Schnellbleiche zum Gerichtsdolmetscher
Übersetzungen · Die Kriterien für die Auswahl und Ausbildung von Dolmetschern sind in den meisten Kantonen bloss rudimentär. Dabei haben sie eine wichtige Rolle im Straf- und Zivilverfahren.
Inhalt
Plädoyer 02/2014
31.03.2014
Sandra Zrinski
Die Qualität einer Übersetzung kann im Zivil- wie im Strafverfahren entscheidend sein: Denn die Aussagen von Parteien sind häufig Basis der Urteilsbegründung.
Ein Überblick über die Situation in den Kantonen zeigt jedoch: Die Auswahl und Ausbildung von Dolmetschern wird nicht überall gleich ernst genommen:
- Kanton Luzern: Wer hier in die Dolmetscherliste eingetragen werden will, muss seit Beginn dieses Jahres den Bas...
Die Qualität einer Übersetzung kann im Zivil- wie im Strafverfahren entscheidend sein: Denn die Aussagen von Parteien sind häufig Basis der Urteilsbegründung.
Ein Überblick über die Situation in den Kantonen zeigt jedoch: Die Auswahl und Ausbildung von Dolmetschern wird nicht überall gleich ernst genommen:
- Kanton Luzern: Wer hier in die Dolmetscherliste eingetragen werden will, muss seit Beginn dieses Jahres den Basis- und Aufbaukurs Behörden- und Gerichtsdolmetschen an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur (ZHAW) absolvieren. Dort lernen die Teilnehmer grundlegende Dolmetschertechniken kennen. Zudem wird dargelegt, welche Rolle ein Dolmetscher in einem Gerichtsverfahren hat. Der Basiskurs dauert einen Tag, der Aufbaukurs acht Tage. Es werden vor allem Kenntnisse in den Bereichen Recherchetechnik und juristische Terminologie sowie Gedächtnistraining vermittelt. Zudem werden Rollenspiele mit einem Vertreter der Polizei durchgeführt.
Diplomarbeit zeigte Handlungsbedarf auf
Bis zum letzten Jahr reichten für die Einstellung als Dolmetscher im Kanton Luzern noch ein einwandfreier Leumund, keine Beziehungen zum Milieu und das Beherrschen einer zweiten Sprache. Die früher zugelassenen Dolmetscher müssen die Kurse nicht nachholen. Anstoss für die Erhöhung der Zulassungshürden gab die Diplomarbeit von Andreas Wymann für die Eidgenössische Höherere Fachprüfung Polizist sowie die Sprachprobleme eines Dolmetschers bei einer Kriminalgerichtsverhandlung im Sommer 2012.
Die Diplomarbeit führt als notwendige Kompetenzen eines Dolmetschers unter anderem auf: Profunde Sprachkenntnisse, Kenntnis der Rolle als Dolmetscher, Fähigkeit, sinngemäss zu übersetzen und den Inhalt präzise wiederzugeben, Verwendung der direkten Rede, korrekte Übersetzung und Erklärung von Redewendungen, Grundkenntnisse im Straf- und Zivilprozessrecht, juristisches Hintergrundwissen und Kenntnis der Fachbegriffe
- Kanton St. Gallen: Hier hat man die Notwendigkeit einer Ausbildung ebenfalls eingesehen. Der Besuch eines Einführungskurses ist Voraussetzung, um auf die Dolmetscherliste zu kommen. Dieser wird intern organisiert. Er dauert laut Ueli Nef vom Sicherheits- und Justizdepartement nur gerade einen halben Tag. In vier Stunden würden die wichtigsten Dolmetscherkenntnisse vermittelt und Aufbau und die Arbeitsweise der Behörden erläutert. Nef betont aber, dass die Dolmetscherliste «bewirtschaftet werden muss». Sprich: Rückmeldungen von Behörden zu einzelnen Übersetzern müsse man unbedingt nachgehen.
- Kanton Bern: Auch hier wurden kürzlich Aufnahmekriterien festgelegt. Sie lauten: persönliche Eignung, einwandfreier Leumund und neu die Absolvierung einer Prüfung nach einem intern organisierten zweitägigen Kurs. Im Unterschied zum Kanton Luzern müssen auch jene Dolmetscher den Kurs absolvieren, die bereits zugelassen sind. «Sonst haben wir zwei Klassen von Dolmetschern», sagt Christof Kipfer, Stabschef der Generalstaatsanwaltschaft Bern. Ziel ist laut Kipfer auch, dass Dolmetscher, die auf der Berner Liste sind, auch in Zürich arbeiten dürfen und umgekehrt.
- Kanton Zürich: Zürich führt bereits seit 2005 in Zusammenarbeit mit der ZHAW regelmässig Kurse für Dolmetscher durch. Der obligatorische Zulassungskurs dauert zwei Tage. Nach der Einführung wurde die Hälfte der ursprünglich 1000 Dolmetscher von der Liste gestrichen. Die Erfahrungen der Zürcher waren für alle genannten Kantone der Auslöser für die Professionalisierung des Dolmetscherwesens.
Mehr Zusammenarbeit der Kantone geplant
Zürich war lange der einzige Kanton mit einer gesetzlichen Grundlage für das Dolmetscherwesen. Laut Tanja Huber, Leiterin der Zentralstelle Dolmetscherwesen am Obergericht Zürich, wird gegenwärtig die Frage der gegenseitigen Anerkennung der Kurse zwischen den Kantonen diskutiert. Zwischen Bern und Zürich sei man auf dem besten Weg dazu. Luzern nimmt Dolmetscher von der Zürcher Liste ebenfalls auf, falls für die betreffende Sprache ein Bedarf besteht.
- Weitere Kantone: Keine Ausbildungsvorschriften machen die Kantone Aargau, Schaffhausen und Schwyz. Laut Nicole Payllier, Leiterin Kommunikation Gerichte Kanton Aargau, ist jedes Gericht selbst für den Einsatz der Dolmetscher besorgt. Eine Änderung sei nicht vorgesehen.