Mit den Worten «Diktieren Sie in natürlichem Sprechrhythmus Dokumente, Arbeitsblätter, E-Mails und mehr – dreimal schneller als durch Tippen und mit einer Genauigkeit von bis zu 99 Prozent» bewerben die Hersteller von «Dragon Naturally Speaking» ihre Spracherkennungssoftware. Ganz unrecht haben sie damit nicht. Sie sollten aber erwähnen, dass für eine Genauigkeit von 99 Prozent je nach Text mehrere Tage, wenn nicht Wochen, nötig sind. Denn die Software lernt mit der Anzahl Diktate. Bei einfachen Ansagen erkennt die Software bald einen Grossteil der Wörter, bei schwierigeren kann sie zumindest eine brauchbare Textgrundlage auf den Bildschirm bringen. Der Lernvorgang erfolgt dadurch, dass der Anwender jeden Fehler sogleich korrigiert und das neue Wort so dem Vokabular von «Dragon Naturally Speaking» hinzufügt.
Erstaunlich: Die Erkennungsrate von Wörtern ist im längeren Kontext deutlich besser als bei kurzen Wortgruppen oder Einzelbegriffen. Komplizierte juristische Wörter werden sehr gut erkannt. Das Vokabular aus dem juristischen Bereich ist umfangreich. Die Software hat jedoch Mühe mit Wörtern aus dem Alltag.
Ein geübter Anwender kann nicht nur Texte, sondern auch Befehle diktieren. Die Wiedergabe einer E-Mail-Adresse etwa lässt sich durch den Befehl «Peter E-Mail» erreichen. Die Befehle müssen vorher per Diktat definiert werden. Auch Formatierungen – etwa fett oder kursiv – kann man diktieren. Nach entsprechender Schulung versteht die Software Befehle wie «Datei speichern». Das Programm lässt sich leicht installieren und ist unkompliziert. Schwachpunkt: Es ist nur mit Windows 7 kompatibel.
Allenfalls Entlastung bei Routinearbeiten
Auch «Voice Pro 12 Legal» wurde für den professionellen Einsatz im juristischen Berufsfeld konzipiert und sollte laut Herstellerangaben keine Wünsche offenlassen. Ganz glücklich wird man aber auch mit dieser Software nicht. Es empfiehlt sich, zur Verbesserung der Worterkennung ein dreiminütiges Stimmtraining und später ein weiterführendes Lernprogramm zu durchlaufen.
Hat man einige Stunden Arbeit mit «Voice Pro 12» hinter sich, bessert sich die Spracherkennung merklich. Die Software verfügt über ein breites juristisches Vokabular. Trotzdem hat sie Mühe bei komplizierten Texten. Lange und komplexe Wörter erkennt die Software nicht auf Anhieb. Positiv fällt die einfache Bedienung des Programms auf. «Voice Pro 12» ermöglicht das Einfügen von Textbausteinen per Sprachbefehl.
Auch diese Software ist nicht Mac-tauglich und lässt sich nur in Microsoft-Programmen direkt einsetzen. Die Installation via Internet ist problemlos möglich. Die Einrichtung der Software funktioniert dann nahezu selbständig.
Fazit: Beide Programme entlasten Juristinnen und Juristen bei Routineaufgaben – aber die Arbeit einer Sekretärin ersetzen sie nicht. Die Versprechungen der Hersteller, dass das Diktieren damit dreimal schneller gehe als das Schreiben von Hand ist zu hoch gegriffen: Die Spracherkenner machen zwar keine Ortografiefehler, wenn das erkannte Wort in ihrem Wörterbuch gespeichert ist. Aber ob es das richtige Wort ist? Fazit: Geübte Anwender können bei längeren Rechtsschriften möglicherweise Zeit sparen. Aber sicher ist dies nicht.
- Dragon Naturally Speaking 12. Legal Edition – Nuance, Fr. 1339.–
- Voice Pro 12 Legal – Linguatec, Fr. 450.40