Der Zürcher Rechtswissenschafter Oliver Diggelmann legt mit «Maiwald» ein packendes Romandebüt vor. Protagonist und Ich-Erzähler ist der Journalist Andreàs Winteler. Er geht dem Tod eines Psychiaters und Altachtundsechzigers nach. Winteler stösst während seinen Recherchen auf die eigene Vergangenheit sowie die seiner Eltern und seiner Freundin. Diggelmann gelingt es meisterhaft, die verzwickten und teils schrecklichen Lebensgeschichten der vielen Romanfiguren zusammenzuführen. Alle Personen sind irgendwie auf tragische oder liebende Art und Weise miteinander verbunden – ob in der Vergangenheit oder Gegenwart.
Es geht um Hausbesetzer, Polit-Aktivistinnen, Mörder, Utopisten und Möchtegern-Revolutionäre. Dabei hängt der Satz «Die meisten sind für das Böse zwar zu träge, aber sie sind eben auch zu schwach für das Gute» wie ein Damoklesschwert über allen.
In seinem Roman «Die Geschichte der Baltimores» erzählt der Genfer Jurist Joël Dicker vom tiefen Fall einer einst glanzvollen Familie. Der erfolgreiche Anwalt Saul Goldman und die Ärztin Anita leben mit ihrem hochbegabten Sohn und ihrem sportlich talentierten Adoptivkind in einem Nobel-Viertel der US-Stadt Baltimore. Der Ich-Erzähler Marcus bewundert die wohlhabende und smarte Familie masslos. Doch dann bricht ein Unheil nach dem anderen über die Goldmans herein.
Dicker lotet in seinem unterhaltsamen Roman über die Rivalität zweier Familienclans menschliche Abgründe aus. Geschickt verknüpft er zwei Zeitebenen und hält die Spannung mit Cliffhangern aufrecht.
Der Zürcher Anwalt Hans Baumgartner alias Melchior Werdenberg wurde rückfällig und schrieb einen weiteren Band mit skurrilen Mordgeschichten – alle mit Lokalkolorit. In 22 Erzählungen lässt er seine Figuren morden und sterben: Marisa würgt den schlafenden Vater ihres einzigen Kindes zu Tode und entsorgt ihn in der Tamina. Der Zürcher Staatsanwalt Melchior schliesst mit Anwalt Jodok einen luschen Deal. Dieser bringt ihm eine schöne Stange Geld ein – und kostet Jodok das Leben. Und Violette gibt in der Geschichte mit dem Titel «Späte Offenbarung» dem Drängen ihrer Tochter erst nach, als diese in der Pubertät ist. Endlich erfährt sie, wer ihr Vater ist – lange wird er nicht mehr zu leben haben. Die guten Geschichten haben die Qualität feiner «Schreckmümpfeli». Doch leider gilt das nicht für alle.gd/bc/rg
Oliver Diggelmann
Maiwald
Klöpfer & Meyer, Tübingen 2017, 252 Seiten, Fr. 28.90
Joël Dicker
Die Geschichte der Baltimores
Piper, München 2016,
512 Seiten, Fr. 26.80
Melchior Werdenberg
Nachtschatten
Elster, Zürich 2016,
207 Seiten, ca. Fr. 25.–