Sarah Montani sagt: «Kreativität und Inspiration sind universelle Kräfte, die auch in meiner Arbeit permanent einfliessen. Es geht mir darum, zu vernetzen und Neues zu schaffen.»
Das muss wohl auch vor 17 Jahren der Fall gewesen sein. Damals gab die 25-jährige Studentin mit ihrem Kollegen Franz Kummer an der Uni Bern Kurse für Jus-Studenten. Sie zeigten ihnen, wie sie effizient im Internet recherchieren können.
Rasch merkte sie, dass in Sachen Internet selbst bei gestandenen Juristen ein Informationsmangel herrscht: «So entstand die Idee, die Kurse auch für Anwälte anzubieten.» Ein Riesenerfolg, wie sich herausstellte. Montani: «Wir reisten kreuz und quer durchs Land und erklärten Anwälten, wie sie zum Beispiel die Gesetzgebung, Rechtsprechung und juristische News online finden können.»
Das Studentenkonto wuchs und wuchs
Eine Kursteilnahme kostete damals 500 Franken pro Person. Die Kurse waren gut besucht. Montanis Studentenkonto wuchs an. Als dann eines Tages die Bank angerufen und gefragt habe, ob sie das Geld nicht sinnvoller anlegen wolle, fiel der Entscheid, ernsthaft einzusteigen. Das war 1999 – der Grundstein für die Firma Weblaw war gelegt. Bis heute sind keine weiteren Aktionäre hinzugekommen. Die Weblaw AG gehört ihr und Kummer zu je 50 Prozent.
Bald erweiterte sich die Produktepalette des Unternehmens. Heute gibt Weblaw neben dem wöchentlichen «Jusletter» noch weitere Internetpublikationen heraus: den «Jusletter IT – Die Zeitschrift für Informationstechnik und Recht» sowie die «Richterzeitung». Auch die Swisslawlist wird von Weblaw betrieben. Zudem führt sie mit Lawjobs die grösste juristische Stellendatenbank der Schweiz.
Daneben organisiert Weblaw Veranstaltungen und produziert Software. Erfolgreich scheint vor allem das Geschäft mit der Suchmaschine von Weblaw. Sie hilft Firmen beim raschen Auffinden hauseigener juristischer Informationen: Alle Daten, die auf dem Fileserver, in Mustersammlungen, im Intranet, in einer Geschäftskontrolle oder im Zeit- und Leistungssystem abgelegt sind, können so durchsucht, vernetzt und systematisch nach Rechtsprechung, Gesetzgebung und Literatur geordnet werden.
Das Unternehmen beschäftigt heute 40 Angestellte. Zu Umsatz und Gewinn macht Montani keine Angaben: «Intern sind unsere Finanzen und Auftragsvolumen für alle transparent.» Laut Montani würden alle Bereiche Gewinn abwerfen. Und die Kundenzahl wachse seit 18 Jahren.
Zur Veranschaulichung: Der digital erscheinende «Jusletter» erreicht jeden Montag 24000 Kunden, wovon gemäss Montani rund 20000 zahlende Abonnenten sind. Das Einzelabo kostet pro Jahr 310 Franken. Ein Konkurrent ist weit und breit nicht in Sicht.
Das Bundesgericht als Konkurrent
Das war nicht immer so: 2011 begann das Bundesgericht, die selbst realisierte Software «Open Justitia» diversen Kantonen kostenlos anzubieten. Die Software ermöglicht die Suche und Verwaltung von Gerichtsentscheiden, das Erkennen der eidgenössischen Erlasse in beliebigen Dokumenten sowie die Anonymisierung von Gerichtsentscheiden mit einer möglichen Verknüpfung zu einem Geschäftsverwaltungssystem. Dasselbe bietet auch Weblaw an. Die Firma ging deshalb auf die Barrikaden. Der Vorwurf: Das Bundesgericht greife in die Privatwirtschaft ein und verzerre den Markt mit einer Gratislösung. Montani sagt: «Grundsätzlich soll der Staat jene Leistungen erbringen, welche die Privatwirtschaft nicht erfüllen kann.» Das Bundesgericht sei die oberste juristische Instanz dieses Landes und als solche sollte sie hier besonders sensibel agieren. Stattdessen würde es ohne gesetzliche Grundlage qualifizierte Arbeitsplätze gefährden. Und: Beim Bundesverwaltungsgericht habe Weblaw mit seiner Lösung mitgeholfen, die Betriebskosten jährlich um 1 Million Franken zu senken.
Laut Montani hat die Auseinandersetzung mit dem Bundesgericht Weblaw geschadet. Man habe während dieser Zeit Kunden verloren – «alles Grossaufträge». Weblaw musste Arbeitsplätze streichen. «Das Bundesgericht konnten wir nicht auf Schadenersatz verklagen, das geht ja nicht», meint Montani schmunzelnd.
Automatisierung macht vor der Justiz nicht halt
Für die Zukunft rechnet die Geschäftsfrau mit einer drastischen Veränderung, was die Arbeit der Richter und Anwälte angeht. Es werde vermehrt mit Vorlagen und technischen Hilfsmitteln gearbeitet. «Die klassische Arbeit im Bereich Sekretariat oder Buchhaltung wird sich wandeln: Alles, was man routinemässig macht und auch eine Maschine machen könnte, wird man automatisieren.»
Automatisiert ist auch einiges bei Montani zu Hause in Zürich. Allein dank des Staubsaugroboters oder der Brotbackmaschine würde sie viel Zeit einsparen. «Meine Grossmutter hatte 21 Kinder! Damals gab es weder Waschmaschine noch Geschirrspüler. Nur schon die Erfindung der Waschmaschine hat es ermöglicht, dass die Mütter Zeit hatten, ihren Kindern Gutenachtgeschichten vorzulesen und vor allem auch, sich zu bilden.»
Sarah Montani wuchs in einer Bauernfamilie in Salgesch auf, einem kleinen Dorf im Wallis. Ihre Familie mache heute noch Wein. Mit 20 Jahren verliess sie ihren Heimatort und begann ein Medizinstudium in Genf. Zwei Jahre später brach sie es ab: «Ich musste ja irgendwie mein Studium finanzieren, aber es war unmöglich, nebenbei zu arbeiten.» Also fing sie in Bern ein Jus-Studium an. «Daher mein Interesse für Recht. Ich konnte so neben dem Studium arbeiten», sagt sie trocken und pragmatisch.
Sarah Montani setzt sich gern durch – auch als Kunstschaffende. Sie malt seit ihrer Kindheit. Ihre Bilder müssen begehrt sein: «Zurzeit bin ich ziemlich ausverkauft.» Nebenbei spielt sie Geige und Klavier auf hohem Niveau und treibt viel Sport – aktuell gerade Boxen.
Bei Weblaw nennen die Mitarbeiter Montani «Traktor». «Das ist mein Job», sagt sie: «Ich muss tragen, anstossen und ziehen.» Miteigentümer Kummer fügt lachend an: «Traktor auch deshalb, weil sie ab und zu eine unzimperliche Art hat.»
Die Führungsebene haben die zwei aufgeteilt: «Franz ist mehr für die juristische Beratung, Technologie und Verlag zuständig, mein Bereich sind die Finanzen, die Kommunikation, der Verkauf und ebenfalls die Beratung.»
Die beiden arbeiten nun seit über 18 Jahren zusammen. Sie waren vor langer Zeit mal ein Paar und verheiratet. Beide sind inzwischen seit zehn Jahren «glücklich geschieden».