Hausintern heisst das Projekt «Bologna 2.0». Der Name steht für eine grundlegende Reform des Jus-Studiums an der Universität Luzern. Gestartet wird mit dem Herbstsemester 2017. Bernhard Rütsche, Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät, sagt: «Das Bologna-Modell wurde im Herbst 2001 eingeführt. Seither hat es bloss kleinere Anpassungen gegeben.»
Mit der Reform will die Uni Luzern den Entwicklungen in der juristischen Praxis Rechnung tragen und die Schwächen der bisherigen Umsetzung des Bologna-Modells beheben. Bologna 1.0 sei zu stark auf das kurzfristige Lernen und auf Prüfen ausgerichtet gewesen. Rütsche: «Darunter litt die Fähigkeit, das mehr als ein Semester zurückliegende Wissen beim Lösen von Fällen anzuwenden und Lerninhalte aus verschiedenen Vorlesungen zu vernetzen.»
Betroffen ist vor allem der Bachelor. Hier soll künftig die juristische Grundausbildung im Zentrum stehen. Der Schwerpunkt liegt auf den drei elementaren Fachgebieten Privatrecht, öffentliches Recht, Strafrecht sowie den juristischen Grundlagenfächern. Rütsche: «Dagegen werden im Bachelor keine Spezialmaterien mehr gelehrt, die nicht zur juristischen Grundausbildung gehören, sondern darauf aufbauen.» Betroffen sind etwa das Steuerrecht oder das Sozialversicherungsrecht. «Durch diese Verwesentlichung wird mehr Raum für die Verfestigung und Vertiefung des Stoffs geschaffen», ist der Professor überzeugt. Auch die Vernetzung des Stoffs ist dem Dekan ein Anliegen. «Die Fachgebiete Privatrecht, öffentliches Recht und Strafrecht bilden neu drei grosse Module, die sich ohne Unterbruch mit Vorlesungen und Übungen vom ersten bis zum fünften Semester erstrecken.»
Neu eingeführt wird ein Prozessrechtsjahr im dritten Jahr des Bachelors. Die drei Prozessrechtsordnungen werden während zwei Semestern parallel gelehrt, geübt und geprüft. Damit will man der Schlüsselstellung des Verfahrensrechts in der Praxis Rechnung tragen. Übungen und schriftliche Falllösungen erhalten ein stärkeres Gewicht. Gleichzeitig wird die Anzahl Prüfungen reduziert. Sie werden dafür umfangreicher sein.
Auch das Masterstudium soll an der Uni Luzern eine Aufwertung erfahren. Die Studenten können laut Rütsche hier Bachelorstoff gezielt vertiefen und sich in bestimmten Themenbereichen profilieren. Dazu stehen sieben Masterprofile zur Auswahl – von Unternehmens- und Steuerrecht über Wettbewerb und Regulierung bis zu Kriminalität und Strafjustiz oder Internationales Recht und Menschenrechte.
Künftig gibt es drei “Master Plus”
Im Master sind laut Rütsche neu interdisziplinäre Zusatzausbildungen möglich, ohne dass Abstriche am juristischen Master gemacht werden. Diese «Master Plus» sind laut Rütsche ein echter Mehrwert. Zur Auswahl stehen drei Richtungen: Mit der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät wird der «MLaw + International Relations» und der «MLaw + Health Policy» angeboten, mit der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der «MLaw + Economics & Management». Der Master Plus umfasst einen vollwertigen Masterabschluss mit 90 ECTS-Punkten und 30 ECTS-Punkten für die Zusatzdisziplin an der Schwesterfakultät der Uni Luzern. Dieser Master dauert ein Semester länger. Rütsche ist überzeugt: «Mit dieser Studienreform beschreitet die Luzerner Rechtsfakultät neue Wege – sie verbindet die Vorteile von Bologna mit Grundelementen des alten Lizenziatsmodells.»
Eine plädoyer-Umfrage bei andern Universitäten zeigt, dass die Luzerner mit ihrem Reformvorhaben alleine sind. Basel will das Bologna-Modell in absehbarer Zeit nicht gross revidieren. Auch an den Unis Bern, Freiburg und St. Gallen ist keine Änderung geplant. Und Alain Jordan von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Zürich sagt: «Aktuell befinden sich einzelne Projekte in Planung, für eine konkrete Aussage ist es jedoch zu früh.» Um eine Änderung des Bologna-Modells gehe es nicht.