Das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich feiert im nächsten März sein 20-jähriges Bestehen mit einer Publikation. Sie erscheint als Beilage des Wochenmagazins «Weltwoche», das SVP-Nationalrat Roger Köppel gehört – im gleichen Layout. Laut «Tages-Anzeiger» soll die für die Zürcher Justiz zuständige SP-Regierungs-rätin Jacqueline Fehr das Editorial verfassen.
Der Stabschef des Amts für Justizvollzug Jérôme Endrass sieht darin kein Problem. Die Zusammenarbeit sei «aus einem kreativen Prozess entstanden» – zusammen mit «Weltwoche»-Redaktor Alex Baur. Man habe ein nationales Medium gesucht, damit das Thema Justizvollzug breit diskutiert werde. «Also kamen wir zum Schluss, die Publikation der ‹Weltwoche› beizulegen.»
Baur schlug Endrass verschiedene Journalisten vor, die für das Heft Beiträge verfassen sollten. Über zehn Angefragte, die seit Jahren über Justizthemen schreiben, lehnten aber ab, weil sie nicht in die Nähe der SVP gebracht werden wollten. Auch Bundesrichter Niklaus Oberholzer wurde als Autor angefragt. Ohne Erfolg.
Endrass beteuert, die redaktionelle Verantwortung liege ausschliesslich beim Amt für Justizvollzug. Also bei ihm und Rebecca de Silva, der Kommunikationschefin des Amts. Aber: «Wir sind keine Blattmacher und haben keine grosse Ahnung vom Handwerk.» Diese Lücke würden Alex Baur und die ehemalige «Blick»-Chefredaktorin Andrea Bleicher schliessen.
Andere Verlage schon “mit Millionen unterstützt”
Weshalb hat das Amt keine Ausschreibung durchgeführt, bevor es sich für die Zusammenarbeit mit der «Weltwoche» entschied? Justizdirektorin Jacqueline Fehr beantwortet diese Frage von plädoyer mit einem Hinweis auf die vielen Stelleninserate, die der Kanton Zürich im NZZ-Verlag und bei Tamedia bisher erscheinen liess. Damit habe der Kanton diese beiden Medien «über Jahre mit Millionenbeträgen» unterstützt. «Dieses Mal wird nun ein anderer Verlag berücksichtigt.» Auf den Unterschied zwischen Inseratenaufträgen und einer redaktionellen Zusammenarbeit geht sie nicht ein. Sie sei sich bewusst gewesen, dass der Entscheid «Irritation auslösen würde». Trotzdem sei er klug. «Ich will, dass das Wissen um den Strafvollzug auch von Menschen zur Kenntnis genommen wird, die nichts von Resozialisierung wissen wollen. Ich will auch, dass es Widerspruch gibt, dass wir ihre Bedenken hören und darüber diskutieren.»
Staatsrechtsprofessor Felix Uhlmann findet das Vorgehen bedenklich. Im Bereich der Presse sei das Gemeinwesen zu besonderer Neutralität aufgerufen. «Es muss also gute Gründe geben, weshalb gerade die ‹Weltwoche› ausgewählt wurde.» Das gelte selbstverständlich für das ganze Meinungsspektrum, nicht nur für die ‹Weltwoche›.
Der Freiburger Staatsrechtler Andreas Stöckli sieht das ähnlich. Ungewöhnlich sei in solchen Fällen eine Zusammenarbeit mit Verlagen zwar nicht. Dass die Jubiläumsschrift im gleichen Layout und als Beilage der «Weltwoche» erscheine, sei aber problematisch und beeinträchtige die Glaubwürdigkeit des Amts. «Die Kantonsverwaltung setzt damit ihre unparteiliche und neutrale Rolle aufs Spiel – unabhängig davon, um welche Zeitschrift es sich handelt», so der Professor: «Hier kommt aber dazu, dass die ‹Weltwoche› für klare politische Positionen bekannt ist, was die Sache mit Blick auf die politische Neutralität der staatlichen Verwaltung nicht einfacher macht.» Für den Bürger sei überdies kaum mehr ersichtlich, dass es sich um eine staatliche Publikation handle. «Staatliches Handeln aber muss als solches erkennbar sein.»