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Plädoyer 03/2015
26.05.2015
Gian Andrea Schmid
Der Titel eines Doctor honoris causa wird üblicherweiser von einer Fakultät oder Universität für besondere wissenschaftliche Verdienste verliehen. Die Krönung herausragender Persönlichkeiten soll auch der verleihenden Institution zur Zierde gereichen. Das mindestens lässt die jüngste Verleihung eines Dr. h. c. vermuten: Anfang Mai erhielt Rafael Nadal die Ehrendoktorwürde der Universidad Europea de Madrid. Der akademische P...
Der Titel eines Doctor honoris causa wird üblicherweiser von einer Fakultät oder Universität für besondere wissenschaftliche Verdienste verliehen. Die Krönung herausragender Persönlichkeiten soll auch der verleihenden Institution zur Zierde gereichen. Das mindestens lässt die jüngste Verleihung eines Dr. h. c. vermuten: Anfang Mai erhielt Rafael Nadal die Ehrendoktorwürde der Universidad Europea de Madrid. Der akademische Palmarès von Dr. h. c. Nadal liegt zurzeit bei 4990 WTA-Punkten, was ihm in der Tennisweltrangliste immerhin Platz 7 sichert. Vor ihm erhielten vergleichsweise mässig erfolgreiche Sportler den Ehrendoktortitel: Mario Vargas Llosa, Recep Tayyip Erdogan oder Nelson Mandela.
Auch die juristischen Fakultäten in der Schweiz scheuen keinen Aufwand, würdige Kandidaten für den Höhepunkt zu finden. Eine Umschau von plädoyer in den letzten fünf Jahren zeigt jedoch: In wissenschaftlicher Hinsicht scheint die Zahl der verdienten Juristen der Schweiz zu klein, um für alle Fakultäten genügend Ehrendoktorkandidaten generieren zu können. Immerhin: Grossmeister Ihres Faches wie Walter Kälin (Uni Basel, 2013), Günter Stratenwerth (Luzern 2013) und Ivo Schwander (Zürich, 2012) wurden ebenso wenig übersehen wie verdiente Bundesrichter (Heinz Aemisegger und Daniel Steck, Zürich 2014) oder Alt-Regierungsrat Markus Notter (Zürich 2012). Als eher fach- und universitätsfremd erscheinen in diesem Kreis der ökonomisch vorgebildete Ex-Finanzdirektor des Bundes Peter Siegenthaler (Bern, 2102) oder der Journalist Roberto Saviano (Freiburg, 2012) – ein profunder Kenner des tendenziell rechtsfreien Raumes Neapel und Umgebung.
plädoyer erkundigte sich bei den juristischen Fakultäten nach den Kriterien der Ehrendoktorwürde. An der Uni Bern gibt es keine reglementarisch definierten Kriterien: «Es muss sich aber um eine aus der Masse herausragende Persönlichkeit handeln, welche sich für die Rechtswissenschaft in einer exzellenten Weise verdient gemacht hat.» An der Uni Freiburg müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: eine besondere Persönlichkeit, eine gewisse Bindung mit der Fakultät und besondere Leistungen im Bereich der Rechtswissenschaft.
Angesichts der kleinen Kandidatenzahl sind die Fakultäten zurückhaltend mit dem Verteilen von Ehrendoktortiteln. Bern und St. Gallen verliehen in den letzten fünf Jahren je drei, in Luzern, Basel und Freiburg wird die Auszeichnung jährlich einmal überreicht. Die grösste Chance auf einen Dr. h. c. besteht in Zürich: Die Fakultät verleiht jährlich zwei solcher Titel. Roger Federer darf also hoffen.