Staats-/Verwaltungsrecht
Die historische Bedeutung von Wahlkreisen rechtfertigt mit Blick auf die Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Proporzwahlverfahren grundsätzlich keine natürlichen Quoren von deutlich mehr als 10 Prozent (hier Wallis). Dem Problem kleiner Wahlkreise mit hohen Quoren kann mit der Bildung von Wahlkreisverbänden oder der Einführung des «Doppelten Pukelsheim» begegnet werden.
1C_495/2012 vom 12.2.2014
Die Siegelung beschlagnahmter Unterlagen kann nicht nur der (Gewahrs-)Inhaber beantragen, sondern auch der Geheimnisschutzberechtigte (Art. 248 Abs. 1 StPO).
1B_231/2013 vom 25.11.2013
Die Angehörigen eines Asbestopfers, das 1972 als Schüler in den Ferien bei der Eternit AG gearbeitet hat, haben Anspruch auf Leistungen der Opferhilfe. Die damals verantwortlichen Personen bei der Eternit AG haben sich einer fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Einerseits war bereits bekannt, dass bei Arbeiten mit Asbest ein Krebsrisiko besteht. Andererseits hat das damals geltende Arbeitsrecht den Einsatz von Jugendlichen bei Arbeiten mit erheblicher Erkrankungsgefahr verboten.
1C_135/2013 vom 16.12.2013
Hausbesitzer dürfen zwecks Vermeidung von Lichtimmissionen verpflichtet werden, nur der Zier dienende Aussenbeleuchtung in der Nacht (hier von 22 Uhr bis 6 Uhr) abzuschalten (Art. 12 Abs. 2 USG). Zwar gibt es bei Licht keine gesetzlichen Grenzwerte. Gemäss Bafu hat Lichtverschmutzung aber negative Konsequenzen auf Menschen, Tiere und Pflanzen. Die Beschränkung der Grundrechte von Liegenschaftsbesitzern (unter anderem Eigentumsgarantie) ist gering.
1C_250/2013 vom 12.12.2013
Das verschärfte Hooligan-Konkordat ist weitestgehend grundrechtskonform. Zulässig ist insbesondere, dass bereits das Verhalten der Fans vor und nach einem Spiel mit Sanktionen belegt und die Bewilligung von Fussball- und Eishockeyspielen der oberen Ligen mit Auflagen für die An- und Rückreise der Gastmannschaft verbunden werden (Kombitickets bei Hochrisikospielen). Nicht zu beanstanden sind weiter die Regelungen zur Identitätskontrolle, der Abgleich der Daten mit dem «Hoogan»-Informationssystem oder die routinemässigen Abtastungen über den Kleidern durch private Sicherheitsdienste.
1C_176/2013 vom 7.1.2014
Die Bestimmung von Art. 50 AuG zur ausnahmsweisen Gewährung eines selbständigen Aufenthaltsrechts für ausländische Ehegatten kann nicht auf Personen in einer intakten Ehe angewendet werden. Bei der fraglichen Norm hat der Gesetzgeber primär gewaltbetroffene Migrantinnen im Blickfeld gehabt, die sich von ihrem Partner getrennt haben.
2C_536/2013 vom 30.12.2013
Ein Mann, auf dessen Handy SMS-Entwürfe mit Todesdrohungen gegen seine Partnerin gefunden wurden, muss aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Nach Ansicht des Bundesgerichts genügt im konkreten Fall die Anordnung eines Kontakt- und Rayonverbots, um die Ausführungsgefahr zu bannen.
1B_456/2013 vom 27.1.2014
Zivilrecht
Im Verfahren der vorsorglichen Beweisführung zur Abklärung der Prozesschancen (Art. 158 Abs. 1 lit. b ZPO) kann keine unentgeltliche Prozessführung gewährt werden.
4A_589/2013 vom 16.1.2014
Art. 454 ZGB zur Klage betreffend Verantwortlichkeit/Haftung für widerrechtliche Handlungen im Rahmen des Erwachsenenschutzes gilt auch für Massnahmen der Kindesschutzbehörde.
5A_815/2013 vom 9.1.2014
Zur Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung in einer Klinik (Art. 426 ZGB) reicht es nicht aus, dass die Handlungen der betroffenen Person ihre finanzielle Situation gefährden.
5A_872/2013 vom 17.1.2014
Die Berufung bei vorsorglichen Massnahmen schiebt die formelle Rechtskraft des erstinstanzlichen Entscheides auf (Art. 315 Abs. 4 ZPO).
5A_217/2013 vom 10.12.2013
Strafrecht
Die Ausdrücke «Sauausländer» und «Dreckasylant» stellen keine Rassendiskriminierung im Sinne von Art. 261bis Abs. 4 dar, da sie keinen Bezug auf eine bestimmte Rasse, Ethnie oder Religion enthalten. Der Tatbestand ist auch nicht erfüllt bei der Verwendung von «Sau-» oder «Dreck-» in Verbindung mit einer Nationalität oder Ethnie, da der entsprechende Ausdruck von unbefangenen Dritten nicht als rassistischer Angriff auf die Menschenwürde aufgefasst wird.
6B_715/2012 vom 6.2.2014
Sozialversicherungsrecht
Die Plafonierung der AHV-Renten für Ehepaare und eingetragene Partnerschaften stellt keine unzulässige Diskriminierung gegenüber Konkubinatspaaren dar. Für die Rentenplafonierung gibt es sachliche Gründe. Im gesamthaft austarierten Sozialversicherungsbereich gibt es keine Übervorteilung oder gar Diskriminierung der Ehepaare und der eingetragenen Partnerschaften gegenüber Konkubinatspaaren.
9C_383/2013 vom 6.12.2013
Die Unfallversicherung kann auf die fehlerhaft festgelegte IV-Rente nur dann zurückkommen, wenn sich der Grad der Invalidität im Vergleich zum korrekten Ergebnis um mehr als fünf Prozent verändern würde (Übertragung der Rechtsprechung zur Rentenrevision nach Art. 17 ATSG).
8C_586/2013 vom 23.12.2013
Der höchstmöglich versicherte Verdienst für eine IV-Rente der Unfallversicherung bestimmt sich nach der am Tag vor Rentenbeginn geltenden gesetzlichen Regelung und nicht nach derjenigen im Unfallzeitpunkt (Art. 24 UVV).
8C_298/2013 vom 20.12.2013
Eine «erhebliche Unterstützung» im Sinne von Art. 20a BVG als Voraussetzung zur Begünstigung des Konkubinatspartners gegenüber der Pensionskasse setzt in der Regel eine Unterstützungsdauer von mindestens zwei Jahren voraus.
9C_523/2013 vom 28.1.2014
Bei der Berechnung des EL-Anspruchs können für das kostenlose Wohnen beim Lebenspartner keine Mietzinsausgaben geltend gemacht werden (Art. 11 Abs. 1 und Abs. 3 ELG).
9C_388/2013 vom 10.12.2013
Die ausserordentliche Überprüfung einer IV-Rente für organisch nicht nachweisbare Gesundheitsstörungen (lit.a Abs. 1SchlB IVG) kann auch zulässig sein, wenn die Rente nach dem 1. Januar 2008 zugesprochen wurde. Eine Überprüfung kommt allerdings nicht mehr in Frage, wenn die Zusprechung bereits auf Basis der Praxis zur Überwindbarkeit (Art. 7 Abs. 2 ATSG) erfolgte.
8C_33/2013 vom 13.12.2013