Seit Niccolò Raselli 2012 das Amt des Bundes­richters niederlegte und in Pension ging, hat sich sein Leben stark verändert. Nicht mehr Rechtsfragen ­bestimmen heute seinen Tagesablauf, sondern «die Musik, die Arbeit im Garten, das Kochen und die Lektüre der ‹belles lettres›». Ausserdem kann er ­wieder mit seiner Frau in Flüeli-Ranft OW zusammenleben – als Bundesrichter musste er in Lausanne als Wochenaufenthalter ohne Familie leben. 

Begeistert erzählt er von der indischen und paki­stanischen Küche. «Aktuell ­experimentiere ich vor ­allem auch an vegetarischen Köstlichkeiten.» 

Kochen ist nicht sein einziges Talent. Raselli ist auch ein hervorragender Bratschist, ausgebildet am Konservatorium Luzern – nach dem erfolgreich ­abgeschlossenen Jus-Studium an der Universität Bern. Von 1973 bis 1975 war er hauptsächlich als ­Orchester- und Kammermusiker tätig. «Mir wurde ­damals ­jedoch bewusst, dass ich mit 25 Jahren zu alt bin, um mich noch spezialisieren zu können. Für eine ­Musikkarriere war es bereits zu spät.» 

Für die Justiz entschied er sich, als im Kanton ­Obwalden die Stelle eines Gerichtsschreibers frei wurde. Nach vierjähriger Tätigkeit folgten sechzehn Jahre als vollamtlicher Gerichtspräsident am Ober- und ­Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden. Im März 1995 wählte ihn die Bundesversammlung schliesslich zum hauptamtlichen Bundesrichter. 

Heute verfolgt Niccolò Raselli die Rechtsprechung einzig noch als interessierter Bürger. Ganz glauben will man das dem 71-Jährigen irgendwie nicht. «Ja, ein juristisches Arbeitsprojekt steht für die Zukunft bevor. Ich will noch etwas zu den ‹Problemen der Mehrsprachigkeit in der Justiz› schreiben.» Kurz nach seiner Pension habe ihn der katalanische Anwaltsverband eingeladen, zu diesem Thema zu referieren. «Ich werde nun diesen Vortrag etwas ausbauen und aktualisieren».