Praxiserfahrungen während des Studiums sind von unschätzbarem Wert. Das haben sich wohl auch einige Mitglieder des «Fachverein Jus» an der Universität Zürich gesagt. Die Übungsanlage brachte jedenfalls neue Erkenntnisse zum Vereinsrecht, zur Demokratie sowie zum allgemeinen Polizeirecht.
Das kam so: Der Vorstand des Fachvereins hatte mit Silvan Andermatt einen Favoriten aus den eigenen Reihen fürs Präsidium erkoren. Doch dann kandidierte auch Vanessa Fabris, ein Aktivmitglied. Es zeichnete sich ab, dass Fabris viele Mitglieder mobilisieren konnte. Das passte manchen Vorstandsmitgliedern nicht: Vier Tage vor der Wahl beschloss der Vorstand, die gut vernetzte Fabris und einige weitere Mitglieder aus dem Verein auszuschliessen.
Dieses Vorgehen stiess auf Unverständnis. So bezweifelte der Verein der Tessiner Jus-Studenten «Giovani Giuristi Zurigo» das Vorgehen unter demokratischen Gesichtspunkten. Der Vorstand des Fachvereins traf unbeirrt Vorkehrungen, um Andermatts Wahlsieg zu sichern: Für die Generalversammlung im Zunfthaus «Zum Grünen Glas» bot er einen privaten Sicherheitsdienst auf, der Anhängern von Fabris den Einlass verwehren sollte. Und damit wirklich nichts schiefgehen konnte, wurde zur Verstärkung gleich noch ein Polizeiaufgebot organisiert.
Die Polizisten kamen jedoch nicht dazu, das seltsame Demokratieverständnis des Fachvereinvorstands zu verteidigen. Sie zogen sich mit ihren drei Kastenwagen wieder zurück, nachdem vor Ort eine entspannte Situation festgestellt werden konnte. Weniger entspannt ging der Vorstand mit dem Vereinsrecht um: Es stand ihm laut Statuten zwar frei, Mitglieder ohne die Angabe eine Grundes auszuschliessen. Aber die Ausgeschlossenen haben eine Rekursmöglichkeit an die nächste Generalversammlung. Dies wurde ihnen verwehrt. Zudem versäumte der Vorstand, fristgerecht zur Versammlung einzuladen.
Alternative zum Fachverein in Diskussion
Der bisherige Vereinspräsident Moritz Schmid konnte auf Anfrage von plädoyer wenig zur Klärung der Hintergründe beitragen. Er schrieb in einer Stellungnahme, dass «schwerwiegende, objektive Gründe» eine weitere Mitgliedschaft der Ausgeschlossenen verhindern würden. Konkreter mochte Schmid «zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen» nicht werden.
Die 22-jährige Vanessa Fabris ist deshalb auf Mutmassungen angewiesen. Sie ist erstaunt, dass ihr Engagement, insbesondere für die Vereinszeitschrift «N’jus», nicht mehr erwünscht ist. Fabris sagt, sie habe vorgeschlagen, den Verein mit Silvan Andermatt im Co-Präsidium zu führen. Als dieser ablehnte, trat sie alleine zur Wahl an.
Auf Facebook fanden sich bereits 261 Jus-Studenten, die sich für eine «starke Interessendurchsetzung aller Rechtsstudierenden» starkmachen – nötigenfalls in einem neuen, eigenständigen Verein. So könnten die angehenden Juristinnen und Juristen künftig wählen, wo sie ihre ersten Übungen in Vereinsrecht und praktischer Demokratie abhalten wollen.