Am 17. Oktober lief auf SRF, ARD und ORF der Film «Terror – Ihr Urteil». Darin geht es um eine fiktive Gerichtsverhandlung gegen den angeklagten Luftwaffenmajor Lars Koch. Er hatte sich entschieden, ein entführtes Flugzeug mit 164 Passagieren abzuschiessen, da die Terroristen drohten, es auf ein mit 70 000 Menschen besetztes Stadion abstürzen zu lassen.
Nach dem Film liess SRF-Moderator Jonas Projer in einer Spezialsendung der «Arena» die TV-Zuschauer übers Schicksal des Majors entscheiden. 284 000 spielten Richter. 84 Prozent von ihnen befanden, Koch sei freizusprechen, er habe in einer Extremsituation richtig reagiert.
In Deutschland ist der Abschuss entführter Flugzeuge seit 2006 kein Thema mehr. Das Bundesverfassungsgericht hatte damals entschieden, ein entsprechender Passus im Luftsicherheitsgesetz sei verfassungswidrig und verstosse gegen die Menschenwürde (Urteil 1 BvR 357/05 vom 15.2.2006).
Regelung in Verordnung verfassungswidrig
In der Schweiz war der Abschuss ziviler Flugzeuge bisher bloss in einer Verordnung geregelt (Art. 9 und 14 der Verordnung vom 23.3.2005 über die Wahrung der Lufthoheit).
Helene Keller, Schweizer Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, machte bereits 2007 in einem NZZ-Artikel darauf aufmerksam, dass die Regelung der Tötung in einer Verordnung verfassungswidrig sei. Es handle sich um einen sehr schweren Eingriff in das Recht auf Leben. Deshalb müsste laut Keller eine entsprechende Norm in einem Bundesgesetz festgeschrieben werden.
Dass Handlungsbedarf besteht, bemerkte einige Jahre später auch der Bundesrat. Im Rahmen der Rechtsgrundlagen für die Weiterentwicklung der Armee schlug er einen entsprechenden Artikel 92a Militärgesetz vor: «Der Vorsteher des VBS kann im Einzelfall einen Waffeneinsatz gegen Luftfahrzeuge anordnen.» National- und Ständerat präzisierten den Artikel dann in den Beratungen noch:
- Der VBS-Vorsteher kann den Einsatz auch an den Kommandanten der Luftwaffe delegieren.
- Ein Waffeneinsatz gegen Luftfahrzeuge ist nur zulässig, wenn andere verfügbare Mittel nicht ausreichen.
- Bei eingeschränktem Luftverkehr dürfen im Einzelfall Waffen gegen zivile Luftfahrzeuge eingesetzt werden. Von eingeschränktem Luftverkehr spricht man, wenn das Eindringen in eine bestimmte Zone nur mit Bewilligung des Kommandos der Luftwaffe erlaubt ist.
- Vorbehalten bleibt der Waffeneinsatz bei Notstand oder Notwehr.
Das gesamte revidierte Militärgesetz wurde in der Frühlingssession vom Parlament definitiv verabschiedet. Laut Karin Suini, Sprecherin des VBS, wird der neue Gesetzesartikel in der Verordnung über die Wahrung der Lufthoheit (VWL) noch näher ausgeführt. Die Inkraftsetzung der neuen Normen sei per 1. Januar 2018 geplant.