plädoyer: Die Schweiz hat im letzten Frühjahr die Sanktionen der USA und der EU gegen Russland übernommen. Ist sie deshalb nicht mehr neutral?
Cottier: Die Schweiz schloss sich bereits im Jahr 2005 Sanktionen gegen Weissrussland an. Das war damals kein Thema. Zu Recht, denn diese Sanktionen verletzten die Neutralität ebenso wenig wie jene, die man nun gegen Russland ergriffen hat. Sie stehen im Einklang mit der Uno-Charta. Wird ein Staat von einem anderen angegriffen, wie jetzt die Ukraine von Russland, sieht die Charta das Recht zur kollektiven Selbstverteidigung vor. Das heisst: Andere Staaten dürfen dem angegriffenen Staat helfen – mit wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Aggressor, aber auch mit militärischen Massnahmen. Letztere sind heute für die Schweiz aus neutralitätsrechtlichen Überlegungen kein Thema.
Sager-Koenig: Auch Wirtschaftssanktionen sind Kriegsmassnahmen. Die Tatsache, dass die Schweiz solche Sanktionen mitträgt, zeigt, dass der Neutralitätsbegriff in unserer Verfassung nicht konkret genug ist. Es heisst dort lediglich, dass Bundesrat und Parlament die notwendigen Massnahmen zur Wahrung der Neutralität der Schweiz zu treffen haben. Was genau die Verfassung unter Neutralität versteht, wird dank der Neutralitätsinitiative klargestellt.
plädoyer: Bringt die Neutralitätsinitiative also mehr Rechtssicherheit?
Cottier: Die Schweiz wandte den Neutralitätsbegriff immer sehr flexibel an. Sie legte ihn nach dem Zweiten Weltkrieg streng aus und sprach sich bis in die 1990er-Jahre gegen den Uno-Beitritt aus. Später legte sie ihn weiter aus, 2002 trat sie der Uno bei. Diese Flexibilität ist notwendig, schliesslich hängt Neutralitätspolitik stark von den aussenpolitischen Gegebenheiten ab. Regierung und Parlament wären gar nicht in der Lage, ein rigides Neutralitätsverständnis durchzusetzen. Würde man ein solches in der Verfassung verankern, würde diese an Autorität verlieren. Man könnte sie dann schlicht nicht einhalten.
Sager-Koenig: Natürlich soll der Bundesrat aussenpolitisch einen bestimmten Spielraum haben. Die Neutralität definierte man in der Verfassung bis heute aber auch deshalb nicht näher, weil es der Bevölkerung in den grossen Linien immer klar war, was darunter zu verstehen ist. Seit die Schweiz die Sanktionen gegen Russland mitträgt, unter welchen nicht zuletzt auch unsere Wirtschaft leidet, wird es dringend, dass der Souverän den Begriff der Neutralität in der Verfassung schärfer definiert und mit klaren Vorgaben an den Bundesrat ergänzt.
Cottier: Es war gerade unsere Wirtschaft, die sich dezidiert für die Übernahme der Sanktionen aussprach. Schweizer Unternehmen wären nämlich vom europäischen und vom amerikanischen Markt abgeschnitten worden, wenn die Schweiz die Sanktionen nicht übernommen hätte. Wir hatten eine solche Situation schon einmal während des Kalten Kriegs: Damals gab es das Hotz-Linder-Abkommen, eine informelle, nicht schriftlich festgehaltene Vereinbarung zwischen der Schweiz und den USA. Ihr zufolge durfte die Schweiz keine militärisch relevanten Güter in die Sowjetstaaten liefern. Weil die Schweiz aber nach aussen die Neutralität hochhalten wollte, durfte man dies nicht wissen. Die Folge war eine völlig intransparente Situation. Ein in der Verfassung verankertes Verbot, Sanktionen von Drittstaaten oder der EU zu übernehmen, würde erneut zu Intransparenz führen.
Sager-Koenig: Fakt ist, dass es für die Schweizer Wirtschaft völlig undenkbar wäre, derartige Sanktionen dereinst auch gegenüber China zu ergreifen. Ein solches Szenario liegt aber durchaus im Bereich des Möglichen: Es würde unsere Wirtschaft zerstören und der Zugang zu Hochtechnologien bliebe uns verschlossen.
Cottier: Ob es um Russland oder China geht: Fakt ist, dass die Schweiz wirtschaftlich auch massiv darunter leiden würde, wenn ihr der Zugang zum europäischen und zum US-Markt erschwert würde. Letztlich geht es aber um etwas anderes – nämlich um die Frage, ob die Schweiz auf der Seite der Demokratien oder der Auto-kratien stehen will. Die Schweiz ist nun Mitglied des Uno-Sicherheitsrats und der Bundesrat hat zu Recht bestätigt, dass er dort die Werte des Völkerrechts hochhalten will. Dieser Erklärung müssen Taten folgen.
plädoyer: Inwiefern kollidiert das Neutralitätsgebot in der heutigen Verfassung mit dem Völkerrecht?
Sager-Koenig: Neutralität bedeutet nicht, dass wir Völkerrechtsverletzungen gutheissen sollen. Das Völkerrecht verpflichtet die Schweiz aber auch nicht, bei jedem Konflikt einzugreifen. Bevor wir bei internationalen Konflikten auf irgendeine Weise aktiv werden, sollten wir uns als Schweizer fragen, welches denn unsere Möglichkeiten sind. Wir sind ein Kleinstaat, keine Welt- oder Atommacht. Und gerade in Krisensituationen hat der Bundesrat gemäss Artikel 2 der Bundesverfassung zuallererst die Verantwortung, die eigene Bevölkerung zu schützen. Dieser Verantwortung wird er nicht gerecht, wenn er sich einem Krieg gegen eine Atommacht anschliesst.
Cottier: Sie machen die Schweiz kleiner, als sie ist. Sie ist auf der Weltbühne kein Zwerg, sondern ein wichtiger Akteur in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Sie ist ein wichtiger Finanzplatz: 40 Prozent des weltweiten Rohstoffhandels werden über die Schweiz abgewickelt. Die Schweiz muss ihrer Verantwortung gerecht werden und auch in den Aussenbeziehungen für ihre Werte einstehen: Demokratie, Freiheitsrechte und Rechtsstaatlichkeit. Es ist ein Unterschied, ob eine Kriegspartei Aggressor ist und die Uno-Charta verletzt hat oder ob sie sich verteidigt und die Zivilbevölkerung schützt.
Sager-Koenig: Aber wer entscheidet darüber, ob ein Staat die Uno-Charta verletzt hat? Der Bundesrat? Die Schweizer Bevölkerung? Es gibt in der Uno-Charta Gremien und Abläufe, die in solchen Fällen greifen. Ich finde es inkonsequent, einerseits immer wieder internationales Recht und die Uno-Charta hochzuhalten, sich andererseits aber nicht an die Abläufe zu halten, die eben diese Charta vorsieht.
Cottier: Es ist bekannt, dass Uno-Sanktionen aufgrund des Vetorechts der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats so gut wie nie beschlossen werden – schon gar nicht, wenn diese selbst davon betroffen sind. Deshalb sind auch einseitig verhängte Wirtschaftssanktionen ein im Völkerrecht durchaus anerkanntes Instrument der Aussenpolitik.
Sager-Koenig: Die Schweiz soll sich auch für demokratische Werte und die Einhaltung des Völkerrechts einsetzen – aber eben nicht, indem sie sich an einem Krieg beteiligt. Ihrer völkerrechtlichen Verantwortung kommt die Schweiz im Kriegsfall wirksamer nach, indem sie über das IKRK allen Kriegsparteien Hilfe leistet und auf die Einhaltung der Genfer Konvention pocht. Oder indem sie Vertretungsmandate verfeindeter Staaten wahrnimmt, wie es bei den USA und dem Iran der Fall ist. Auch soll sie ihre Standorte für die Sitze von internationalen Organisationen zur Verfügung stellen. Die Schweiz kann als Vermittlerin wertvolle Dienste leisten, aber eben nur, wenn sie als neutral wahrgenommen und respektiert wird.
plädoyer: Wäre ein strenges Neutralitätsverständnis im Sinn der Initiative für die Vermittlerrolle der Schweiz von Vorteil?
Cottier: Die Schweiz ist nicht als Vermittlerin gefragt, weil sie neutral ist, sondern weil sie auf diesem Gebiet über Qualitäten verfügt. Neutralität ist auch keine Voraussetzung, um für gute Dienste angefragt zu werden. Norwegen etwa ist als Nato-Mitglied nicht neutral, hat aber über die Osloer Abkommen im Mittleren Osten mehr Einfluss auf die Weltpolitik genommen, als es die Schweiz je tat. Und was das IKRK betrifft, so ist die Zusammensetzung des Komitees aus Schweizern wertvoll, darf aber auch nicht überschätzt werden. Die finanziellen Mittel stammen primär aus anderen Ländern. Das IKRK würde bestimmt in Genf bleiben, auch wenn die Schweiz nicht mehr neutral wäre.
Sager-Koenig: Es ist klar, dass die historisch wichtige Vermittlerrolle der Schweiz auch viel mit ihrer Neutralität zu tun hat. Der Krisengipfel zwischen US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Putin fand im Juni 2021 nur deshalb in Genf statt, weil die Schweiz von beiden Parteien als neutraler Staat anerkannt war. Weil sie die Russland-Sanktionen mitträgt, würde die Schweiz als Organisatorin eines solchen Gipfels heute nicht mehr angefragt. Andere Staaten wie die Türkei versuchen nun, die Lücke zu füllen.
Cottier: Die Schweiz sollte sich nicht unter-, die Kraft der Diplomatie aber auch nicht überschätzen. Es gibt einen Punkt, an dem Gespräche nicht mehr weiterführen und die Freiheit mit der Waffe verteidigt werden muss. Das ist heute in der Ukraine der Fall. Die Schweiz hat immer davon profitiert, dass andere Länder ihre Sicherheit gewährleistet haben. Sie selbst ist heute aufgrund des Zustands ihrer Armee nicht in der Lage, sich selbst zu verteidigen.
plädoyer: Die Neutralitätsinitiative will einen Artikel 54a in die Bundesverfassung einfügen. Demnach dürfte die Schweiz keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten, ausser bei einem direkten militärischen Angriff. Was würde die Annahme der Initiative gegenüber heute ändern?
Sager-Koenig: Die Annahme würde sicherstellen, dass die Schweiz einem solchen Bündnis effektiv nicht beitritt, man denke etwa an einen Nato-Beitritt. Sie würde dem Bundesrat einen klaren, in der Verfassung festgelegten Rahmen geben und auch allfällige Druckversuche seitens der EU und der Vereinigten Staaten erschweren. Denn wenn die Schweiz einem derartigen Bündnis beitritt, wäre sie nicht mehr neutral. Unsere Armee sollte aber fähig sein, weiterhin mit anderen Streitkräften zusammenzuarbeiten. Dem steht die Initiative nicht im Weg.
Cottier: Es ist das Dilemma und der Widerspruch der Initianten: Sie wollen Neutralität, dabei aber die Zusammenarbeit mit anderen Armeen nicht aufs Spiel setzen. Ohne operative Planungen bereits in Friedenszeiten kann die Sicherheit der Schweiz nicht gewährleistet werden. Dabei werfen solche Kooperationen bereits heute die Frage auf, ob bei ihrem Eingehen die Neutralität gewahrt werden kann. Schliesslich arbeitet die Schweiz im militärischen Bereich einseitig nur mit den Nato-Ländern zusammen, nicht aber mit anderen. Sie ist hier nicht neutral.
plädoyer: Die Schweiz hat Deutschland gestützt auf das Kriegsmaterialausfuhrgesetz die Weitergabe von aus der Schweiz bezogener Munition an die Ukraine untersagt. Zeigt das nicht, dass der Bundesrat die Neutralität hoch gewichtet?
Sager-Koenig: Dies könnte eine Konsequenz der Lancierung der Initiative sein. Ich halte den Entscheid für richtig. Aber der Bundesrat hätte gestützt auf die Verfassung auch darauf verzichten müssen, die Sanktionen der USA und der EU zu übernehmen.
Cottier: Das Kriegsmaterialgesetz sieht durchaus Ausnahmen vor, die eine Ausfuhr erlaubt hätten. Neu begründet der Bundesrat das Ausfuhrverbot mit der Haager-Konvention. Diese wurde 1907 abgeschlossen, als das Recht auf Kriegsführung noch bestanden hatte. Ein Staat durfte einen anderen angreifen und besetzen, er musste ihm zuvor einfach den Krieg erklären. Dieses Verständnis änderte sich mit dem Briand-Kellogg-Pakt von 1928 zwischen Frankreich und den USA. Vor allem in der Uno-Charta ist das Führen eines Angriffskrieges universell verboten. Sie sieht für den angegriffenen Staat das Recht zur Verteidigung vor – und für Drittstaaten das Recht, dem Angegriffenen Beistand zu leisten. Die Uno-Charta geht als jüngeres Recht der älteren Haager Konvention vor. Der Bundesrat müsste dies berücksichtigen, statt ein obsoletes Neutralitätsverständnis zu pflegen, das Angreifer und Verteidiger gleich behandelt.
plädoyer: Sollte die Schweiz Ihrer Ansicht nach überhaupt noch neutral sein?
Cottier: Einst war die Neutralität ein Instrument für den Adel, um Söldner an verschiedene kriegführende europäische Höfe zu vermitteln – also ein Geschäftsmodell. Später, nach dem Wiener Kongress von 1815, wurde sie der Schweiz von den europäischen Grossmächten aufgezwungen. Man wollte eine Pufferzone zwischen den Verfeindeten Frankreich und Österreich-Ungarn. Im Ersten Weltkrieg war die Neutralität dann wertvoll, es wäre sonst zur Spaltung zwischen den Romands und den Deutschschweizern gekommen. Im Zweiten Weltkrieg aber wurde die Schweiz nicht wegen der Neutralität, sondern aufgrund ihrer Rolle als Alpentransitland und Finanzplatz und weitreichenden Zugeständnissen gegenüber Nazi-Deutschland verschont, wie der Bergier-Bericht zeigte. Sie lieferte den Nazis zehn Mal mehr Waffen und Munition als den Alliierten. Die Neutralität verlor damals im Kampf gegen den Faschismus im Ausland ihre Glaubwürdigkeit. Leider verpasste man es nach 1945, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Schweiz hat seither wegen ihres Neutralitätsverständnisses den Anschluss in Europa verloren, und der Beitritt zu supranationalen Organisationen wie der Uno oder zur WTO hat sich unnötigerweise verzögert. Der Krieg in der Ukraine stellt die Konzeption der Neutralität vollends in Frage. Ich halte sie angesichts der heutigen Herausforderungen für überholt.
Sager-Koenig: Es waren sicher mehrere Gründe ausschlaggebend dafür, dass die Schweiz im Zweiten Weltkrieg verschont blieb – die Neutralität war meiner Meinung nach aber durchaus ein wichtiger Faktor. Es mag sein, dass die Neutralität der Schweiz 1815 aufgezwungen wurde. Diese Frage ist aber nicht entscheidend. Unser Land ist mit der Neutralität gut gefahren. Sie ist eine Chance für die Schweiz – und auch für die Welt. In Friedenszeiten mag es nicht so wichtig sein, ob die Schweiz neutral ist oder nicht. Doch gerade wenn Krieg herrscht, braucht es einen neutralen Staat, der vermitteln und gute Dienste anbieten kann.
Cottier: Man kann in guten Treuen zur Neutralität stehen. Die entscheidende Frage ist aber, welchen Wert andere Staaten der Neutralität zumessen. Adolf Hitler ignorierte im Zweiten Weltkrieg die Neutralität Belgiens und der Niederlande brutal. Autokratien könnten dies heute im Umgang mit der Schweiz jederzeit auch tun. Aber auch Verbündete wie die USA, Deutschland, Spanien oder Frankreich schütteln ob dem Schweizer Neutralitätsverständnis den Kopf. Die Neutralität der Schweiz hat für sie keinen Wert mehr. Und deshalb ist sie ernsthaft als Instrument der Aussenpolitik in Frage gestellt.
plädoyer: Dank der Initiative werden die Schweizer Stimmberechtigten über die Neutralität des Landes abstimmen können. Was spricht gegen eine Volksbefragung, Herr Cottier?
Cottier: Ich halte die Initiative für ein gefährliches und unverantwortliches Spiel der Populisten – ähnlich wie der Brexit in Grossbritannien. Die Initianten benützen den Mythos der Neutralität, deren hohe Wertschätzung in der Bevölkerung als ein über Jahrhunderte gewachsenes Identitätsmerkmal, um letztlich eigene wirtschaftliche Sonderinteressen durchzusetzen – mit Blick auf Russland und China und weitere Autokratien. Ich beurteile die Initiative als ein letztes Rückzugsgefecht der Neutralität. Die Debatte wird uns Gelegenheit bieten, ihre Vergänglichkeit zu belegen und die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass wir uns von ihr verabschieden müssen, um die direkte Demokratie und Sicherheit des Landes in Europa und der Welt in Zukunft sicherzustellen.
Sager-Koenig: Diese Argumentation ist falsch und unfair. Die Initianten haben keine «eigenen wirtschaftlichen Sonderinteressen». Auch ist es unangebracht, die Beziehungen von Grossbritannien mit der EU mit der Situation der Schweiz zu vergleichen. Die Übernahme der EU-Massnahmen gegen Russland stellt einen schwerwiegenden Verstoss gegen zwei wichtige Grundsätze dar: Gegen die Neutralität und gegen die Rechtsstaatlichkeit. Unsere Politiker setzten so die schweizerische Neutralität aufs Spiel – mit unabsehbaren sicherheitspolitischen Konsequenzen. Die Stimmbevölkerung muss die Möglichkeit erhalten, entweder den eingeschlagenen Weg zu bekräftigen oder zur immerwährenden bewaffneten Neutralität zurückzukehren.
Thomas Cottier, 72, emeritierter Professor für internationales Wirtschaftsrecht und Präsident der Vereinigung La Suisse en Europe, die sich für eine stärkere Integration der Schweiz in Europa einsetzt.
Florence Sager-Koenig, 40, arbeitet als Rechtsanwältin in Genf. Sie ist Mitglied des Komitees der Neutralitätsinitiative, des Vorstandes der Vereinigung Pro Schweiz und der SVP Waadt.
Neutralitätsinitiative: Keine Bündnisse, keine Sanktionen
Die eidgenössische Volksinitiative «Für eine neutrale, weltoffene und humanitäre Schweiz» (Neutralitätsinitiative) wurde Anfang November vom Verein Pro Schweiz lanciert. Zurzeit werden Unterschriften gesammelt. Die Initiative sieht eine Ergänzung der Bundesverfassung um einen Artikel 54a vor.
Danach verfolgt die Schweiz den Grundsatz der «immerwährenden und bewaffneten Neutralität». Sie darf keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten – ausser im Fall eines militärischen Angriffs auf die Schweiz oder für den Fall von Handlungen zur Vorbereitung eines solchen. Die Schweiz darf sich dem Initiativtext zufolge nicht nur nicht an militärischen Auseinandersetzungen zwischen Drittstaaten beteiligen.
Sie darf auch keine nichtmilitärischen Zwangsmassnahmen und keine Wirtschaftssanktionen gegen kriegführende Staaten treffen. Vorbehalten sind Verpflichtungen gegenüber der Uno sowie Massnahmen zur Verhinderung von Umgehungsgeschäften. Aktuell ist die Neutralität in der Bundesverfassung lediglich im Aufgabenkatalog der Bundesversammlung (Artikel 173 BV) und des Bundesrats (Artikel 185 BV) geregelt.