Die Internetdatenbank Justement wirbt seit einigen Wochen: «Finden Sie effizient, wonach Sie wirklich suchen.» Die Justement GmbH gehört dem Programmierer Philip Stutz und arbeitet mit dem Verlag Orell Füssli zusammen. Platzhirsch bei den Datenbanken für juristische Texte ist Swisslex. Die gleichnamige Aktiengesellschaft gehört zu je knapp einem Drittel den Verlagen Schulthess, Stämpfli und dem Genfer Anwalt Jacques Python. Der Verlag Helbing Lichtenhahn ist mit 1,39 Prozent beteiligt.
Justement.ch gibt an, dass 267'451 Entscheide des Bundes und 389'277 kantonale Urteile abgerufen und durchsucht werden können. Das sind insgesamt 656'728 Entscheide (siehe Tabelle im PDF). Dazu kommen zehn gelbe Gesetzeskommentare aus dem Hause Orell Füssli, etwa die Bände zur Bundesverfassung, zum Strafgesetzbuch, zur Strafprozessordnung sowie zum Zivilgesetzbuch, Obligationenrecht und zum Zivilprozess.
Eingeloggt kann man auf alle 28 Orell-Füssli-Kommentare zugreifen, etwa auch die Bände zur AHV/IV und zur 2. Säule, zum Betäubungsmittelgesetz, Strassenverkehrsgesetz und Verwaltungsverfahrensgesetz. Justement-Inhaber Philip Stutz sagt, die zusätzlichen Bände seien für eine Testphase aufgeschaltet. Künftig seien alle 28 Kommentare verfügbar. Ein Justement-Monatsabo mit Kommentaren kostet 99 Franken, das Jahresabo 999 Franken, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer.
Swisslex hat weniger Urteile aufgeschaltet
Auf Swisslex.ch finden sich 252 252 Entscheide des Bundes, zusammen mit kantonalen Entscheiden sind es 565'759 Urteile. Das sind rund 90'000 Urteile weniger als bei Justement. Auf Bundesebene stellt Justement rund 13'000 Urteile mehr zur Verfügung. Bei den kantonalen Entscheiden hat teils Swisslex, teils Justement mehr Fälle in der Datenbank. Bei Swisslex fehlen die Waadt und das Tessin. Wer auf die beiden Kantone verzichten kann, hat bei beiden Plattformen eine vergleichbar grosse Fallsammlung.
Der grosse Vorteil von Swisslex liegt in der Fachliteratur. Die Plattform hat nicht nur die Orell-Füssli-Kommentare im Sortiment, sondern insgesamt 19 Kommentarreihen, etwa den Berner und Zürcher Kommentar sowie weitere Fachkommentare von Dike, Stämpfli und Schulthess. Hinzu kommen 4425 Monografien und Festschriften sowie 85 Zeitschriften. Das Standardabo für einen bis drei Nutzer kostet mindestens 2160 Franken pro Jahr plus Mehrwertsteuer. Der Preis resultiert aus der Datennutzung des Vorjahrs.
Praktisch jeder Klick kostet Geld. Eine Anwaltskanzlei, die zum Beispiel an 253 Arbeitstagen für durchschnittlich 11 Franken sucht, einen Bundesentscheid (1 Franken), ein kantonales Urteil (5 Franken) und einen Kommentar zu einem Gesetzesartikel (5 bis 11 Franken) liest, muss im Folgejahr mit Kosten von rund 6325 Franken plus Mehrwertsteuer rechnen. Swisslex ist somit erheblich teurer als Justement, bietet aber viel mehr Fachliteratur. Studenten erhalten über die Uni meist einen kostenlosen Zugang. Wer für die Anwaltsprüfung lernt, zahlt rund 34 Franken.
plädoyer testete die Plattformen mit mehreren Stichproben. Beide verfügen über eine übersichtliche, intuitive Oberfläche. Die Suchresultate erscheinen blitzschnell. plädoyer wollte zum Beispiel wissen, ob ein für die Vermögensverwaltung eingesetzter Vorsorgebeauftragter eine Liegenschaft verkaufen darf. Alexandra Jungo bespricht diese Frage im vorliegenden Heft ab Seite 30. plädoyer versuchte es mit mehreren Sucheingaben, etwa mit «Vorsorgeauftrag Liegenschaft veräussern» oder «Vorsorgeauftrag Grundstück veräussern».
Bei beiden Plattformen kann man die Resultate nach der Art der Dokumente oder nach Rechtsgebiet filtern. Bei Swisslex stehen mehr Sortierkriterien zur Auswahl. Das ist sinnvoll, da man hier auch nach Aufsätzen, Zeitschriften oder Büchern suchen kann und nicht nur nach Urteilen und Kommentaren, wie bei Justement. Bei beiden Plattformen findet man schon nach wenigen Klicks eine passende Antwort in einem Kommentar. Justement zeigt den Gesetzeskommentar mit der gesuchten Antwort an oberster Stelle. Bei Swisslex kann der Nutzer mehrere Text-Vorschauen durchsehen, bevor er den passenden Kommentar anklickt.
In einer weiteren Stichprobe suchte plädoyer nach den Regeln zum Herabsetzungsanspruch des Mietzinses bei Baulärm. Auch hier finden die Nutzer innert Kürze einen Gesetzeskommentar, der die Grundsätze erläutert, sowie mehrere, teils dieselben Gerichtsurteile, in denen ähnliche Fälle behandelt wurden.
Eleni Moser, Rechtsanwältin bei der Rechtsberatung der Konsumentenzeitschrift «K-Tipp», machte die Erfahrung, dass «die beiden Plattformen bei der Suche nach Urteilen vergleichbar sind». Wer rasch nach einer einfachen juristischen Antwort suche, sei mit Justement gut bedient. Bei einer Beratungsstelle sei dies praktisch. «Wer wissenschaftlich arbeitet oder vertiefte Abklärungen benötigt, kommt um weitere Literatur nicht herum, die zum Beispiel bei Swisslex zugänglich ist.»
Sowohl bei Justement wie auch bei Swisslex lässt sich die Suche mit Sonderzeichen präzisieren. So kann man etwa mit Anführungs- und Schlusszeichen eine genaue Wortkombination suchen, Begriffe mit einem Minus ausschliessen oder Suchbegriffe mit den Wörtern «AND» und «OR» präzisieren. Bei Justement kann man nach der Registrierung kostenlos suchen und Bundesgerichtsentscheide ansehen. Wer auch Kommentare und kantonale Entscheide konsultieren will, muss dies bei Justement mit einem E-Mail beantragen. Die Testphase dauert zwei Wochen.
Bei Swisslex können sich Interessierte registrieren und die Leistung einen Monat gratis testen.
Zwei weitere Webportale bieten Urteile kostenlos
Tipp: Auf Entscheidsuche.ch finden sich rund 560 000 Urteile von Bund und Kantonen. Man kann sie rasch und kostenlos nach Stichworten durchsuchen und lesen. Und auch das Portal Search.weblaw.ch bietet eine kostenlose Entscheid- und Literatursuche an. Und die Webseite Legalis.ch des Verlags Helbing und Lichtenhahn hat die Basler Kommentare, weitere Bücher und Bundesgerichtsentscheide im Angebot. Die nach Fachgebieten unterteilten Module kosten pro Jahr zwischen 1000 und 3100 Franken plus Mehrwertsteuer.