Die Internet-Plattform Anwaltvergleich.ch verspricht eine «Win-Win-Situation für Klienten und Anwälte». Sie biete, so die Eigenwerbung auf der Homepage, «Personen, die einen Anwalt brauchen, eine optimale Suchplattform für exakt ihre Bedürfnisse».
Die Plattform kennt auch die Bedürfnisse der Anwaltschaft: «Wer in schwierigen Zeiten bestehen will, muss [...] sich mitunter auf fremden Gebieten wie z.B. Marketing bewegen», schrieb das Anwaltvergleich-Team Mitte August in einem persönlichen Mail an die Rechtsvertreter in der Schweiz. Und macht auch gleich einen konkreten Vorschlag, um sich als Anwalt auf dem Internet bestmöglich zu positionieren:
1. Melden Sie sich mit Ihren Zugangsdaten an.
2. Beziehen Sie für Ihr Inserat so viele Zusatzleistungen, dass Sie in Ihrer Stadt/Ihrem Ort auf der ersten Seite erscheinen.
Welches Inserat? Zusatzleistungen zu was? Die Betreiber haben freundlicherweise schon ein Basis-Inserat für jeden Anwalt verfasst, sodass er sich nur noch um die kostenpflichtigen Zusatzeinträge (Homepage, Telefonnummer etc.) kümmern muss. Denn der alphabetische Vorteil, welchen zum Beispiel die Aare Advokatur im gedruckten Telefonbuch noch hatte, zählt hier nicht. Hier regiert der Rappen - nämlich 5,5 pro Ranking-Punkt und Tag. «Eigentlich funktioniert das System ähnlich wie eine Versteigerung: Wer am meisten Zusatzleistungen und so- genannte Ranking-Punkte kauft, erscheint zuoberst auf der Liste - so lange, bis ihn sein Kollege überboten hat», erklärt Michael von Arx von der Websheep AG, welche die Seite betreibt. So schaukeln sich die Damen und Herren Kollegen gegenseitig hoch. Die paar Rappen pro Tag summieren sich laut von Arx auf bis zu 2000 Franken pro Jahr.
So viel gibt wohl nur aus, wer zu wenig Arbeit hat. In Zürich sind zurzeit 37 zahlende Anwälte auf der Liste: Antoine F. Goetschel etwa, der als Tieranwalt arbeitslos wird und sich nun wieder den Menschen zuwendet. Oder der umtriebige Winterthurer Hans-Jacob Heitz, bekannt von fernsehträchtigen Generalversammlungen als Vertreter von Minderheits-Aktionären. Als Langzeit-Sponsor der Plattform fällt Renzo Guzzi auf. Zuoberst auf der Zürcher Liste steht Junganwalt Cyrill Diem, Jahrgang 1980 («Sofortige Verfügbarkeit - schnell und kompetent zum Ziel»). In Basel sind es nur sechs Anwälte, die sich mittels Portemonnaie um den Spitzenplatz bemühen. Zuoberst ist Sven Oppliger, für eine Stellungnahme (dank Anwaltvergleich.ch?) nicht erreichbar. Und wer ist der erste Anwalt Berns? Junganwalt und City-Hopper Cyrill Diem, offenbar in allen Städten zu Hause.
Fazit: Von einem Anwaltsvergleich keine Spur. Sicher aber eine Win-Situation für von Arx, möglicherweise eine Win-Situation für die 149 zahlenden und klientensuchenden Anwälte - ganz sicher keine für ratsuchende Klienten. stoc