60 Selbstverständlich kann ein Willensvollstrecker freiwillig auf die Honorierung seiner Dienste verzichten, was insbesondere im innerfamiliären Verhältnis vorkommt, wenn das Amt von einem Erben oder einem nahen Verwandten ausgeübt wird. Der Vergütungsanspruch umfasst auch Spesen und Auslagenersatz, welche getrennt auszuweisen sind. Ordnet der Erblasser eine objektiv gesehen zu hohe Vergütung an, ist auszulegen, ob die Differenz zu einer angemessenen Vergütung als Vermächtnis einzustufen ist.61
Bemessungskriterien für eine angemessene Vergütung sind der Zeitaufwand, die Komplexität der Verhältnisse, der Umfang und die Dauer des Auftrags sowie die Verantwortung. Fällig ist eine Vergütung bei Abschluss der Arbeiten, wobei bei längerer Dauer ein Anspruch auf Akontozahlungen unter Vorbehalt der Schlussrechnung besteht.62 Das Honorar gilt als Erbgangsschuld, an welcher dem Willensvollstrecker ein Retentionsrecht zusteht.63
Gegen zu hohe Honorare können die Erben gemeinsam – also nicht je einzeln – in notwendiger Streitgenossenschaft eine Rückforderungsklage erheben.64
6. Aufsicht kantonal geregelt
Die Tätigkeit des Willensvollstreckers unterliegt wie erwähnt zwingend der Aufsicht. Diese ist zusätzlich zur berufsspezifischen Aufsicht über Anwälte und Notare zu verstehen, wobei eine konkurrierende Zuständigkeit der beiden Aufsichten abzulehnen ist.65 Zuständig ist die vom kantonalen Einführungsrecht bezeichnete Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers. Das kann eine gerichtliche 66 Behörde sein oder ein Erbschafts- bzw. Teilungsamt,67 das Notariat,68 der Gemeinderat,69 die Amtsschreiberei 70 oder die Kesb.71
Die Aufsichtsbehörde schreitet nur in krassen Fällen von Amtes wegen ein und wird im Übrigen auf Beschwerde 72 hin tätig. Zur Beschwerde legitimiert sind alle an der Erbschaft Beteiligten, auch Vermächtnisnehmer.73 Fraglich ist, ob der Willensvollstrecker selbst und ohne laufendes Beschwerdeverfahren von der Aufsicht Weisungen bzw. Empfehlungen einholen kann.74 Das geltende Recht sieht eine derartige Auskunftserteilung nicht vor, der Willensvollstrecker kann insbesondere die Verantwortung für sein Handeln nicht an eine Behörde delegieren.75
Die Kognition der Aufsicht ist auf die Zweckmässigkeit der Amtsführung konzentriert. Fehlt es an dieser oder liegen Ordnungswidrigkeiten vor, greift die Aufsicht ein.76 Eigentliche Klagethemen wie die Erbenstellung und andere materiell erbrechtliche Belange gehören nicht vor die Aufsicht, sondern vor die Gerichte. Dasselbe gilt für Streitigkeiten über Honorare des Willensvollstreckers.
Wie bereits erwähnt wird im Rahmen der Erbrechtsrevision vorgeschlagen, die Aufsicht generell einem Gericht vorzubehalten, womit auch die heute jeweilen bestehende Unsicherheit über die Zuständigkeit abgeschwächt werden soll.
Mögliche Disziplinarmassnahmen umfassen Verweise und Ermahnungen, wobei präventive Massnahmen vor Sanktionen und mildere vor schärferen Anordnungen Vorrang haben.77 Insbesondere kann die Behörde Empfehlungen und Weisungen erteilen. Umstritten ist, ob sie eine vorsorgliche Suspendierung anordnen kann, während vorübergehende Beschränkungen der Befugnisse, Bussen und Fristansetzungen als zulässig erachtet werden. Vom Willensvollstrecker getroffene Dispositionen und Massnahmen können durch die Behörde aufgehoben werden, wobei der Vorbehalt von gutgläubigem Dritterwerb zu machen ist. Bei grober Pflichtverletzung oder verschuldeter Unmöglichkeit der gehörigen Erfüllung ist eine Absetzung möglich.78 Wird die Streitwertgrenze erreicht, welche sich nicht am Nachlass misst, ist ein Weiterzug gegen Aufsichtsmassnahmen bis ans Bundesgericht durch Beschwerde in Zivilsachen möglich. Unterliegt der Willensvollstrecker, muss er die bezüglichen Kosten selber tragen und darf diese nicht dem Nachlass belasten.79
7. Vertragsähnliche Verschuldenshaftung
Der Willensvollstrecker haftet zivilrechtlich für getreue und sorgfältige Auftragsausführung. Es handelt sich um eine vertragsähnliche Verschuldenshaftung.80 Der Willensvollstrecker hat das Fehlen von Verschulden geltend zu machen, zu substanziieren und zu beweisen. Das heisst, grundsätzlich gilt die Beweislastregel von Art. 97 Abs. 1 OR.81 Das Vorliegen eines Schadens muss der oder müssen die Kläger nachweisen. Nach vorherrschender Meinung ist jeder Erbe und Vermächtnisnehmer zur Klage einzeln legitimiert.82
Wie erwähnt gilt für Anwälte und Notare ein zusätzliches Aufsichts- und Disziplinarrecht nach Massgabe der entsprechenden Standesrechte.83
Der Vollständigkeit halber ist überdies auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit zum Beispiel in Fällen von Veruntreuung 84 oder ungetreuer Geschäftsbesorgung 85 hinzuweisen
8. Berichterstattung, und Abschluss
Üblich ist, bei länger dauernden Vollstreckungen mindestens einmal jährlich Bericht zu erstatten und abzurechnen.86 Das ist sinnvoll, weil der Willensvollstrecker den Erben in der Regel jährlich die zur Erstellung von deren Steuererklärungen notwendigen Unterlagen und Informationen liefern muss und überdies die Verrechnungssteuer in unverteilten Nachlässen vom Willensvollstrecker zurückzufordern ist. Ein pragmatischer Ansatz ist, dass der Willensvollstrecker regelmässig sämtliche Erben schriftlich und mit Beilagen über den Fortschritt seiner Arbeiten informiert und dadurch seiner Berichterstattungspflicht nachkommt. Das mag zu Beginn einer Willensvollstreckung in kürzeren Abständen erfolgen als später, wenn die wichtigsten Informationen und Dokumente bekannt sind. Eine saubere Rechenschaftsablage dient der laufenden Information der Erben und überdies der Haftungsprävention, weil fehlende oder fehlerhafte Information zur Verantwortung des Willensvollstreckers führen kann.87
Beendet ist die Willensvollstreckung grundsätzlich mit vollständiger Durchführung der Nachlassabwicklung und -teilung und Erledigung der im Testament allenfalls speziell angeordneten Aufgaben. Die Akten der Willensvollstreckung sind für mindestens zehn Jahre aufzubewahren, was allerdings die Beendigung des Mandats nicht aufschiebt.
Zu einer Beendigung führt überdies die Ungültigerklärung eines Testaments, welches die Einsetzung anordnet, und ein Beschluss aller Erben, die Erbengemeinschaft fortzusetzen oder sich in eine einfache Gesellschaft umzuwandeln. Die Erben haben zwar kein über das geschilderte Beschwerdeverfahren hinausgehendes Abberufungsrecht gegenüber dem Willensvollstrecker, können diesen jedoch durch entsprechende Vereinbarung unter sich in seinem Aktionsradius beschränken bzw. sein Amt faktisch beenden.
Eine Zahlungsunfähigkeit oder ein Konkurs des Willensvollstreckers führt nicht automatisch zur Beendigung von dessen Mandat, kann jedoch ein Absetzungsgrund sein. Lediglich zu einer Sistierung oder Einschränkung führen laufende Gerichts- oder Behördenverfahren, welche zum Beispiel auf die Ungültigkeit von Vermächtnissen oder die Einsetzung des Willensvollstreckers gerichtet sind. Sistiert ist das Amt des Willensvollstreckers während der Aufnahme des öffentlichen Inventars oder einer amtlichen Liquidation und während andauernder Erbschaftsverwaltung, wobei bei der Bestellung eines Willensvollstreckers dieser in der Regel zum Erbschaftsverwalter zu ernennen ist.
1 Partner bei Homburger Rechtsanwälte, angepasste Fassung eines Beitrags zur SJWZ-Tagung zum Erbrecht am 9.11.2020 in Zürich.
2 Jean Nicolas Druey, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl., Bern 2002, S. 207.
3 Art. 518 Abs. 1 ZGB.
4 Art. 518 ZGB m.V.a. Art. 554 f. ZGB.
5 Bernhard Christ / Mark Eichner, Art. 518 ZGB N 1 m.w.V., in: Praxiskommentar Erbrecht, 3. Aufl., Bern 2015 (fortan: PraxKomm Erbrecht).
6 Martin Karrer / Nedim Peter Vogt / Daniel Leu, Art. 518 N 2, in: Basler Kommentar Zivilgesetzbuch II, 6. Aufl., Basel 2019 (fortan: BSK-ZGB II).
7 Siehe jährlichen Überblick, zuletzt: Hans Rainer Künzle, «Aktuelle Praxis zur Willensvollstreckung (2018–2019)», in: Successio 2020, S. 18–42.
8 Druey, a.a.O., S. 201.
9 Art. 554 f., 595 ff., 602 Abs. 3 ZGB.
10 Art. 32 ff. OR.
11 Stephan Wolf / Stephanie Hrubesch-Millauer, Schweizerisches Erbrecht, 2. Aufl., Bern 2020, Rz 838 f.
12 Vorentwurf und erläuternder Bericht zur Änderung des ZGB (Erbrecht) vom 5.6.2020, www.bj.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2016/2016-03-041.html, S. 54.
13 Druey, a.a.O., S. 207.
14 Zum Beispiel bei Patchworkfamilien mit sehr unterschiedlichen Interessen.
15 Sog. Erbstiftungen, vgl. Art. 493 ZGB.
16 Als Willensvollstrecker zu handeln wird einer einfachen Gesellschaft i.d.R. abgesprochen, da ihr die Prozessfähigkeit fehlt. Vgl. PraxKomm Erbrecht, Art. 517 ZGB N 12 m.w.H.
17 Vgl. BSK-ZGB II, Art. 518 N. 12a.
18 BSK-ZGB II, Art. 517 ZGB N 5.
19 Vgl. zu dieser sog. Büroklausel BGE 91 II 177, 182.
20 PraxKomm Erbrecht, Art. 517 ZGB N 13; Balthasar Bessenich, «Interessenkonflikte in erbrechtlichen Mandaten», in: Successio 2013, 128 ff.
21 Vgl. BGE 90 II 376, 384.
22 Vgl. Hans Rainer Künzle, Berner Kommentar Art. 517–518 ZGB, Die Willensvollstrecker, N 7 ff. (fortan: BK-Künzle).
23 Vgl. Urteil PF150068 des Obergerichts Zürich vom 29.1.2016, S. 24.
24 BK-Künzle, Art. 517–518 ZGB, N 10.
25 BSK-ZGB II, Art. 517 N 19.
26 BGE 66 II 148, E.2.; BK-Künzle, Vorbemerkungen zu Art. 517–518 ZGB, N 20.
27 Art. 518 Abs. 2 ZGB.
28 Druey, a.a.O., S. 207.
29 Art. 613 Abs. 2 ZGB.
30 Marc Antonio Iten, Die Willensvollstreckung in fünf Phasen, Zürich 2019, S. 11, spricht hier vom sekundären Leistungsauftrag.
31 BGE 90 II 376, E. 2.
32 So BSK-ZGB II, Art. 518 N 5.
33 BK-Künzle, Art. 517–518 ZGB, N 282.
34 BSK-ZGB II, Art. 518 N 5.
35 Vgl. Iten, a.a.O., S. 69 und S. 94 f.
36 BK Künzle, Art. 517–518 ZGB, N 284.
37 BK-Künzle, Art 517–518 ZGB, N 282.
38 Vgl. PraxKomm Erbrecht, Art. 562, N 6 und 19 unter Verweis auf und Kritik an einem obiter dictum in BGE 83 II 427, E. 2.b.
39 Art. 518 Abs. 2 ZGB.
40 Art. 518 Abs. 3 ZGB.
41 Art. 962a Ziff. 2 ZGB.
42 Art. 50 GBV.
43 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 27.
44 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 28 f.
45 PraxKomm Erbrecht, Art. 518, ZGB N 32.
46 Hilfreich ist in dieser Hinsicht, dass alle Kantone im Gegensatz zu unseren Nachbarländern Deutschland und Österreich Vermögenssteuern veranlagen.
47 Ausnahmen sind aus Kulanz- und Praktikabilitätsüberlegungen möglich, wenn das Ableben kurz, d.h. wenige Tage vor oder nach dem 31. Dezember liegt, für welchen Stichtag i.d.R. ohnehin eine Steuererklärung einzureichen ist.
48 Vgl. PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB N 34.
49 So BK-Künzle, Art. 517/518 ZGB, N 223 ff. Dagegen PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB N 34.
50 Soweit diese nicht mit dem Ableben hinfällig werden.
51 Strittig. Vgl. PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB N 114.
52 Art. 518 Abs. 2 ZGB.
53 Vgl. kritisch PraxKomm Erbrecht, Art. 517 ZGB N 1f.
54 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB N 72.
55 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB N 82 m.w.H.
56 Art. 64 Abs. 1 lit. b GBV.
57 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 75a erwähnt den Fall einer überjährigen Erbteilung.
58 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 75a.
59 Art. 517 Abs. 3 ZGB.
60 PraxKomm Erbrecht, Art. 517 ZGB, N 30 und 30a mit Kritik.
61 BGE 117 II 382.
62 BGer 5C.69/2006 vom 23.5.2006, E. 2.2.
63 BGer 5A_881/2012 vom 26.4.2013, E. 5.1.
64 BGer 5A_881/2012 vom 26.4.2013, E. 5.2.
65 PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 88.
66 Zum Beispiel im Kanton Zürich das Bezirksgericht (Einzelrichter in Erbschaftssachen), und in den Kantonen Aargau sowie Graubünden jeweils der Bezirksgerichtspräsident.
67 Zum Beispiel die Erbschaftsämter in den Kantonen Basel-Stadt und Schaffhausen beziehungsweise das Teilungsamt im Kanton
Luzern.
68 Im Kanton Thurgau.
69 In den Kantonen Zug, Aargau und Uri.
70 Im Kanton Solothurn.
71 Im Kanton Glarus.
72 BGer 5A_713/2001 vom 29.1.2002, E. 3.2.
73 BGE 90 II 376.
74 Ablehnend Philip R. Bornhauser, S. 262, in: Ruth Arnet et al. (Hrsg.), Festschrift für Peter Breitschmid, Der Mensch als Mass, Zürich 2019.
75 BK-Künzle, Art. 517–518 ZGB, N 421.
76 BGer 5A_195/2013 vom 9.7.2013, E. 2.2.6.
77 BGer 5P.199/2003 vom 12.8.2003, E. 1.2.
78 BGer 5A_794/2011 vom 16.2.2012, E. 3.3. und E. 4.7.
79 BGer 5C.69/2006 vom 23.5.2006, E. 5.1.
80 Art. 398 ff. OR, BGer 5C.311/2001 vom 6.3.2002, E. 2e.
81 BGer 5A_705/2015 vom 21.6.2016, E. 7.5.
82 BGer 5A_705/2015 vom 21.6.2016, E. 7.2, kritisch: PraxKomm Erbrecht, Art. 518 ZGB, N 104c ff.
83 BGer 2C_1086/2016 vom 10.5.2017, E. 2.1.
84 Art. 138 StGB.
85 Art. 158 StGB.
86 BSK-ZGB II, Art. 518 ZGB N 17.
87 BGE 142 III 9, E. 4.3.2.