Die Begrüssung der Besucher übernimmt Constitutia. Das ist die Comic-Version der Bundesverfassung, die in einem Trickfilm gleich zu Beginn der Ausstellung «Zum Geburtstag viel Recht. 175 Jahre Bundesverfassung» im Landesmuseum in Zürich zu sehen ist.
Die animierte Verfassung klärt die Zuschauer zunächst über ihre Wurzeln in der Französischen Revolution, den Sonderbundskrieg und anschliessend über ihre Geschichte von 1848 bis in die Gegenwart auf.
Die Ausstellung selbst gliedert sich in drei Teile. Der erste befasst sich mit der Zeit zwischen 1848 und 1891. Man erfährt, dass die 1848 in Kraft getretene Verfassung die Grundlage der modernen Schweiz bildet, die politische Teilhabe damals aber längst nicht für alle galt.
So durften etwa jüdische Männer bis 1866 nicht abstimmen und wählen, Frauen bis 1971 nicht. Weiter geht es in diesem Ausstellungsabschnitt unter anderem um die Rolle der Presse zum Ende des 19. Jahrhunderts, das Verhältnis zwischen Kirche und Staat oder die Rolle der Armee in den Anfangsjahren der modernen Schweiz.
Immer wieder Helvetia – die nationale Symbolfigur
Die Informationen finden sich auf Tafeln, aber auch interaktiv auf Bildschirmen. Dort werden Erklärungen zu Ausstellungsobjekten geliefert. Die Texte sind jeweils auf Deutsch, Französisch und Italienisch verfasst.
Und immer wieder zu sehen: Die Frauenfigur Helvetia als nationales Symbol. Man begegnet ihr als Statue, als Bild oder auf einem eisernen Schild.
Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich der Gegenwart. Die Zuschauer können sich selbst einbringen und zum Beispiel zu politischen Fragen Stellung nehmen – Beispiel: «Braucht es Nichtregierungsorganisationen?» – und ihre Meinung per Stimmzettel in transparenten Urnen deponieren.
An einem anderen Posten können sie in Kabinen an einem interaktiven Quiz teilnehmen. Geprüft wird das Wissen über Grundrechte, etwa die Beschuldigtenrechte im Strafprozess.
Ein Labyrinth zum Thema Bürgerrecht ist dann wie beabsichtigt verwirrlich. Das hat nicht nur mit dem beschwerlichen Weg zum Schweizer Pass zu tun, sondern auch mit der komplizierten Übungsanlage: Für den Besucher ist es zum Teil nicht ganz klar, wie er die einzelnen Posten miteinander in Verbindung bringen muss.
Der dritte Teil beginnt mit dem Jahr 1971. Damals wurde das Wahlrecht für die Frauen eingeführt. Es folgte der Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Um die Konvention und Entscheide des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geht es in diesem Abschnitt immer wieder.
Mehrfach wird das Publikum in frühere Zeiten zurückversetzt: In einem Kubus können sie in einem Wohnzimmer im Stil der Siebziger- und Achtzigerjahre Platz nehmen. Auf einem alten Fernsehgerät läuft eine «Kassensturz»-Sendung von 1984. Im Fernsehbeitrag geht es um den Austausch persönlicher Kundendaten durch Versicherungsgesellschaften und das Thema Überwachung im Allgemeinen.
Fürsorgerische Verfügungen und Kindesentzüge
Zum Schluss kommen in der Ausstellung fürsorgerische Unterbringungen und Kindesentzüge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Sprache. Über die Texte von ausgestellten Verfügungen kann man die Denkweise damaliger Behörden nachvollziehen. Der Zusammenhang mit der Bundesverfassung wird indes nicht immer klar hergestellt: Die Ausstellung handelt mittlerweile sehr allgemein von Themen mit Grundrechtsbezug.
Als Statue ist in diesem Teil folgerichtig nicht mehr die Helvetia zu sehen, sondern die Justitia. An das eigentliche Ausstellungsthema erinnert derweil Constitutia, die Comic-Verfassung. Die Stimme aus dem Trickfilm dringt bis in die hintersten Bereiche der Ausstellung. «Zum Geburtstag viel Recht» ist noch bis zum 16. Juli 2023 zu sehen.